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Weißer Fluch: Band 1 (German Edition)

Weißer Fluch: Band 1 (German Edition)

Titel: Weißer Fluch: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Black
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einen dritten Drink ein. Die Typen amüsieren sich köstlich.
    » Du kommst mit « , sagt Großvater leise zu mir.
    Dies Mal geht der Wodka runter wie Wasser. Ich trete von der Bar zurück und tue so, als würde ich leicht taumeln. Mir ist schwindelig vor Zuversicht. Ich bin Cassel Sharpe. Mein Mund möchte die Worte sagen. Ich bin schlauer als alle anderen und ich habe an alles gedacht.
    » Alles okay? « , fragt Anton. Er sieht mich an, als fürchte er, ich wäre betrunken. Sein gesamter Plan hängt von mir ab. Ich gucke so ausdruckslos wie möglich und hoffe, dass ihn das in Panik versetzt. Wieso soll ich hier der Einzige sein, dem es schlecht geht?
    Großvater zieht mich zu den Flügeltüren, weiteren eintreffenden Gästen entgegen. » Er kann seinen Rausch im Auto ausschlafen. «
    » Ich muss nur noch mal auf die Toilette « , sage ich zu Großvater. » Bin gleich zurück. «
    Er sieht mich wütend an.
    » Bitte « , sage ich. » Die Fahrt ist lang. « Die Wanduhr zeigt halb elf. Gleich tritt Anton seinen Dienst als Zacharovs Bewacher an. Barron sucht mich wahrscheinlich schon. Aber keiner weiß, wann Zacharov auftauchen wird. Vielleicht hat er eine Blase aus Eisen.
    » Ich begleite dich « , sagt Großvater.
    » Du kannst dich schon drauf verlassen, dass ich beim Pinkeln keinen Unsinn mache. «
    » Schön wär’s « , kontert er.
    Gemeinsam machen wir uns auf den Weg zu den Toiletten, die in der Nähe der Küche liegen, sodass wir durch den dunklen fensterlosen Bereich hinter der Bar gehen müssen. Als ich mich umsehe, entdecke ich Zacharov, bei dem sich eine schöne Frau mit langem honigfarbenem Haar eingehängt hat. Die Rubine an ihren Ohren funkeln noch heller als der blassrote Edelstein auf seiner Krawatte. Gleichzeitig versichern ihm mehrere Gäste ihre Unterstützung und schütteln ihm die Hand– Lederhandschuh an Lederhandschuh.
    In der Menge glaube ich auch sie zu sehen. Lila. Ihr Haar leuchtet weiß im Lampenlicht. Ihr Mund ist blutrot geschminkt.
    Sie sollte eigentlich noch gar nicht da sein. Sie wird alles ruinieren.
    Ich schwenke um in Richtung Buffet. Ich will zu ihr. Als ich dort ankomme, ist sie weg.
    » Und was nun? « , fragt Großvater.
    Ich stopfe mir ein Syrniki mit Rosengeschmack in den Mund.
    » Ich schnorre noch was zu essen « , antworte ich. » Wenn du so bescheuert bist und mich nichts essen lässt. «
    » Ich weiß, was du vorhast « , sagt er. » Du siehst dauernd auf die Uhr. Schluss jetzt, Cassel, entweder du gehst jetzt pissen oder du lässt es. «
    » Na dann « , sage ich und gehe zur Toilette. Zwanzig vor elf. Ich weiß nicht, wie viel Zeit ich noch schinden kann.
    Auf der Toilette sind noch einige andere Männer, die sich vor den Spiegeln kämmen. Ein magerer Typ mit verquollenen Augen zieht auf dem Waschtisch eine Line Koks. Er sieht nicht mal auf, als ich die Tür öffne.
    Ich gehe in die erste Kabine, setze mich auf den Klodeckel und versuche, mich zu beruhigen.
    Auf meiner Uhr ist es Viertel vor elf.
    Will Lila etwa, dass die ganze Sache schiefgeht? Habe ich sie eben wirklich gesehen oder nur aus meinen Ängsten heraufbeschworen? Ich ziehe das Jackett aus, knöpfe mein Hemd auf und klebe mir die Packung Theaterblut direkt auf die Haut. Ich bereite mich schon seelisch darauf vor, dass mir der Kleber später beim Abziehen die Haare ausreißt. Den Draht schiebe ich durch die Naht meiner Hosentasche und befestige auch ihn mit Klebeband, damit ich gut an den Auslöser komme.
    Dreizehn vor elf.
    Dann suche ich die Flasche mit Kotze hinter der Toilettenschüssel. Sie ist da, aber ich habe keine Ahnung, wer von ihnen sich nun dafür geopfert hat. Bei der Vorstellung muss ich lächeln.
    Zwölf Minuten vor elf. Ich verbinde den Draht mit dem Auslöser.
    » Alles klar da drin? « , ruft Großvater. Jemand kichert.
    » Nur noch einen Moment « , rufe ich.
    Ich mache ein würgendes Geräusch und kippe die Hälfte der Kotzflasche ins Klo. Der essigartige Gestank von drei Tage alter Kotze breitet sich aus. Ich würge wieder, diesmal ist es echt.
    Ich leere die Flasche und klebe sie sorgfältig wieder hinter die Kloschüssel. Dafür muss ich mich bücken, es ist grauenvoll. Wieder muss ich würgen.
    » Was ist los mit dir? « Großvater klingt nicht mehr ungeduldig. » Cassel? «
    » Alles in Ordnung « , sage ich und spucke.
    Dann drücke ich auf die Spülung, knöpfe mein Hemd wieder zu und ziehe das Jackett darüber, das ich jedoch offen lasse.
    Die Tür geht auf und ich höre Antons

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