Weiß wie der Tod
»Ein Glas für die Dame, eins für den Herrn. Lassen Sie es sich schmecken.«
»Danke.«
Sebastian hob sein Glas, Lili das ihre.
»Worauf wollen wir trinken?«, fragte er.
»Sag du.«
»Auf uns. Ich glaube, wir werden viel Freude miteinander haben.«
Lili erwiderte nichts. Er war nett, mehr würde es für sie nicht geben. Sie stießen miteinander an.
»Ich muss mal kurz. Bin gleich wieder zurück«, sagte Lili und verschwand auf die Toilette.
Sebastian nickte und lächelte. Als sie verschwunden war, blickte er sich in der Bar um. Der Kellner war mit dem Nachfüllen der Gläser beschäftigt, die wenigen Gäste unterhielten sich. Er griff in die Tasche und holte eine Dose hervor. Eine halbe Tablette sollte für sie reichen.
Als Lili wieder zurückkam, hatte sie eine Frage auf den Lippen, die sie die ganze Zeit schon stellen wollte.
»Heißt du wirklich Sebastian?«
»Wieso fragst du?«
»Nur so. Der Name passt irgendwie nicht zu dir.«
Sebastian lächelte. »Stimmt. Ich heiße Stephan.«
58
Sag mir alles, was du über diesen Stephan weißt.« Alexej Naumov saß mit Falk Gudman am Rechner. Auf dem Bildschirm vor ihnen wartete die Suchmaske von Spaceweb auf die Eingaben. »Fang am besten mit dem Alter an.«
»Laut Zeugen«, begann Gudman, »soll er zwischen fünfundzwanzig und fünfunddreißig Jahren alt sein.«
Naumov tippte es ein.
»Er muss in Hamburg oder im näheren Umland wohnen.«
»Sagen wir, bis zu fünfzig Kilometer im Umkreis?«
»Schon ein bisschen weit. Aber okay. Er ist auf jeden Fall Deutscher. Größe um die eins achtzig, schlank, Nichtraucher. Höhere Schulbildung, Hetero.«
»Was hast du noch über ihn?«
»Gepflegt, erfolgreich, hat mit Versicherungen zu tun.«
»Das machen wir im zweiten Schritt. Erst mal sehen, wie viele Kandidaten wir haben.«
Die Antwort lautete: dreizehn.
»Kannst du ihn schon erkennen?«, fragte Naumov.
Gudman nahm die Phantomzeichnung zu Hilfe. »Nummer zwei, vier, sieben und zwölf fallen weg. Alles Glatzköpfe. Unser Mann hat eine gepflegte Erscheinung wie ein Manager.«
»Dann kommen diese fünf auch nicht in Frage. Langhaarig, Marke Kiff- und Partybruder, und der eine ist dunkelhäutig. Bleiben somit vier übrig. Schauen wir uns ihre Profile an.«
Gudman ging die Selbstdarstellungen durch. Keiner der Verbliebenen schien auf die Beschreibung zu passen, die die Nachbarin und der Mann aus dem Altersheim abgegeben hatten. Stephan nannte sich auch keiner, weder im öffentlichen Profil noch im zugangsbeschränkten Bereich, wo sich der Nutzer mit seinem Real Name anmelden sollte.
»Nein, da ist er nicht dabei«, seufzte Gudman.
»Das muss nichts heißen. Der Typ kann sich anders beschrieben haben, als er tatsächlich ist. Du sagtest, er hat mit Versicherungen zu tun.«
»Ja, oder Anlagen. Auf jeden Fall mit Geld.«
»Dann schauen wir doch mal, ob dazu in den Blogs was steht.«
Naumov startete eine Datenbankabfrage mit den Suchbegriffen Versicherung, Geld, Anlage und Ähnlichem. Das Ergebnis waren dieses Mal mehr als tausend Treffer.
»Jetzt vergleichen wir das noch mit unseren vier Kandidaten. Und … voilà, zwei bleiben übrig. Dirk und Sebastian. Ist es einer von denen?«
Gudman verneinte.
»Du suchst ihn doch im Zusammenhang mit der zerstückelten Frauenleiche?«, fragte Naumov.
»Ja, und der vermissten Jennifer Warneke.«
»Sie waren …«
»Zwischen zwanzig und fünfundzwanzig, Single, erfolgreich, karriereorientiert, kürzlich zugezogen.«
»Gut. Dann machen wir jetzt eine Kreuzabfrage. Und zwar: Suche mir alle jungen Frauen nach deiner Beschreibung heraus, die sich als neu in Hamburg, zugezogen, suche Kontakt und so weiter beschrieben haben, und verbinde sie mit Dirk und Sebastian.«
»Das geht?«
»Natürlich. Nach diesem System funktioniert Marketing genauso wie das Politbarometer.«
Das Ergebnis lautete: Sebastian.
Ein ums andere Mal verglich Falk das Phantombild mit dem auf dem Bildschirm. »Das ist er aber nicht.«
»Schade«, antwortete Naumov, »dann hat dein Stephan offenbar kein Profil auf Spaceweb.«
»Einen Versuch war’s wert. Trotzdem danke.«
Gudman ging zurück an seinen Schreibtisch. Er haderte mit sich. Es wäre zu schön gewesen, wenn er auf diesem Weg den Unbekannten hätte enttarnen können. Was sollte er jetzt tun?
»Wie hießen nochmal die beiden Frauen, die du mit ihm in Verbindung bringst?«, fragte Naumov.
Er nannte ihm die Namen jette Friis und Jennifer Warneke.
Alexej startete eine erneute
Weitere Kostenlose Bücher