Weihnachten - Gedichte und Geschichten: Eine Weihnachtsgeschichte, Nußknacker und Mausekönig, Der Schneemann, Die Eisjungfrau, Schneeweißchen und Rosenrot, ... denkwürdige Neujahrnacht (German Edition)
und Gut nehmen, aber das Knäuel könne sie nicht hergeben, das sei ihr Dreischwestern-Knäuel. Aber als sie hörte, daß sie bis zum Jüngsten Tag hier sitzen bleiben sollte, wenn sie das Knäuel nicht hergebe, so ging sie doch darauf ein. Da nahm der Kamerad das Knäuel und ließ sie trotzdem sitzen, wo sie saß.
Darauf gingen sie manchen Tag durch Wald und Heide, bis sie wieder an eine Felswand kamen. Es ging gerade wie die beiden vorigen Male, der Kamerad klopfte an, der Berg tat sich auf, und drinnen kam ihnen eine Hexe mit einem Stuhl entgegen und hieß sie sitzen, sie seien wohl müde. Aber der Kamerad befahl: »Setz dich selber!« und da mußte sie sich setzen. Die beiden waren noch nicht durch viele Gemächer gegangen, da erblickte der Kamerad einen alten Hut an einem Haken hinter der Tür. Den wollte er haben. Aber die Alte wollte sich nicht davon trennen, denn es sei ihr Dreischwestern-Hut, wenn sie den hergebe, werde sie todunglücklich. Als sie jedoch hörte, daß sie hier bis an den Jüngsten Tag sitzen bleiben sollte, wenn sie den Hut nicht hergebe, so willigte sie endlich ein. Der Kamerad nahm den Hut und hieß sie dann sitzen bleiben, wo sie saß, wie ihre Schwestern.
Schließlich kamen sie an einen Fluß. Da nahm der Kamerad das Knäuel und warf es so kräftig an den Berg auf der anderen Seite des Flusses, daß es wieder zurückflog, und als es mehrmals hin und wieder geflogen war, stand eine Brücke da. Darauf überschritten sie den Fluß, und als sie auf der anderen Seite ankamen, sagte der Mann zu dem Burschen, er solle so rasch wie möglich den Goldfaden wieder aufwickeln. »Denn wenn wir ihn nicht schnell wegschaffen, so kommen die drei Hexen herüber und reißen uns in Stücke.« Der Bursche wickelte so schnell, wie er konnte. Gerade als er am letzten Faden war, kamen die Hexen angefaucht.
Sie stürzten sich ins Wasser, daß der Schaum hoch aufspritzte, und haschten nach dem Ende des Fadens. Aber sie konnten es nicht packen und ertranken im Fluß.
Als sie wieder einige Tage gegangen waren, sagte der Kamerad: »Nun kommen wir bald an das Schloß, in dem sie wohnt, die Prinzessin, von der du geträumt hast, und wenn wir hinkommen, so mußt du ins Schloß hineingehen und dem König sagen, was du geträumt hast und was dein Reiseziel ist.«
Als sie hinkamen, tat er das und wurde sehr gut aufgenommen. Er bekam ein Zimmer für sich und eins für seinen Diener, und als es Essenszeit war, wurde er an des Königs eigenen Tisch gebeten. Als er die Prinzessin erblickte, erkannte er sie nach dem Traumgesicht sofort wieder. Er sagte ihr auch, weshalb er gekommen sei, und sie antwortete, sie könne ihn gut leiden und wolle ihn gern nehmen, aber zuerst müsse er drei Proben bestehen. Als sie gespeist hatten, gab sie ihm eine goldene Schere und sagte: »Die erste Probe ist, daß du diese Schere nimmst und aufhebst und sie mir morgen mittag wiedergibst. Das ist keine sehr schwere Probe«, sagte sie und lächelte, »aber wenn du sie nicht bestehst, so mußt du sterben, so will es das Gesetz, und dein Körper wird aufs Rad geflochten und dein Kopf auf einen Spieß gesteckt, und es geht dir wie den Freiern, deren Schädel und Gerippe du draußen vor dem Schloß sehen kannst.«
»Das ist doch keine Kunst«, dachte sich der Bursche. Aber die Prinzessin war so lustig und munter und trieb solchen Schabernack mit ihm, daß er die Schere und sich selbst darüber vergaß, und während sie lachten und scherzten, stibitzte sie ihm heimlich die Schere weg, ohne daß er es merkte. Als er am Abend in die Kammer kam und erzählte, wie es ihm gegangen war, was sie zu ihm gesagt hätte und was es mit der Schere, die sie ihm zum Aufheben gegeben hätte, auf sich habe, fragte der Kamerad: »Hast du die Schere auch noch?«
Der Bursche suchte in allen seinen Taschen, aber es war keine Schere darin, und er war mehr als unglücklich, als er merkte, daß er sie verloren hatte.
»Nun, nun, sei nur ruhig, ich will sehen, ob ich dir sie wieder verschaffen kann«, sagte der Kamerad und ging hinunter in den Stall. Da stand ein mächtiger Bock, der gehörte der Prinzessin und konnte viel schneller durch die Luft fliegen als auf ebener Erde gehen. Der Kamerad nahm das Dreischwestern-Schwert und gab ihm damit einen Hieb zwischen die Hörner und fragte: »Wann reitet die Prinzessin heut nacht zu ihrem Liebsten?« Der Bock meckerte und sagte, das traue er sich nicht zu sagen, aber als der Kamerad ihm noch einen Hieb gab, sagte er doch,
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