Weiße Nana / Mein Leben für Afrika
Frauen holten es nämlich aus einem verseuchten Bach.
»Wir können hier so weitermachen bis in alle Ewigkeit«, sagte ich eines Abends zu Emmanuel, »wenn wir das Übel nicht an der Wurzel packen.«
»Das stimmt«, sagte er. »Doch was willst du tun?«
»Das Dorf braucht einen Brunnen«, sagte ich.
Emmanuel lachte. Es war ein trauriges Lachen.
»Schau dir den Weg hier herunter an«, sagte er, »glaubst du im Ernst, hier kann ein Bohrfahrzeug langfahren?«
Er hatte natürlich recht. Für so ein schweres Fahrzeug war es ganz und gar unmöglich, den abschüssigen und steilen Trampelpfad herunterzufahren.
»Und weißt du auch«, fuhr Emmanuel fort, »was so ein Brunnen kostet?«
»Nein«, erwiderte ich fröhlich, »aber du wirst es mir sicher gleich sagen.«
Emmanuel schwieg und blickte bedrückt vor sich hin.
»Viel zu viel«, sagte er. »So viel Geld kannst du sicherlich nicht aufbringen.«
Das wollen wir doch mal sehen, dachte ich. Da muss es doch eine Lösung geben! Aber ich schwieg. Mir wurde klar, dass ich hier noch einiges zu erledigen hatte.
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Kapitel 3
Königin der Entwicklung
Pünktlich um neun erscheinen die Zwillinge Pamela und Pearl, meine wunderbaren, stets freundlichen und höchst effizienten Sekretärinnen. Sie kümmern sich um die komplizierte Buchhaltung von Madamfo Ghana e.V. Von Cedi, der ghanaischen Währung, müssen die Kostenvoranschläge in Euro umgerechnet werden, wobei der Wechselkurs schwankt wie eine Palme im Wind. Dann sortieren die Zwillinge alle Belege für unsere Projekte und heften sie ab. Für den Bau einer Klinik können diese Papiere dann schon mal drei Koffer füllen, in denen Victor oder Emmanuel sie nach Abschluss des Projektes ins Büro transportieren. Mir ist die exakte und genaue Dokumentation von dem, was wir hier ausgeben und an Mitteln verwenden, extrem wichtig. Ohne Pamela und Pearl würden wir wohl in unsortierten Belegen untergehen.
Dann kommt Victor, neben Emmanuel mein wichtigster Mitarbeiter, dem ich vertraue wie meiner eigenen linken Hand. Hochaufgeschossen und dünn wie ein Spargel tritt er zum Tor herein, ein breites Lächeln auf dem Gesicht. Die Zwillinge Victor und Emmanuel, das ist der harte Kern von Madamfo Ghana. Ohne Emmanuel und Victor könnte ich gar nichts erreichen.
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4. Das Leitungs-Team von Madamfo Ghana. Von l. nach r.: Victor Manu, Bettina Landgrafe, Emmanuel Stephenson
Sie sind immer vor Ort, meine Kontaktpersonen in all unseren Projektregionen und führen jedes einzelne unserer Projekte durch.
Beide kenne ich schon sehr lange. Emmanuel begegnete ich ja gleich an meinem ersten Tag in Apewu, und Victor stieß nicht viel später zu uns. Sie sammelten über viele Jahre Erfahrung im Bereich Entwicklungshilfe, hatten für alle möglichen Organisationen gearbeitet, mussten mit ansehen, wie Dinge falsch angepackt und in den Sand gesetzt wurden, und es gab viele Monate in ihrem Leben, die sie sich engagierten, aber das ihnen zustehende Gehalt nicht sahen. Als sie selbst die Erfahrung machten, dass ich niemals Versprechungen mache, die ich nicht halten kann, arbeiteten sie die ersten Jahre umsonst mit mir zusammen. Beide investierten ihre komplette Zeit in unsere Projekte, weil sie mir vertrauten und sahen, dass der Weg, den ich gehen wollte, der richtige war. Sie sind erfüllt von dem Wunsch, ihren Landsleuten zu helfen.
Inzwischen bin ich überglücklich, ihnen heute einen bescheidenen Lohn, Sozialversicherung und Krankenversicherung inklusive, bezahlen zu können, denn ohne diese Vermittler vor Ort wäre keines der Projekte von Madamfo Ghana möglich. Zum einen kennen die beiden natürlich bei weitem viel besser die Denkweise ihrer Landsleute und wissen, wie sie welches Thema am besten anpacken müssen. Zudem haben die Menschen auch in entlegeneren Gebieten Afrikas bereits erleben müssen, dass Weiße kommen und alles besser zu wissen glauben. Ganz klar, dass viele inzwischen misstrauisch werden, wenn ein
Obroni
, also ein Weißer, mit gutgemeinten Vorschlägen kommt.
Auf geschäftlicher Ebene wird außerdem alles auf der Stelle um ein Vielfaches teurer, sehen die Geschäftspartner weiße Haut. Neben vielen anderen Aufgaben ist die wichtigste Funktion meiner beiden Mitarbeiter, im Land die Arbeiten an den inzwischen zahlreichen Projekten zu organisieren und zu überwachen – sei es der Bau einer Toilette, einer Schule, eines Kindergartens, eines Krankenhauses, eines Brunnens oder ein ganz anders gelagertes,
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