Wehe Dem, Der Boeses Tut
sich der Mörder dem durchnässten Tier, das zunehmend in Panik geriet.
»Du kannst nicht entkommen«, flüsterte der Mörder, doch dabei waren seine Gedanken nicht bei der halb toten Ratte, sondern bei der schönen Frau, die eben in die Nacht verschwunden war.
So oder so, diese neue London – ob sie nun eine Betrügerin war oder nicht – musste beseitigt werden. Wenn sie nicht freiwillig ging, würde sie eben sterben müssen.
Er betrachtete wieder die Ratte, die in der Falle hockte.
Genau. In der Falle.
6. Kapitel
W ie kommst du darauf, du seist London?« Zach schaltete vor einer Ampel herunter, deren rotes Licht sich auf dem regennassen Straßenbelag spiegelte. Die Scheibenwischer kämpften gegen den unablässig niederprasselnden Regen an.
»Ich habe Beweise.« Das entsprach allerdings nicht ganz der Wahrheit.
»Beweise«, wiederholte er und gab Gas, als die Ampel auf Grün schaltete. Der Jeep erklomm die steilen, kurvenreichen Straßen in den West Hills. Aus dem Seitenfenster sah Adria durch Fichten und Ahorn hindurch die blinkenden Lichter der Stadt weit unter ihnen. »Was für Beweise?«
»Eine Videoaufzeichnung.«
»Wovon?«
»Von meinem Vater.«
»Von deinem Vater … du meinst Witt?« Zach nahm eine Kurve etwas zu rasant und die Reifen des Jeeps schlitterten, fanden aber schnell wieder Bodenhaftung.
»Nein, ich meine meinen Adoptivvater. Victor Nash. Wir lebten in Montana.«
»Oh«, sagte Zach sarkastisch. »Das erklärt einiges.«
»Du brauchst gar nicht zynisch zu werden.«
Er warf ihr einen Blick zu, der deutlich besagte, was er von ihr hielt. Inzwischen hatten sie die Hügelkuppe erreicht, und Zach bog scharf in eine Zufahrt mit elektronisch gesteuertem Tor ein, das sich surrend öffnete, nachdem er den Zahlencode in den Türöffner eingegeben hatte.
Er parkte vor der Garage eines weitläufigen Hauses im Tudor-Stil. In tropfnassen Azaleen, Rhododendren und Farnen verborgene Außenlampen säumten die Zufahrt zu dem dreistöckigen Fachwerkbau mit dunklen Balken und Spitzgiebel. Efeu umrankte einen der Schornsteine und hinter der Mauer, die das Grundstück einfasste, ragten hohe Fichten auf.
»Komm«, forderte er Adria auf und beugte sich hinüber, um die Beifahrertür des Jeeps zu öffnen. Dann stieg er aus und ging ihr voraus einen Plattenweg entlang und durch einen überdachten Gang zur Hintertür. »Weckt das Erinnerungen?«, fragte er und schaltete in einer riesigen Küche das Licht an.
Sie schüttelte den Kopf, selbst ein wenig überrascht, eingestehen zu müssen, dass sie nichts wiedererkannte. »Das hier ist … unser trautes Heim.«
Adria schluckte krampfhaft. Sie sah sich um in der Hoffnung, irgendetwas Vertrautes zu entdecken, doch der glänzende Fliesenboden, die Glastüren der Schränke, die Flure, die in verschiedene Richtungen führten, die hochflorigen Orientteppiche – all das schien ihr ganz und gar fremd. »Wir können im Arbeitszimmer warten«, schlug Zachary vor, der ihre Reaktion beobachtete. »Jason kommt sicher bald.«
Adrias Magen krampfte sich zusammen bei dem Gedanken an die bevorstehende Auseinandersetzung mit der Familie Danvers, doch sie verbarg ihr Unbehagen. Das Arbeitszimmer, in einem entlegenen Winkel des Hauses, roch nach Tabak und Rauch. In einem gemauerten Kamin glommen die Reste eines heruntergebrannten Feuers. Zach legte einen bemoosten Eichenkloben auf die Glut, dann richtete er sich wieder auf und wischte sich die Hände ab. Er zog sein Jackett aus und warf es über die Lehne eines Ledersessels. »Und was ist hiermit? Dads Allerheiligstes. Du hast – das heißt, London hat hier oft gespielt, während Dad am Schreibtisch arbeitete.« Dabei sah er Adria herausfordernd an.
»Ich – ich glaube, ich erinnere mich nicht«, gestand sie und strich mit den Fingern über das altersdunkle Holz des Schreibtisches.
»Welch eine Überraschung«, spottete Zach. Er stellte einen Fuß auf die Kamineinfassung. »Nun, willst du es gleich hinter dich bringen und mir deine kleine Geschichte erzählen, oder möchtest du lieber auf den Rest des Clans warten?«
»Weshalb bist du eigentlich so feindselig?«
»Das ist doch noch gar nichts. Glaub mir, in unserer Familie bin ich geradezu der Märchenprinz.«
»Das las sich in den Presseberichten aber anders«, entgegnete Adria unbeeindruckt. »Der rebellische Sohn, das schwarze Schaf der Familie, ein nichtsnutziger jugendlicher Straftäter.« Er nahm keine Rücksichten, also tat sie es auch nicht.
»Ja,
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