Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weisse Haut - Schwarze Haut

Weisse Haut - Schwarze Haut

Titel: Weisse Haut - Schwarze Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Friedemann
Vom Netzwerk:
wie die Haut
eines Herings aus. Leicht wellig, silbrig schimmernd. Er liebte die Zeit, wenn
sich der Morgen ankündigte. Fast hatte der Himmel dann die Farbe von
Zwetschgen. Die Sterne verblassten und der Horizont wurde blaugrau, blauer,
mitunter rötlich, golden glänzend.
    Seine Gedanken wanderten oftmals zu seiner ungewissen
Zukunft, seinem bevorstehenden unbekannten Leben. Er zweifelte nie, wusste
immer, dass er die richtige Entscheidung getroffen hatte, selbst wenn er nicht
annähernd ahnte, was da auf ihn zukam. Er kannte die Kolonie nur durch Mister
Dudleys Erzählungen und das hatte sich stets sehr gut angehört.

*
    B isher war die Fahrt sehr ruhig verlaufen, da es
das Wetter gut mit ihnen meinte und es keine Stürme gegeben hatte, keine raue,
tosende See, nur dann und wann heftigen Regen. Er genoss die frische
Meeresluft, nach den Stunden unter Deck, wo er es sehr warm und stickig fand.
Über 1300 Seemeilen waren sie bereits über den Atlantik gefahren und in wenigen
Tagen würden sie den afrikanischen Kontinent sehen und er fragte sich, was ihn
dort erwarten würde, wie es dort wirklich war.
    Der Wind glitt heute stürmischer über das Wasser. Weiße
Schaumkronen bildeten sich. Er atmete tief ein, pumpte seinen Bauch mit der
frischen, kühlen Meeresluft voll. Das große Schiff schwankte leicht auf und
nieder. In der Küche hatten sie alles festgezurrt und sicher verstaut. Die
Sonne hatte gerade den Zenit überschritten, aber heute war es dank der Wolken
nicht so heiß. Er hätte gern den viel zu dicken Wollpullover ausgezogen, aber
er traute sich nicht. Bestimmt würde der Käpt’n schimpfen. Sein Blick glitt zum
Himmel, wo die Rauchsäulen des Frachters sich im Wind rasch auflösten. Es war
ruhig hinten, nur das eintönige Brummen der Schiffsschraube war zu hören. Ein
Geräusch, das er jedoch nicht wahrnahm.
    „Junger Mann, darf ich mich zu dir setzen?“
    Erschrocken sprang er auf, verbeugte sich leicht. „Sir, es
ist verboten, dass ich mit Ihnen spreche. Sie dürfen sich überall hinsetzen.
Einen schönen Tag noch, Sir.“ Er verbeugte sich nochmals, wollte nur schnell
weg.
    „Warte, bleib ruhig hier. Ich möchte dich keineswegs
vertreiben, mich nur ein wenig mit dir unterhalten.“
    „Das geht nicht, Sir. Sonst bekomme ich Ärger.“
    „Schade, bleib sitzen. Ich setze mich woanders hin.“ Der
etwa 30-jährige Mann drehte sich weg und nahm etwas entfernt Platz.
    „Gefällt es dir, Matrose zu sein?“
    „Ich bin kein Matrose, sondern bezahle mit der Arbeit
meine Überfahrt nach British East Africa, Sir.“
    „Ich heiße Doug Masters und sag nicht immer Sir.“
    „Sir, das darf ich nicht. Ich muss gehen. Einen schönen
Tag noch, Sir.“ William verschwand schnell hinunter, allerdings verärgert, dass
ihm dieser Fremde seinen freien Nachmittag versaute. Außer am frühen Morgen,
wenn er das Deck schrubbte, oder am späten Abend, kam er selten hinaus. Er
legte sich auf sein Bett, verschränkte die Hände unter dem Kopf und dachte an
seine Eltern, seine Geschwister. Er war der zweit Jüngste, der fünf Shrimes Kinder.
Besonders unter seinen zwei älteren Brüdern hatte er zu leiden gehabt. Die
spielten sich stets als allwissend auf und …
    „William, du sollst zum Käpt’n kommen“, riss ihn die
Stimme von John aus seinen Tagträumen. Schnell sprang er hinunter und grübelte,
was das zu bedeuten hatte. Er hatte den Mann bisher nur einige Male von Ferne
gesehen, nie ein Wort mit ihm gesprochen. Bekam er Ärger, weil er mit diesem
Passagier geredet hatte? John hatte gesagt: „Dem Käpt’n entgeht nichts, was auf
dem Schiff passiert. Er hat überall seine Augen und Ohren, aber er ist ein
guter Käpt’n, solange du seine Anweisungen befolgst und deine Arbeit ordentlich
erledigst.“
    Mit einem mulmigen Gefühl durchquerte er eilig die Gänge
des Schiffes, strich mit den schweißfeuchten Händen über seine Haare, klopfte
an die Tür.
    „Ja“, hörte er dessen Stimme und trat hinein.
    „Ich sollte mich melden, Sir.“
    „William, Mister Masters war eben bei mir. Er wollte mit
dir sprechen.“
    „Ja, Sir, ich habe ihm gesagt, dass das nicht erlaubt ist,
und bin gegangen. Ich wollte den Herrn nicht stören, Sir.“
    Der Kapitän blickte lächelnd den Jungen an, musterte ihn.
So wie die anderen Mitglieder der Besatzung mochte er ihn. Er schreckte vor
keiner Arbeit zurück, war fleißig, stets gut gelaunt, höflich, zurückhaltend
und er schien sehr intelligent zu sein. Inzwischen wusste er,

Weitere Kostenlose Bücher