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Weisse Haut - Schwarze Haut

Weisse Haut - Schwarze Haut

Titel: Weisse Haut - Schwarze Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Friedemann
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Arbeit auf. „Legen
wir ab?“
    „Ja, hört sich so an.“
    „Darf ich bitte kurz nach oben?“ Der Zeitpunkt war
gekommen, wo er Abschied nehmen musste. Tränen traten ihm in die Augen, da er
an die Mutter, den Vater, die Schwestern und Brüder, seine Freunde, dachte. Er
ließ so viele liebe Menschen zurück, eigentlich sein gesamtes bisheriges Leben.
    „Nur ein paar Minuten und geh den Passagieren aus dem
Weg.“
    „Danke, Colin!“ Schon rannte er zur Tür hinaus, den Gang
entlang und die Treppe hinauf. Draußen kletterte er über einige Seile, zwängte
sich an großen Kisten vorbei und spähte zu den Hafengebäuden. Man löste gerade
die Taue. Rufe hallten hin und her. Menschen standen unten und winkten, schrien
etwas zum Schiff hinüber. Einige tupften mit dem Taschentuch Tränen aus dem
Gesicht, um im nächsten Augenblick damit zu winken.
    William fragte sich, wann er das wiedersehen würde. Wann
würde er seine Eltern, seine Geschwister wiedertreffen? Würde er es schaffen?
Machte er einen Fehler? Das war kein Spaziergang, das war so viel mehr. Er kam
sich auf einmal einsam vor. Er war noch nie allein, noch nie von den Eltern
getrennt gewesen. Er wischte die Tränen aus dem Gesicht. Eine Hand legte sich
um seine Schultern und er blickte hoch, schaute John an.
    „Du hast dich zu einem großen Schritt entschlossen. Nun
behalte das Bild in deiner Erinnerung. Es wird dich immer an alles erinnern,
deine Kindheit, deine Eltern, dein Zuhause. Vergiss es nie!“
    Er erwiderte nichts, weil er einen Frosch im Hals hatte.
Er wollte nicht weinen, aber die Tränen kullerten und irgendwie fühlte er einen
großen, schweren Stein in seiner Brust.
    „Nimm Abschied und schau nur nach vorn.“ Er klopfte ihm
auf den Rücken, schlenderte weg.
    William verabschiedete sich leise. Er sah sie alle vor
sich, besonders seine Mutter und wie sie heute Abend weinte, wenn sie erfahren
würde, dass er weg war. Sein Dad? Wie würde der reagieren? Seine Geschwister?
    Das Schiff fuhr langsam los, vorbei an einer schnittigen
Fregatte der britischen Marine, auf der er ein lebhaftes Treiben registrierte,
passierte einen Zerstörer, auf dem Ruhe herrschte und er nahm noch einmal alles
in sich auf. Die grauen, teilweisen windschiefen Häuser, die rauchenden
Schlote, den merkwürdigen Geruch von Salz, Fisch, Qualm und Schmutz, die
schreienden Möwen, die das Schiff umkreisten. Es war, als wenn er ahnte, dass
er es nie wiedersehen sollte. Erst nach einer Weile stieg er in das Innere des
Schiffes und setzte seine Arbeit fort. Sein Alltag für die nächsten drei Monate
begann.

*
    M orgens um halb fünf fing sein Tag mit einem kargen
Frühstück an. Folgend schrubbte er das Deck, reinigte die Käfige, wo Hühner
lautstark gackerten, gab ihnen etwas zu fressen, säuberte die Toiletten der
Passagiere. Wenn alle anderen Männer aufgestanden waren, putzte er dort, legte
die Decken ordentlich hin. Danach half er in der Küche, musste Abwaschen,
Kartoffeln schälen oder Gemüse putzen, die Abfälle entsorgen.
    Nachmittags wurden die Kabinen des Kapitäns und von Mister
Kanther gereinigt, die Toiletten ausgekippt. Ab und zu musste er im
Maschinenraum aushelfen und ansonsten einspringen, wo man ihn benötigte. Wenn
nach einem reichlichen Abendessen abgewaschen und die Küche sauber war, durfte
er sich hinlegen, das war meistens so gegen neun, seltener erst um elf.
    William verstand sich mit allen Männern sehr gut, redete
nur wenig und fragte, wenn er etwas nicht wusste. An seinem freien Nachmittag
saß er an Deck, schaute über das Meer. Er hatte eine Stelle weit ab von den
anderen, wo er allein sein konnte. Seine Gedanken wanderten zu seiner Familie,
den Freunden. Er liebte es, das aalglatte Meer zu beobachten, gelegentlich die
leicht kabbeligen Wellen. Hin und wieder überflogen Möwen oder andere Vögel das
Schiff. In der Ferne erspähte er andere Schiffe, Frachter.
    Abends leuchtete ein Sternenhimmel, den er so noch nie
gesehen hatte. Er malte die Sternenbilder auf ein Blatt Papier. Irgendwann
wollte er wissen, was er für Sterne dort gesehen hatte. Er beobachtet, wie der
Mond zur Scheibe wurde, anschließend zu einer schmalen Sichel und schließlich
nicht zu sehen war. Er liebte diese klaren Nächte, mit der frischen Luft, dem
einzigartigen Licht, dem wie mit Diamanten überzogenen Himmel. Er liebte die
schwarze, unendlich scheinende Wasseroberfläche, die wie Öl glänzte, in der
sich der Mond zeitweise silbrig spiegelte. Bisweilen sah der Ozean

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