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Weihnachtsengel gibt es doch

Weihnachtsengel gibt es doch

Titel: Weihnachtsengel gibt es doch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Wiggs
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wünschte, mehr Leute würden so denken wie Sie.“
    „Wie?“, fragte eine Kundin und trat näher an den Tresen.
    „Hey ihr“, sagte Maureen und lächelte beim Anblick ihrer Schwester Renée und ihrer drei Kinder.
    „Tante Maureen! Hi, Tante Maureen!“, krähte Wendy, ihre fünf Jahre alte Nichte.
    „Pst“, ermahnte Renée sie. „Denk an deine Drinnenstimme.“
    „Hi, Tante Maureen“, wiederholte Wendy flüsternd.
    „Selber hi“, flüsterte Maureen zurück. „Hi, John, hi, Michael. Wie geht es den besten Nichten und Neffen auf der Welt?“
    „Gut“, erwiderten die beiden sechsjährigen Zwillingsjungen, ohne von ihren Matchbox-Autos aufzusehen, mit denen sie am Rand des Tresens entlangfuhren.
    „Guck mal, ich habe ein Buch über Engel“, sagte Wendy und zeigte ihr ein großformatiges Bilderbuch. „Ich hab im Leseraum einen Engel gesehen.“
    „Wirklich? Das ist ja toll.“ Maureen tauschte einen Blick mit ihrer Schwester, die in ihrer Tasche nach dem Bibliotheksausweis suchte. „Woher weißt du, dass es ein Engel war?“
    Wendy zuckte mit den Schultern. „Wimpern.“ Sie klappte das Buch auf einer Seite auf, auf der ein ernstes Gesicht mit riesigen Augen und perfekt geschwungenen Wimpern in Nahaufnahme gezeichnet war. Wie kitschig, dachte Maureen. Wie eine Anzeige für Wimperntusche.
    „Hast du mit dem Engel gesprochen?“, wollte sie wissen, während sie das Datum auf die Karte im hinteren Umschlag des Buches stempelte.
    „Ja.“ Wendy schnappte sich das Buch und stapfte zum Ausgang. „Ich spreche mit jedem.“
    „Was soll ich sagen, ich habe ein Kind, das Engel sieht.“ Renée nahm die Autobücher – was sonst – für die Jungen mitund ein Buch über Zeitmanagement für sich.
    „Sie ist eine fette Lügnerin“, erklärte Michael.
    „Pst.“ Renée stieß ihn gegen die Schulter. „Wenn deine Schwester sagt, dass sie einen Engel gesehen hat, dann hat sie das auch.“
    „Ich will auch einen Engel sehen“, sagte John.
    „Dann frag deine Schwester.“ Renée grinste Maureen an. „Also, von einem Engel berührt oder nicht ganz richtig im Kopf. Das musst du entscheiden.“
    „Machst du Witze? Ich habe eine Nichte, die Engel sieht. Glaubst du etwa, damit will ich es mir verderben?“
    „Danke, Maureen.“ Renée steckte ihren Bibliotheksausweis weg. „Sehen wir uns Sonntag bei Dad und Hannah?“
    „Natürlich.“ Das Sonntagsessen mit der Familie war eine feste Einrichtung. Der Kreis der Teilnehmer war mal größer und mal kleiner, je nachdem, welche Familienmitglieder und Freunde gerade zugegen waren. Die Sonntagnachmittage waren in ihrer Familie immer eine ganz besondere, ruhige Zeit gewesen, weit weg von all dem Lärm und der Hektik von Arbeit und Schule. Sie nahmen sich auch nichts Großes vor, sondern verbrachten einfach ein paar Stunden miteinander. Je nach Wetter machten sie vielleicht mal einen langen Spaziergang, spielten mit den Kindern oder veranstalteten ein Football- oder Scrabble-Turnier. Dann half jeder, um ein frühes Abendessen vorzubereiten. Die einzige Regel war, dass es niemandem erlaubt war, während dieser Zeit über die Arbeit oder die Schule zu sprechen. Das machte die Sonntagnachmittage für die meisten Mitglieder der Davenport-Familie zu den wertvollsten Stunden der Woche. Maureen freute sich schon darauf, einmal nicht über das Desaster mit der Bücherei nachdenken zu müssen, und sei es nur für wenige Stunden.
    Am Ende eines jeden Geschäftstages wurde die Bücherei auf die immer gleiche Weise geschlossen. Fünf Minutenvor der Schließung flackerten die Lampen einmal auf, um den Menschen mitzuteilen, dass sie bitte zu einem Ende kommen möchten mit dem, was sie taten – Sachen für die Schule ausdrucken, Bücher ausleihen, die Computerspiele beenden, Zeitschriften und Magazine wegpacken.
    Maureen mochte diese Zeit des Tages fast am liebsten. Es hatte etwas Kontrolliertes, den ordentlichen Auszug der Besucher zu überwachen und danach noch einmal eine letzte Runde zu drehen, um zu schauen, ob alle Fenster geschlossen, alle Bücher weggeräumt waren und niemand etwas vergessen hatte. Sie und die freiwilligen Helfer räumten zusammen und wünschten den letzten Besuchern eine gute Nacht, auch wenn es noch früher Abend war. Um Punkt sechs Uhr abends schloss sich die Pforte der Bücherei für den Tag. Maureen hätte es lieber gesehen, wenn sie länger geöffnet haben könnten, aber das gab das Budget schon seit langer Zeit nicht mehr her. Sie hätte die

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