Wege des Herzens
du mir nicht einmal diesen kleinen Gefallen tun?«
»Weil Mam angekündigt hat, uns zu bekochen, um ihren neuen Job zu feiern. Weil es schon lange geplant ist und ich das jetzt nicht absagen werde. Tut mir leid, Dad.«
»Ich komme trotzdem vorbei.« Und damit legte er auf.
Linda kam tropfend und in ein Handtuch gewickelt aus dem Badezimmer. Missmutig betrachtete Adi ihre Schwester. Linda, die sich von Junkfood ernährte, rauchte und trank, sah einfach umwerfend schön aus, selbst das lange, nasse Haar sah an ihr besser aus als ein neuer, schicker Haarschnitt an einer anderen Frau. Das Leben war einfach ungerecht.
»Wer war das am Telefon?«, fragte Linda.
»Dad. Er hat sich nicht abwimmeln lassen.«
»Was wollte er?«
»Mit Mam reden. Er hat gesagt, er gibt uns Geld, wenn wir heute Abend nicht zu Hause sind.«
Linda lächelte. »Tatsächlich? Wie viel?«
»Ich habe nein gesagt. Kommt nicht in Frage.«
»Das war sehr selbstherrlich von dir.«
»Ruf ihn doch an und verhandle du mit ihm, wenn du unbedingt willst. Ich werde mich jedenfalls nicht vertreiben lassen.«
»Ich vermute mal, es geht um die Scheidung«, sagte Linda.
»Warum sollten sie sich die Mühe machen und sich
jetzt
noch scheiden lassen? Sie hat ihn damals, als sie es hätte tun sollen, nicht aus dem Haus geworfen. Es läuft doch auch so bestens, oder? Für ihn mit seiner Tussi und für Mam mit uns.« Adi sah keinen Grund, daran etwas zu ändern.
Linda zuckte die Schultern. »Ich wette, sie ist schwanger, die Tussi. Ich wette mit dir, dass er ihr das sagen will.«
»Gott«, meinte Adi, »jetzt wünschte ich mir, ich hätte sein Bestechungsgeld doch angenommen, wenn das der Grund ist. Ich glaube, ich rufe ihn noch mal an.«
Letzten Endes schickten sie ihm eine SMS : »Haus tochterfrei ab 19 : 30 Uhr. Sind bei Quentins. Schicken dir die Rechnung. Gruß, Adi.«
»Alan? Alan, es rauscht so komisch im Telefon. Kannst du mich hören? Ich bin’s, Cinta.«
»Ich weiß, dass du es bist, Schatz.«
»Hast du es ihr gesagt?«
»Ich bin gerade auf dem Weg zu ihr, Schatz.«
»Du wirst doch nicht wieder kneifen wie letzte Woche?«
»So würde ich das nicht nennen …«
»Dann lass es nicht wieder so weit kommen,
bitte
, Alan.«
»Nein, Schatz, du kannst dich auf mich verlasen.«
»Das muss ich auch, Alan, dieses Mal muss ich mich auf dich verlassen können.«
Clara betrat das Haus, das verdächtig ruhig war. Sie hatte erwartet, dass beide Mädchen zu Hause wären. Auf dem Boden im Badezimmer lagen nasse Handtücher. Linda hatte wohl gebadet. Auf dem Küchentisch lagen Flugblätter über die Möglichkeit, Plastik zu recyceln, also war auch Adi hier gewesen. Doch weit und breit war nichts von den beiden zu sehen. Dann entdeckte Clara den Zettel am Kühlschrank.
Dad kommt gegen acht Uhr, um mit Dir zu reden. Er hat mehr oder weniger deutlich zu verstehen gegeben, dass er unter vier Augen mit Dir sprechen will. Ohne uns. Genauer gesagt ist er sehr deutlich geworden. Er hat sogar angeboten, uns ein Abendessen zu spendieren, und deswegen gehen wir ins Quentins. Grüße von uns beiden, Adi.
Was mochte Alan ausgerechnet heute Abend von ihr wollen? Am Ende eines langen, ermüdenden, enttäuschenden Tages, an dem sie als krönenden Abschluss diesen seelenlosen Ort zu sehen bekommen hatte, der für das ganze nächste Jahr im Mittelpunkt ihrer Arbeit stehen würde?
Nach langen Stunden, in denen sie einem nervenden, bürokratischen Krankenhausvertreter Theater vorgespielt und mit markigen Sprüchen ihr Revier markiert hatte. Nachdem sie in drei verschiedenen Feinkostabteilungen nach Pastasaucen für ihre heiklen Töchter gesucht hatte. Und jetzt saßen die beiden in einem schicken Restaurant, und sie – Clara – musste sich mit Alan und seinen idiotischen Ideen auseinandersetzen, die er sich wahrscheinlich wieder einmal ausgedacht hatte, um ihre finanzielle Abmachung zu ihren Ungunsten zu korrigieren.
Clara verstaute die Lebensmittel. Kam nicht in Frage, dass Alan mitessen würde. Nicht mehr. Diese Zeiten waren vorbei. Clara nahm zwei Flaschen Mineralwasser aus dem Kühlschrank und versteckte die beiden Flaschen australischen Sauvignon Blanc hinter den Joghurtbechern und den fettreduzierten Brotaufstrichen. Dort würde Alan sie niemals finden. Und vielleicht würde sie den Wein ja dringend brauchen, wenn er gegangen war.
Adi und Linda machten es sich bei Quentins bequem.
»Mit dem, was die da drüben an dem Tisch bezahlen, könnte
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