Weiberregiment
Verstand verloren«, sagte Mumm.
»Es käme mir nie in den Sinn, so etwas zu meinen, Herr«, versicherte Kinn hastig.
»Was unternehmen die Priester in dieser Hinsicht?«
»Nicht viel, Herr. Ich glaube, insgeheim ignorieren sie einige der, äh, extremen Abscheulichkeiten.«
»Meinst du, abgesehen von Nuggans Abneigung gegenüber Zwergen, Katzen und der Farbe Blau gibt es noch verrücktere Gebote?«
Kinn hüstelte höflich.
»Na schön«, sagte Mumm. »
Extremere
Gebote?«
»Austern, Herr. Er mag sie nicht. Aber das ist kein Problem, weil hier noch nie jemand eine Auster gesehen hat. Oh, und Babys. Er hat sie ebenfalls zu Abscheulichkeiten erklärt.«
»Ich schätze, die Leute hier machen trotzdem welche.«
»Ja, Euer Gna… Entschuldigung. Ja, Herr. Aber sie fühlen sich deshalb schuldig. Bellende Hunde sind eine weitere Abscheulichkeit. Und Hemden mit sechs Knöpfen. Und Käse. Äh… die Leute
meiden
die komplizierteren Abscheulichkeiten. Selbst die Priester haben es aufgegeben, sie zu erklären.«
»Ja, ich glaube, ich verstehe den Grund dafür. Wir haben hier also ein Land, das versucht, die Gebote eines Gottes zu achten, der, wie manche vermuten, vielleicht seine Unterhose auf dem Kopf trägt. Hat Nuggan auch Unterhosen zu Abscheulichkeiten erklärt?«
»Nein, Herr. Aber es ist wohl nur eine Frage der Zeit.«
»Wie kommen die Borograwier zurecht?«
»Heutzutage beten die meisten zur Herzogin Annagowia. Bilder von ihr hängen in jedem Haus. Die Leute nennen sie ihre ›kleine Mutter‹.«
»Ah, ja, die Herzogin. Bekomme ich Gelegenheit, mit ihr zu sprechen?«
»Oh, sie empfängt niemanden. Abgesehen von einigen Bediensteten hat sie seit mehr als dreißig Jahren niemand gesehen. Um ehrlich zu sein, Herr: Sie ist wahrscheinlich längst tot.«
»Nur wahrscheinlich?«
»Niemand weiß es genau. Offiziell heißt es, dass sie trauert. Eine tragische Angelegenheit, Herr. Der junge Herzog starb eine Woche nach der Hochzeit. Während der Jagd wurde er von einem Wildschwein zerfleischt, soweit ich weiß. Sie begann mit der Trauer im alten Schloss von Prinz-Marmaduk-und-Pjotr-Albert-Hans-Josef-Bernhardt-Wilhelmsberg, und seit damals ist sie nie wieder in der Öffentlichkeit erschienen. Ich glaube, das offizielle Gemälde entstand, als sie etwa vierzig war.«
»Keine Kinder?«
»Nein, Herr. Mit ihrem Tod stirbt das Geschlecht aus.«
»Und die Leute beten zu ihr? Wie zu einem Gott?«
Kinn seufzte. »Ich
habe
in meinem Bericht darauf hingewiesen, Herr. Die herzogliche Familie in Borograwien hatte immer einen fast religiösen Status. Sie ist das Oberhaupt der Kirche, und die Leute beten zu ihr in der Hoffnung, dass sie bei Nuggan ein gutes Wort für sie einlegt. Die Familienmitglieder sind wie… lebende Heilige. Himmlische Vermittler. So läuft das eben in diesen Ländern. Wenn man irgendetwas erreichen möchte, muss man die richtigen Leute kennen. Und vermutlich kann man leichter zu einem Bild beten als zu einem Gott, den man nicht sieht.«
Mumm musterte den Konsul nachdenklich und jagte ihm mit der nächsten Frage einen gehörigen Schreck ein.
»Wer würde erben?«
»Herr?«
»Die Monarchie geht doch irgendwie weiter, Kinn. Wenn die Herzogin nicht auf dem Thron sitzt – wer sollte dort Platz nehmen?«
»Äh, die Sache ist außerordentlich komplex, Herr, aufgrund von Verwandtenehen und unterschiedlichen Rechtssystemen, die zum Beispiel…«
»Wer hat die besten Chancen, Kinn?«
»Äh, Prinz Heinrich von Zlobenien.«
Mumm überraschte Kinn mit einem Lachen. »Und ich schätze, er fragt sich, wie es der lieben Tante geht. Ich bin ihm heute Morgen begegnet. Kann nicht behaupten, dass er mir gefallen hat.«
»Aber er ist ein Freund von Ankh-Morpork«, sagte Kinn vorwurfsvoll. »Auch das stand in meinem Bericht. Ein gebildeter Mann. Er ist sehr an den Nachrichtentürmen interessiert. Hat große Pläne für sein Land. In Zlobenien gab es viele Nugganiten, aber er hat die Religion verboten, und ehrlich gesagt: Kaum jemand erhob Einwände dagegen. Er möchte Zlobenien zum Fortschritt führen und bewundert Ankh-Morpork sehr.«
»Ja, ich weiß. Er klingt fast so verrückt wie Nuggan«, sagte Mumm. »Na schön, wir haben es vermutlich mit einer komplizierten Farce zu tun, die verhindern soll, dass Heinrich den Thron bekommt. Wie wird Borograwien regiert?«
»Es gibt kaum eine Regierung. Es werden Steuern gesammelt, und damit hat es sich. Wir glauben, einige der hochrangigen Funktionäre am Hof machen
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