Wege des Herzens
akzeptieren und endlich damit aufhören können, Zeit für die diversen Einzelinteressen zu verschwenden, da doch alle nur ihren Machtbereich ausdehnen wollten.
Man servierte Kaffee und Kekse, die Tagesordnung wurde verteilt, und die Besprechung begann. Doch Frank wusste von Anfang an, dass etwas nicht stimmte.
Dummerweise standen die Mitglieder der Klinikleitung unter dem unheilvollen Einfluss einer erst kürzlich veröffentlichten Statistik. Diese schien zu belegen, dass die Iren überdurchschnittlich von Herzinfarkten bedroht waren, was wahrscheinlich mit ihrem Lebensstil und ihrer Ernährung zusammenhing, wobei Alkohol und Zigaretten zweifellos eine große Rolle spielten. Alle am Tisch diskutierten mit größtem Eifer Methoden, wie man betroffenen Patienten wieder neuen Lebensmut vermitteln könnte. Wie großartig wäre es, an vorderster Front im Kampf gegen Herzkrankheiten zu stehen, mit einer Tagesklinik als Anlaufstelle für diese Patienten. Frank Ennis hätte die Organisation verfluchen können, die nur Tage vor seinem Direktoriumstreffen diese Zahlen veröffentlicht hatte. Seinem Empfinden nach hätte durchaus Absicht dahinterstecken können – die Kardiologen in St. Brigid waren wirklich ziemlich arrogante Schnösel und hielten sich für allmächtig.
Hilfesuchend wanderte sein Blick zu Chester Kovac, in solchen Situationen normalerweise ein Mann mit gesundem Menschenverstand, auf den man sich verlassen konnte. Doch dieses Mal hatte Frank sich getäuscht. Chester war nämlich der Ansicht, dass dies eine Idee von visionärer Kraft sei und dass er sich freuen würde, wenn St. Brigid bei dieser Bewegung in vorderster Reihe mitmarschieren würde. Schließlich ginge es nur um Geld.
Frank schäumte vor Wut. Chester konnte leicht sagen, dass es
nur
um Geld ginge; er hatte schließlich jede Menge davon. Sicher war er sehr großzügig, aber was wusste er schon? Er war Amerikaner polnischer Abstammung mit einem irischen Großvater – ein leichtes Opfer für jeden, der es auf ihn abgesehen hatte.
Frank wurde immer wütender.
»Es ist nicht
nur
Geld, Chester. Hier steht eine
riesige
Summe auf dem Spiel, mit der man St. Brigid enorm aufwerten könnte.«
»Vergangenes Jahr wollten Sie dieses Stück Land schon mal verkaufen, um einen Parkplatz daraus zu machen«, sagte Chester.
»Aber das Angebot hier ist weitaus besser.« Frank war rot im Gesicht, so sehr regte ihn die ganze Sache auf.
»Nun, wir wären dumm gewesen, hätten wir vergangenes Jahr Ihren Vorschlag angenommen, Frank, wenn man sieht, wie sich die Dinge entwickelt haben«, entgegnete Chester freundlich, aber mit Nachdruck.
»Aber ich habe Wochen gebraucht, um das Angebot in die Höhe zu treiben …«
»Und letztes Jahr waren wir uns alle einig, dass wir keinen Parkplatz wollten.«
»Aber das hier ist
kein
Parkplatz. Hier geht es um Luxuswohnungen – mit gehobener Ausstattung …«, ereiferte sich Frank.
»Nicht unbedingt Sinn und Zweck eines Krankenhauses«, konterte Chester Kovac.
»Wenn wir schon auf einem so teuren Grundstück sitzen, dann sollten wir das auch nützen«, meldete sich einer der ehemaligen Industriemagnaten zu Wort.
»Wir
werden
es auch nützen. Wir werden ein kleines Vermögen dafür bekommen und es in das Krankenhaus investieren!« Frank hatte das Gefühl, es mit Leuten zu tun zu haben, die wirklich sehr schwer von Begriff waren.
Die Nonne in Zivil meldete sich zu Wort. »
Wir
würden ein Projekt bevorzugen, das etwas mehr dem Geist des ursprünglichen Ordens entspricht, der einst dieses Krankenhaus geleitet hat.«
»Wohnungen werden wohl kaum dem Geist des Ordens widersprechen, oder?«, fragte Frank.
»Luxuswohnungen mit gehobener Ausstattung mögen vielleicht nicht ganz im Sinn der wohltätigen Schwestern sein«, wandte Chester ein.
»Die wohltätigen Schwestern sind doch schon längst alle weg und ausgestorben!« Frank explodierte.
Chesters Blick fiel auf das Gesicht der Nonne in Zivil, die von dieser Bemerkung sehr verletzt zu sein schien. Er musste wohl wieder mal vermitteln.
»Mr.Ennis möchte damit ausdrücken, dass das Werk der Schwester vollendet und ihre Arbeit getan ist. Aber sie haben uns ihr Vermächtnis hinterlassen. Die hiesige Gemeinde benötigt dringend mehr medizinische Versorgung und weniger Luxuswohnungen mit Garagen für zwei Autos, die wiederum die Straßen noch weiter verstopfen werden. Sie benötigt mehr Einrichtungen im Gesundheitswesen. Den Menschen muss dabei geholfen werden, nach
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