Weiße Nana / Mein Leben für Afrika
ihre Augen gesehen und so viel Freundlichkeit und Wärme entdeckt, dass ich entschlossen war, zu tun, was in meinen Möglichkeiten stand.
Diese Menschen machten es mir, als sie merkten, dass es mir ernst war, unglaublich leicht, mit ihnen in Kontakt zu kommen. Die Frauen schlossen mich lachend ein in ihren Kreis, und ehe ich mich versah, saß ich abends neben ihren Kochstellen, half mit,
Yam
zu schälen und in Stücke zu schneiden, schaute zu, wie sie Fische schuppten, fragte: »Was heißt dies, was heißt jenes?«, und schrieb die Begriffe in der Stammessprache Twi in mein Notizbuch.
Mit diesem Notizbuch in der Hand ging ich am nächsten Morgen durch das Dorf und grüßte hier und grüßte dort, erntete fröhliches Lachen und herzliche Erwiderungen, und wenn ich etwas nicht richtig aussprach, dann verbesserten sie mich gut gelaunt. Ich löcherte den Medical Officer mit meinen Fragen, plünderte meine Reiseapotheke, fragte mich zornig, warum es hier an allem fehlte und warum nicht einmal eine Paracetamol-Tablette, die doch nur ein paar Cent kostet, hier zu finden war. Wo gehen denn die ganzen Spendengelder hin?, fragte ich mich ein ums andere Mal, wohin das viele Geld für Entwicklungshilfe, wie kann es sein, dass es hier an allem, aber wirklich buchstäblich an allem fehlt?
Bei diesem ersten Aufenthalt in Apewu lernte ich jemanden kennen, der für die weitere Entwicklung meines Engagements in Afrika von allergrößter Bedeutung sein sollte, den Ghanaer Emmanuel Stephenson Kwame Kumadey. Er kam aus der östlich gelegenen Stadt Ho. Als gelernter Building Technician – auch hier gibt es keine deutsche Entsprechung, es ist eine praxisorientierte Ausbildung irgendwo zwischen einem Maurer und einem Architekten – arbeitete er für die Organisation, über die ich nach Ghana gekommen war. Wir lernten uns kennen, und uns war beiden sehr schnell klar, dass dies eine Freundschaft fürs Leben sein würde. So unterschiedlich unsere Lebenswege bislang auch verlaufen waren, so viele Gemeinsamkeiten entdeckten wir.
Er merkte rasch, dass ich anders war als die anderen weißen Volunteers, die zwar gerne halfen, aber umso mehr missionierten und nebenbei ihren Urlaub genießen wollten. Auch anders als die Weißen sonst, die nach dem Gießkannenprinzip mal hier etwas an Finanzmitteln ausschütten und mal dort. Er spürte meinen Zorn über die üblen Verhältnisse, in denen die Menschen hier zu leben gezwungen waren, und meine Entschlossenheit, dies nicht schicksalsergeben hinzunehmen. Und das Wichtigste für ihn war wohl, dass ich echtes Interesse für die Menschen um mich herum empfand, dass ich herausfinden wollte, wie sie leben, was ihnen wichtig ist und was ihnen fehlt. Für mich war er ein wunderbarer Mittler zwischen dieser mir doch noch recht fremden Welt und ein geduldiger Übersetzer, wenn ich in Gesprächen mit den
Chiefs
herausfinden wollte, wie sie dachten und was ihrer Meinung nach die Menschen hier am dringendsten brauchten.
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3. Emmanuel Stephenson Kwame Kumadey
Doch er blieb nicht der Einzige, der mir bereits in meiner ersten Zeit half. Später erfuhr ich, dass ein Pastor dem
Chief Odikro
, dem »Bürgermeister« von Apewu, ans Herz gelegt hatte, sich mit mir anzufreunden. Die Tür des Chiefs stand mir von Anfang an offen, und besonders seine Frau nahm sich meiner an. Mit ihrer Hilfe lernte ich, mich wie eine Afrikanerin zu kleiden: Zuerst schlang ich mir einfach ein Tuch um die Hüften, so wie es sich für jede Afrikanerin gehört. Später kaufte ich mir einige Meter Stoff und ließ mir daraus dieses typische, zweiteilige Gewand aus Rock und einem Oberteil, Kaba genannt, nähen. Dazu trägt man zu besonderen Anlässen ein Tuch, das man sich um den Kopf schlingt: den Duku. Ich merkte, dass es Sinn macht und viel angenehmer ist, sich so zu kleiden, nicht umsonst tun es die Frauen in Ghana ja auch so. Außerdem lernte ich, mit drei Fingern der rechten Hand zu essen, ich schnappte immer mehr Wörter in ihrer Sprache auf, bis ich schon kleine Unterhaltungen führen konnte.
Tagsüber arbeitete ich weiter in der Buschklinik und besuchte Menschen in ihren Hütten, die zu schwach waren, um zu mir zu kommen. Die Hütten, in denen die Menschen leben, bestehen aus einem einzigen, drei auf drei Meter kleinen Raum. Durch einen Vorhang abgetrennt steht das Bett in einer Ecke, der Rest des Raumes wird als »Wohnzimmer« genutzt. Bei jedem meiner Besuche wurde ich unglaublich herzlich empfangen. Kam ich zu
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