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Wehe wenn der Wind weht

Wehe wenn der Wind weht

Titel: Wehe wenn der Wind weht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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konnte, daß dort je ein Gast gewesen war. Von da an war dies ihr Zimmer gewesen. In all den Jahren, die seitdem vergangen waren, hatte sie die Kinderstube nie wieder betreten.
    »Ich glaube nicht«, sagte sie, während sie aus ihrem Grübeln erwachte. Aber Christie schaute sie nicht mehr an. Sie stand völlig still, hielt das Buch in ihren Händen und hatte ihre Augen starr auf irgend etwas hinter Diana gerichtet. Diana drehte sich um und sah ihre Mutter, die in der Tür zur Bibliothek stand.
    »Was tust du da?« fragte Edna, deren Stimme vor Wut fast überschnappte. »Was macht dieses Kind mit einem Buch deines Vaters?«
    »Mama«, keuchte Diana. »Ich - ich dachte, du seist oben.«
    »Was hat das damit zu tun?« Ednas eisblaue Augen musterten Diana, wanderten dann zu Christie. »Leg das Buch hin!« befahl sie. Augenblicklich legte Christie das Buch auf den Tisch.
    Diana trat dicht an Christie heran und legte schützend ihren Arm um die Schultern des kleinen Mädchens. »Mama, sie beschädigt es ja nicht. Sie ist nur neugierig.«
    Edna ignorierte sie, ihren unheilvollen Blick starr auf Christie gerichtet. Zum ersten Mal fiel ihr die seltsame Ähnlichkeit zwischen ihrer Tochter und dem Kind auf. Die weichen blauen Augen, das blonde Haar, die blasse Gesichtsfarbe. Sie mußte zugeben, daß Christie Lyons ein sehr hübsches kleines Ding war. Aber die Art, wie Diana ihren Arm um das kleine Mädchen legte, störte Edna.
    Besitzergreifend.
    Es traf sie, daß Diana von diesem Kind bereits Besitz ergriff.
    »Sie ist ziemlich klein für ihr Alter, nicht wahr?« stellte Edna schließlich fest.
    »Mama, sie ist erst neun ...«, begann Diana, aber Edna schnitt ihr das Wort ab.
    »Die meisten Neunjährigen sind größer. Außer dir. Du warst auch immer viel zu klein für dein Alter.« Abrupt wechselte Edna das Thema, als sei sonst nichts mehr über Christie zu sagen. »Machst du das Abendessen?«
    »Ja, Mama«, sagte Diana ergeben. »Sobald ich Christie nach oben in mein Zimmer gebracht habe.«
    »Nein«, sagte Edna. Und bevor Diana fragen konnte, was sie damit meinte, erklärte sie sich. »Bis ich entscheide, was mit ihr geschieht, wird sie in der Kinderstube wohnen.«
    Edna drehte sich um und ging aus der Bibliothek. Diana konnte spüren, wie Christie neben ihr zitterte.
    Und sie selbst zitterte auch, wie sie bemerkte. Die Worte ihrer Mutter hallten in ihrem Kopf: Bis ich entscheide, was mit ihr geschieht. Ihre Mutter wollte ihr Christie wegnehmen.
    Das konnte sie nicht zulassen. Niemand würde ihr Christie je wegnehmen.
    Niemals.

3
     
    das einzige problem bei einem restaurierten Haus war, daß man eine Menge Unannehmlichkeiten in Kauf nehmen mußte, fand Joyce Crowley, während sie versuchte, mit ihrem holzgefeuerten Heißwasserofen klarzukommen. Dieser Ofen an sich war so etwas wie ein Kompromiß gewesen. In ihrem 1870 gebauten Haus hatte es keine Elektroinstallationen gegeben. Und ebensowenig Wasserleitungen.
    Als sie und Matt das Haus vor zehn Jahren gekauft hatten, war es eine zerfallende Ruine gewesen. Das einzig attraktive war der Preis gewesen. Die Restaurierung von Amberton hatte damals kaum begonnen und niemand, bis auf Joyce Crowley, war auch nur die Spur daran interessiert gewesen, diesen einstöckigen Klotz zu erwerben, der direkt gegenüber der Methodistenkirche stand. Das Haus selbst war massiv, obwohl das Dach stark angefault war. Es war eines der wenigen Gebäude in der Stadt, das aus Sandstein gebaut worden war, aber der Form nach war es ein reiner Zweckbau. Je zwei Reihen von vier Fenstern führten auf die Straße, und es war von einem langweilig gespitzten Dach gekrönt. Die Vordertür befand sich auf der einen Seite und die Hintertür an der anderen, und hinter dem Haus war nichts. Im Grunde war es nichts weiter als ein quadratischer Kasten mit einem Deckel darauf, aber bei einem Preis von zehntausend Dollar hatte sie den Eindruck gehabt, daß man sich eine solche Gelegenheit nicht entgehen lassen sollte. Und jetzt, nach zehn Jahren schwerer Arbeit, mußte selbst Matt zugeben, daß sie recht gehabt hatte. Sie hatten außen wie innen die dicken Farbschichten abgekratzt, das Dach neu gedeckt, die Wasser-und Elektroinstallation neu verlegt und alle Wände dann Weiß getüncht, bis auf die wenigen interessanten Teile - vor allem fantastische Steinverzierungen an den Ecken und geschwungene Stützen unter den Dachrinnen - die sie rot und olivfarbig gestrichen hatten. Jetzt war es, nur wenige Straßen von der

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