Weibliche Lust ohne Tabus
für die Fortpflanzung nämlich unbewusst Artgenossen, deren Gen-Sequenz nach Möglichkeit die optimale Ergänzung zur eigenen darstellt. Denn dies stattet die Nachkommenschaft mit einem Gen-Satz aus, der das Immunsystem noch stärker und die nächste Generation noch überlebensfähiger macht. Das würde die lapidare Hausfrauen-Weisheit »Gegensätze ziehen sich an« endlich auf ein wissenschaftliches Fundament stellen. Ob der Partner immungenetisch »kompatibel« ist, wird dabei offenbar von uns über den Körpergeruch ausgelotet. Zwar steckt die Wissenschaft dahingehend noch in den Kinderschuhen, aber ich verfolge das Thema interessiert auf medizinischen Kongressen und in Fachbeiträgen zur Forschung.
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SINNLICHKEIT IST KEINE HEXEREI:
Was uns berührt
Erogene Zonen: Wenn’s unter die Haut geht
Wie man sich zu zweit Lustgewinne schenken und Erfüllung finden kann, ist eine sehr intime Angelegenheit und das vielleicht interessanteste zwischenmenschliche Forschungsgebiet überhaupt. Vor allem, weil jedes Paar für sich sein eigenes Forschungsteam bildet. Dabei spielen die Genitalien zunächst einmal eine untergeordnete Rolle. Nichts gegen einen lustvollen Quickie. Aber wenn uns ein Mann bei der ersten Begegnung gleich zwischen die Beine greifen wollte, um die Klitoris zu stimulieren, wären wir wahrscheinlich sofort abgetörnt (oder etwa nicht …?). Zwar geht es bei der Entstehung der Lust um intime Berührungen, aber nicht im Schnelldurchlauf und nicht unbedingt auf der direkten Zielgeraden. Es geht buchstäblich darum, sich »heranzutasten«.
Denn es ist unsere Haut, die zuerst darüber bestimmt, ob wir von jemandem berührt werden möchten oder nicht. Mit eineinhalb bis zwei Quadratmetern Fläche ist unsere zarte Körperhülle nicht nur unser größtes Organ, sondern auch mit Milliarden von Nervenzellen, Poren und kleinen Härchen ausgestattet, die unsere Empfindungen beeinflussen.
Das heißt: Viel Platz für Irrtümer und viel Platz für Treffer. Die Haut ist wie eine große Landkarte, auf der jeder seinen eigenen Weg finden muss. Oft ist es schon ein beiläufiges Streichen über die Wange, das unsere Lust entfacht, eine Berührung des inneren Handgelenks, ein Tätscheln des Knies oder ein zärtlicher Griff in den Nacken, der uns »Gänsehaut« verursacht. Und die entsteht nicht nur, wenn wir frieren oder Angst haben, sondern auch, wenn wir sexuell erregt sind. Wenn eine Berührung uns so stimuliert, dass sich die kleinen Härchen auf der Hautoberfläche aufrichten, reagiert unser vegetatives Nervensystem darauf mit der Kontraktion der winzigen Haarbalgmuskeln. Das sieht man an den erhabenen Pünktchen auf der Haut, die – ehrlich gesagt – zwar dem Anblick einer gerupften Gans ähneln, aber es lässt uns – poetisch gesprochen – auch »wohlig erschauern«.
Es gibt zwar die viel zitierten »erogenen Zonen«, aber das betrifft zumeist nur die primären Geschlechtsteile wie die Klitoris der Frau oder die Eichel des Mannes. Bis dahin muss man aber erst einmal kommen! Die wirklich relevanten erogenen Zonen sind die, die man gemeinhin als »sekundär« bezeichnet. Und die sind sehr individuell. Die einen stehen darauf, am Ohrläppchen »angeknabbert« zu werden, die anderen finden das ekelig. Manche erregt es, wenn ihre Füße gestreichelt werden, andere brechen dabei in hysterisches Gekicher aus, weil es sie kitzelt. Und als Mann einfach davon auszugehen, dass eine Frau heiße Lust empfinden muss, wenn ihr Dekolleté, ihre Brüste und ihre Brustwarzen zärtlich liebkost werden, ist auch ein Irrtum. Es gibt nicht wenige, die zugeben, dass dieses ewige Getue um den Busen sie so kalt lässt wie den Eskimo ein neuer Kühlschrank.
Erlaubt ist, was gefällt. Darum ist es bei der gemeinsamen Wanderung auf der Lustlandkarte der Haut so wichtig, sich gegenseitig zu sagen, was einem gefällt und was einem nicht gefällt. Keine Sorge: Das beleidigt niemanden. Im Gegenteil: Es spornt zu immer neuen »Entdeckungsreisen« an. Ist es nicht viel frustrierender, wenn der Mann sich unter Umständen jahrelang mit Liebkosungen des Busens seiner Partnerin abmüht, um dann irgendwann lapidar erfahren zu müssen, dass es sie nie wirklich angetörnt hat? Nur einem sprechenden Menschen kann geholfen werden.
Das Gleiche gilt natürlich auch umgekehrt. Fragen Sie den Mann: »Gefällt es dir hier?« oder »Ist es da schöner für dich?« So mancher Mann findet es nämlich viel erregender als vielleicht seine Partnerin, mit der
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