Weil Ich Euch Liebte
geniale Elektriker. Gott segne ihn.
Mit einiger Mühe gelang es mir, in der Wanne aufzustehen. Meine Schuhe, meine Kleider, alles war durchnässt. Als das Licht im Bad ausging, wusste ich, dass die Sicherung rausgesprungen war und ich gefahrlos aus der Wanne steigen konnte.
Ich torkelte in die Küche, stellte mich mit dem Rücken vor eine Schublade und schaffte es, ein Messer herauszuangeln. Wäre ich nüchtern gewesen, hätte ich das Klebeband in maximal zwei Minuten durchgeschnitten gehabt, aber in meinem momentanen Zustand brauchte ich fast zehn. Immer wieder fiel mir das Messer aus der Hand.
Als ich die Hände wieder frei hatte, eilte ich zu Sallys Telefon. Ich rief zwei Nummern an. Die zweite war die Notrufnummer. Die erste war die von Kellys Handy.
»Hey, Mäuschen«, sagte ich. »Es ist alles in Ordnung, aber bei Sally hat es einen kleinen Unfall gegeben, es dauert also noch, bis ich komme.«
Drei Wochen Später
Epilog
Ich zog den Packbandabroller über den großen Karton, dann sagte ich zu Kelly: »Rubbel mit der Hand da drüber, damit es auf den Klappen wirklich fest klebt.«
Sie presste beide Hände auf den Klebstreifen und rieb mehrmals darüber. »Das hält jetzt aber«, sagte sie.
»Und du bist ganz sicher, dass es dir nichts ausmacht?«, fragte ich.
Sie sah zu mir hoch und nickte. In ihrem Blick lag Trauer, aber auch Entschlossenheit. »Ich glaube, Mom hätte es auch gewollt«, sagte sie. »Sie hat gerne geholfen.«
»Ja«, bestätigte ich. »So war sie.« Ich schaute in den fast leeren begehbaren Schrank. »Ich glaube, das war der letzte Karton. Bringen wir ihn hinunter. Sie haben gesagt, der Pick-up kommt zwischen zehn und zwölf.«
Ich trug den Karton nach unten und stellte ihn zu den vier anderen, ähnlich großen, neben die Haustür. Wahrscheinlich hätte ich auch alles in Mülltüten packen können, aber das fand ich nicht richtig. Ich wollte, dass alles sauber gefaltet war, es sollte nicht als Lumpenhaufen an seinem Bestimmungsort ankommen.
»Glaubst du, diese obdachlose Frau in Darien wird davon was abkriegen?«, fragte Kelly.
»Ich weißt nicht. Sicher ist es nicht. Aber es kann sein, dass es hier in Milford jemanden gibt, der was bekommt, und wenn uns diese Frau, die wir da neulich gesehen haben, nicht leidgetan hätte, dann würde jetzt auch niemand bei uns hier die Sachen erhalten.«
»Und was ist dann mit dieser Frau in Darien?«
»Vielleicht hat ja eine Frau aus Darien hier in Milford oder in New Haven oder in Bridgeport jemanden gesehen, der Hilfe braucht. Und wenn die dann Kleider spendet, bekommt die Frau, die wir gesehen haben, vielleicht was davon ab.«
Ich merkte, dass Kelly nicht überzeugt war.
Gemeinsam stellten wir die vier Kisten vor die Haustür. Als wir fertig waren, wischte Kelly sich demonstrativ über die Stirn. »Darf ich Rad fahren?«, fragte sie. Ich war in letzter Zeit sehr gluckenhaft gewesen, hatte sie kaum aus den Augen gelassen.
»Nur hier auf der Straße«, sagte ich. »Wo ich dich sehen kann.«
Sie nickte, ging zur Garage, die offen stand, und schob ihr Fahrrad heraus.
»Emilys Dad ist aus dem Krankenhaus«, sagte sie.
»Hab ich gehört.«
»Sie ziehen wirklich um. Emilys Dad hat Verwandte in Ohio, darum ziehen sie dorthin. Ist Ohio weit weg?«
»Schon ein bisschen.«
Das schien sie nicht gern zu hören. »Bleibt es dabei, dass Grandma heute kommt?«
»Hat sie jedenfalls gesagt. Ich dachte, wir gehen zusammen essen.«
Fiona zog auch um, aber nicht nach Ohio. Sie suchte gerade eine Eigentumswohnung in Milford, damit sie in unserer Nähe sein konnte. In Kellys Nähe jedenfalls. Sie war nach dem Vorfall nicht mehr in ihre alte Wohnung zurückgekehrt, sondern ins Hotel gegangen. Ihre Wohnung stand jetzt zum Verkauf, und Fiona hatte eine Umzugsfirma beauftragt, sie zu räumen, damit sie keinen Fuß mehr dort hineinsetzen musste. Sie hatte auch die Scheidung von Marcus eingereicht, der, sobald er aus dem Krankenhaus entlassen wurde, in eine hübsche Zelle ziehen und dort darauf warten würde, dass man ihm wegen Mordes den Prozess machte.
Gegen Fiona war bis jetzt keine Klage wegen Körperverletzung an Marcus erhoben worden, und das würde höchstwahrscheinlich auch nicht mehr geschehen. Denn wie sich herausstellte, hatte sie genug Geld, um sich den besten Anwalt leisten zu können. Marcus hatte gelogen, als er mir erzählte, sie hätte ihr Geld bei diesem riesigen Anlagebetrug verloren. Er hatte nur verhindern wollen, dass Kelly zu ihnen zog,
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