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Wasser für die Elefanten - Gruen, S: Wasser für die Elefanten

Wasser für die Elefanten - Gruen, S: Wasser für die Elefanten

Titel: Wasser für die Elefanten - Gruen, S: Wasser für die Elefanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Gruen
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auf und macht einen Knicks. Als sie wieder
steht, hebt sie eine Brust an und lässt ihre Zunge um die Brustwarze kreisen,
um sie schließlich zwischen die Lippen zu saugen. Sie lutscht völlig ungeniert
an ihrer eigenen Brust, während die Männer ihre Hüte schwenken, die Fäuste in
die Luft recken und schreien wie die Tiere. Sie lässt die Brust fallen, zwickt
noch einmal kurz in den feuchten Nippel und wirft den Männern eine Kusshand zu.
Dann hebt sie ihr durchsichtiges Tuch auf und geht mit erhobenem Arm von der
Bühne. Das Tuch zieht sie als schimmernde Fahne hinter sich her.
    »Na dann, Jungs«, sagt Cecil, klatscht in die Hände und erklimmt die
Stufen zur Bühne. »Einen großen Applaus für unsere Barbara!«
    Die Männer jubeln, pfeifen und klatschen mit hoch erhobenen Händen.
    »Ist sie nicht was Besonderes? Was für eine Frau. Und heute ist euer
Glückstag, Jungs, denn nur heute Abend empfängt sie nach ihrem Auftritt einige
wenige Besucher. Das ist eine echte Ehre, Leute. Sie ist ein Schmuckstück,
unsere Barbara, ein echtes Schmuckstück.«
    Die Männer drängen zum Ausgang, klopfen sich gegenseitig auf die
Schulter und tauschen erste Erinnerungen aus.
    »Hast du diese Titten gesehen?«
    »Mann, was für ein Fahrgestell. Daran würd ich gerne mal ’ne Weile
rumspielen.«
    Ich bin froh, dass ich nirgends eingreifen muss, denn es fällt mir
schwer, nicht die Fassung zu verlieren. Das war das erste Mal, dass ich eine
nackte Frau gesehen habe, und ich glaube, ich werde nie mehr derselbe sein.

Vier
    Die nächsten fünfundvierzig Minuten lang stehe ich vor
Barbaras Ankleide Wache, während sie Besucher empfängt. Nur fünf Männer sind
bereit, sich von den erforderlichen zwei Dollar zu trennen, und sie stehen
missmutig Schlange. Der erste geht hinein und kommt nach sieben Minuten Schnaufen
und Keuchen wieder heraus. Er nestelt an seinem Hosenschlitz, bevor er
davonschwankt und der nächste dran ist.
    Nachdem der letzte verschwunden ist, erscheint Barbara im
Zelteingang. Sie ist nackt bis auf einen orientalischen Morgenmantel aus Seide,
den sie nicht einmal zugebunden hat. Ihr Haar ist zerzaust, ihr Lippenstift
verschmiert. In einer Hand hält sie eine brennende Zigarette.
    »Das war’s, Süßer«, sagt sie und schickt mich mit einer Handbewegung
weg. In ihrem Atem und ihren Augen spürt man Whiskey. »Heute gibt’s nichts
umsonst.«
    Ich gehe zurück zum Muschizelt, um die Stühle einzusammeln und beim
Abbau der Bühne zu helfen, während Cecil das Geld zählt. Am Ende habe ich einen
Dollar in der Tasche und am ganzen Körper Muskelkater.
    Das Chapiteau steht noch, es schimmert wie ein Geisterkolosseum
und scheint im Rhythmus des Orchesters zu pulsieren. Ich staune es an, weil
mich die Reaktionen des Publikums faszinieren. Die Leute lachen, klatschen und
pfeifen. Zuweilen hört man ein kollektives Luftholen oder erschrockenes
Aufschreien. Auf meiner Taschenuhr sehe ich, dass es viertel vor zehn ist.
    Ich überlege, mir einen Teil der Vorstellung anzusehen, aber ich
befürchte, wenn ich den Zirkusplatz überquere, werde ich wieder zu irgendeiner
Arbeit verdonnert. Die Racklos, die den Großteil des Tages in dieser oder jener
Ecke verschlafen haben, bauen die riesige Zeltstadt ebenso zügig wieder ab, wie
sie sie aufgebaut haben. Überall fallen Zeltplanen und kippen Masten. Pferde,
Karren und Männer überqueren das Gelände und ziehen alles zurück zum Abstellgleis.
    Ich sinke zu Boden und lege den Kopf auf die angewinkelten Knie.
    »Jacob? Bist du das?«
    Ich blicke auf. Camel humpelt mit zusammengekniffenen Augen auf mich
zu. »Dachte ich es mir doch«, sagt er. »Meine Augen sind auch nicht mehr das,
was sie mal waren.«
    Er lässt sich neben mir zu Boden gleiten und holt eine kleine, grüne
Flasche hervor. Er zieht den Korken heraus und nimmt einen Schluck.
    »Ich bin langsam zu alt für so was, Jacob. Jeden Abend tut mir alles
weh. Verdammt, mir tut jetzt schon alles weh, und der Tag ist noch nicht mal
vorbei. Die Fliegende Vorhut kommt hier wahrscheinlich erst in zwei Stunden
los, und fünf Stunden danach fangen wir mit dem ganzen Mist von vorne an. Das
ist kein Leben für einen alten Mann.«
    Er reicht mir die Flasche.
    »Was zum Teufel ist das?«, frage ich, als ich mir die ungenießbare
Flüssigkeit näher ansehe.
    »Jake«, sagt er und greift schnell nach der Flasche.
    »Du trinkst dieses Ingwerzeugs?«
    »Na und?«
    Eine Weile lang sitzen wir schweigend da.
    »Verdammte Prohibition«, sagt

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