Weihnachtsengel gibt es doch
Buchladen. Am Flughafen hatte sie sich einen Krimi eines bekannten Autoren gekauft, ihn aufgeschlagen und sich sofort in die Geschichte versinken lassen. Während sie las, fiel alles andere von ihr ab, und sie wurde Teil einer dunklen, gefährlichen Welt und erlebte indirekt eine Reihe fantastischer Abenteuer. Als sie zu Hause in Avalon angekommen war, las sie einen Fantasyroman über die Errettung einer vergessenen Welt. Danach folgte ein Roman von Edith Wharton, weil ihr irgendwann mal jemand gesagt hatte, bei Liebeskummer müsse man Edith Wharton lesen, um zu sehen, dass der eigene Herzschmerz lange nicht so schlimm ist, wie er sein könnte. Hiernach folgte ein internationaler Spionagethriller über ein mit einem Fluch belegtes Kunstwerk.
Während dieser Phase nach ihrem Zusammenbruch las sie Bücher, wie ein Abhängiger Pillen schluckt. Sie saugte eine Geschichte nach der anderen in sich auf und versuchte, die Wirklichkeit auszublenden. Am Ende, als sie wusste, dass sie ihr Leben wieder in die Hand nehmen und einer neuen Vision folgen musste, tauchte sie stark, klar und mit einem eindeutigenZiel für sich selbst wieder auf.
„Du willst dein Hauptfach zu Bibliothekswissenschaften ändern?“, fragte ihre Schwester Renée.
„Ge nau.“
Ihr Vater hatte sie angestrahlt. „Wir hatten noch nie eine Bibliothekarin in der Familie.“
Es stellte sich als der perfekte Beruf für Maureen heraus. So perfekt, dass sie sich wunderte, wieso sie diese Idee nicht schon früher gehabt hatte.
Und an dem Weihnachtsabend, umgeben von Familie, Freunden und Gemeindemitgliedern, hatte sie ihre Stimme im Einklang mit den anderen erhoben, und ihr Herz hatte sich vor Freude geweitet. Ja, sie war verletzt worden – am Boden zerstört sogar. Aber ihr Geist weigerte sich zu brechen. Das Leben war zu kostbar und Weihnachten zu wundervoll, um sich im Kummer zu vergraben.
Von diesem Moment an, so schwor sich Maureen, wird alles gut werden. Sie würde …
In diesen Augenblick der Andacht und Heilung war ein grauenhafter Unfall geplatzt. Alle Lichter in der Kirche waren ausgegangen. Panik breitete sich aus. Frauen schrien, und Kinder weinten. Eltern versammelten ihre Familien eng um sich und führten sie in Sicherheit. Menschen suchten Schutz oder flohen durch die Notausgänge, weil zu diesem Zeitpunkt niemand wusste, was passiert war.
Alle rannten hinaus und sahen, dass ein Feuerball durch die Weihnachtskrippe geschossen und gegen das Gebäude geprallt war. Es war nicht auf den ersten Blick ersichtlich, was genau passiert war. Konnte es sein, dass ein Meteorit eingeschlagen war?
Als ein eisiger Wind durch die Feuersbrunst fegte, sah Maureen, was alle sahen: die brennenden, verbogenen Überreste eines Wagens. Es war eine rot glühende Hülle, eine Fackel, die die Holzbalken am Eingang der Kirche anzündete.
Mit einem Zischen und Surren setzte sich der Sprinkler in Gang.
Einige Menschen erwachten aus ihrer Starre, brüllten in ihre Telefone. Ein Mann, der wie ein Schäfer gekleidet war, nutzte seinen Schäferstab, um den Kasten zu öffnen, in dem sich der Feuerlöscher befand. Eine Alarmsirene kreischte durch die Nacht.
Kinder in ihren Engel- und Tierkostümen drängten sich eng aneinander.
Einige Leute versuchten, zu dem Auto zu gelangen, aber die tödlichen Flammen hielten sie zurück.
„Guter Gott, sei gnädig“, sagte jemand. „Sei gnädig zu der armen Seele in dem Wagen, wer auch immer es sein mag.“
„Diesen Unfall kann keiner überlebt haben“, merkte jemand anderes an. „Das Auto muss beim Aufprall sofort in Flammen aufgegangen sein.“
Maureens Herz taumelte. Einen Menschen am Weihnachtsabend sterben zu sehen betonte nur die Grausamkeit dieser Tragödie.
Maureen fühlte sich von der Szene angezogen, auch wenn sie keine große Hilfe war, wenn es darum ging, Menschenleben zu retten. Irgendwer – ein Feuerwehrmann – sagte, es handele sich um eine Bergung, nicht um eine Rettung. „Es bedürfe schon eines Wunders, um diesen Feuerball zu überleben“, war sich einer der inzwischen eingetroffenen Rettungssanitäter sicher.
Als ihr die Bedeutung seiner Worte bewusst wurde, wurde Maureen schlecht. Sie wandte sich ab und stapfte mit großen Schritten durch den hohen Schnee. Sie fühlte sich seltsam schuldig, als sie sich daran erinnerte, wie glücklich und friedvoll sie sich noch vor wenigen Augenblicken gefühlt hatte. Es war grauenhaft zu denken, dass, während sie sich innerlich jauchzend auf die neue Richtung
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