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Wassermans Roboter

Wassermans Roboter

Titel: Wassermans Roboter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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haben Sie im Schlaf ständig geredet.«
    »Was denn?« fragte er erschrocken.
    »Unverständliches Zeug … bis auf einen Namen: Carla.« Sie musterte ihn scharf. »Scheint Ihnen arg zugesetzt zu haben, diese Carla.«
    »Könnte stimmen.«
    Die Poststation war zu groß für das Kaff, ein weitläufiges graubraunes Gebilde mit einem Restaurant-Anbau. Die Bullen warteten vermutlich drinnen, mit Schießeisen, die nach Pulverdampf rochen, und Spinnentätowierungen über dem Herzen.
    »Kaum zu glauben, daß einer wie Sie Probleme mit Mädchen hat.«
    »Ich hab’ die Erfahrung gemacht, daß man mit Mädchen nur Probleme hat«, entgegnete Hayes.
    Sie lachte, und die Paisley-Pantoffeltierchen flutschten über Speckfalten und -wülste. »Da mögen Sie recht haben, junger Mann.«
    Sein mattes Spiegelbild in der Scheibe wurde von Carlas Gestalt überlagert: Schmal, zierlicher Knochenbau, Apfelbrüste. Das Gesicht eines frühreifen Kindes, launisch und doch die Verkörperung perverser Hingabe. Er erinnerte sich, wie er sie in der Anstalt getroffen hatte, Ophelia in engen Jeans, und wie er sich vorgestellt hatte. Wie sie ihn aus beinahe farblosen grauen Augen angesehen und mit der Hand die Hose über seinem Penis gestreichelt hatte.
    »Ich will mit dir vögeln«, hatte sie gesagt.
    Die Luftdruckbremsen zischten, der Bus ruckte. »Nadoka«, krächzte die Stimme des Fahrers durch den Lautsprecher, während der Motor noch einmal aufheulte und dann stotternd schwieg.
     
    Hayes trank öligen Kaffee aus einer angeschlagenen Tasse und betrachtete die abstrakten Wischer auf dem Plastikfurnier der Theke. Video-Spiele klingelten. Ein gemütliches Stimmengewirr hüllte ihn ein. Besteck klapperte, Fett spritzte auf dem Grill. Dann warf jemand Geld in die Musikbox, und ein alter, metallischer Klang ertränkte die übrigen Geräusche.
     
    »… We gotta tool to pick the lock on your heart
    And We have Ways of Making You Rock!«
     
    Jeder Song eine Erinnerung, und der hier, wie die meisten, eine schlechte. Die neblige Nacht, in der sie draußen auf dem Land gespielt hatten. Das große Zelt auf einem Unkrautfeld. Farmerburschen, die im gelben Scheinwerferlicht mit langhaarigen Frauen tanzten. Kinder, die sie mit staksigen Bewegungen nachahmten. Er hatte der Band gesagt, sie sollten ein paar Stücke ohne ihn spielen, und war mit einem beschwipsten Mädchen in den Bus gegangen. Verschwommenes Licht durch das Fenster, Musik, von den Windböen zu sinnlosen Fetzen zerstört. (»We … ays … in’ … Rock!«) Er hatte der Kleinen das T-Shirt hochgeschoben und eine herrliche weiße Brust entblößt, mit dem Gewicht eines vollen Weinschlauchs. Sie hatte leise gestöhnt, als er seine Zunge über die Warzen gleiten ließ. Dann die von Drogen stumpfe Stimme neben dem Bus: »He, Kleiner!« Er hatte die beschlagene Scheibe ein Stück freigewischt und beobachtet, wie einer der Roadies hinter einem kleinen Jungen herkroch, ihn ins Unkraut zerrte und nach seinen Schenkeln tappte, kichernd, immer wieder …

    »Hallo«, sagte eine Mädchenstimme neben ihm.
    Er hob den Kopf. Sie war dreiundzwanzig, vielleicht vierundzwanzig. Sie trug Jeans und ein Cowboyhemd, das sich kaum über ihren Brüsten spannte. Im ersten Moment wirkte sie so mager und hochgeschossen, daß er den Eindruck bekam, jemand habe sie künstlich gestreckt. Aber dann erkannte er, wie hübsch sie war. Hübsch auf eine natürliche, schlichte Art, mit dunklem Haar, das ihr bis auf die Schultern reichte.
    »Keine Ahnung, was ich so toll an Ihnen finde«, begann sie. »Ich meine, Sie sehen gut aus, aber das ist es nicht, denn ich kenne genug gutaussehende Typen. Jedenfalls …« – sie lachte – »haben Sie mich neugierig gemacht. Darf ich mich zu Ihnen setzen?«
    »Warum nicht?« Sie gefiel ihm.
    Sie nahm auf dem hohen Barhocker mit der Grazie eines Fotomodells Platz. »Wohin wollen Sie? Nach Tulsa?«
    »Weiß ich noch nicht«, meinte er. »Ich habe einen dieser Streckenpässe, mit denen man einen Monat lang überall hinfahren kann. Vielleicht gehe ich nach Mexiko.«
    »Wir führen mexikanischen Schmuck drüben im Souvenir-Laden.« Sie deutete auf eine Tür, die in den graubraunen Bau führte. »Immer wenn ich was davon verkaufe, nehme ich mir vor, selbst mal runterzufahren. Aber bis jetzt hab’ ich es nie getan … Vermutlich werde ich für alle Zeiten in diesem alten Kaff versauern.«
    »Sie arbeiten hier?«
    »Ich führe den Laden. Eigentlich gehört er meinem Dad, aber der lebt seit dem

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