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Weißer Schatten

Titel: Weißer Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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Tag ausgeklungen war, entschied Carel, dass es Zeit
     war, sich an mich zu wenden. Er wartete auf einen ruhigen Augenblick und bedachte mich dann mit einem vertraulichen Lächeln.
    »Jetzt wissen wir also, wie die Geister aussehen, Mr. Lemmer.«
    Für einen Moment hatte ich keine Ahnung, wovon er sprach. Dann begriff ich. Er hatte schon vorher mit
Body Armour
zu tun gehabt, aber etwas falsch verstanden.
     
    Jeanette Louw ist eine Lesbe in den Fünfzigern, mit wallendem, blondiertem Haar, eine Kettenraucherin – Gauloise war ihre
     Marke – mit einer Leidenschaft dafür, kürzlich geschiedene, zutiefst verletzte heterosexuelle Frauen zu verführen. Aber dahinter
     verbargen sich ein scharfer Intellekt und ein ausgezeichneter Geschäftssinn.
    Sie war die legendäre Regimental Sergeant-Major des Women’s Army College in George gewesen, bevor sie sich vor sieben Jahren
     hatte abfinden lassen. Nach mehreren Monaten Marktrecherche hatte sie ihre eigene Firma im sechzehnten Stock eines luxuriösen
     Bürogebäudes an der Cape Beachfront eröffnet. Auf der gläsernen Doppeltür, durch die man Jolene Freylinck sehen konnte, die
     manikürte Empfangsdame, stand in fetten Buchstaben
BODY ARMOUR
und darunter in schlanken Lettern
Personenschutz
.
    Anfangs waren ihre Mandanten ausländische Geschäftsleute, die höherrangigen Mitarbeiter internationaler Firmen, die herkamen,
     um herauszufinden, wie man in Afrika auf die Schnelle ein wenig Geld verdienen konnte. Ihre diplomatischen Vertretungen hatten
     ihnen in vertraulichen Berichten zugeflüstert, das Land sei stabil genug für Investitionen, aber die Sicherheit auf der Straße
     entspreche nicht ganz dem westlichen |29| Standard. Jeanette richtete ihr Marketing auf die Diplomaten aus, die Attachés und Konsuln, die Botschaftsangestellten und
     -mitarbeiter. Wollten deren wichtige Besucher lieber die lange Liste persönlicher Gefahren vermeiden – Raubüberfälle, Autoentführungen,
     Angriffe, Vergewaltigungen, Entführungen, Einbrüche?
Body Armour
war die Antwort. Ihre ersten paar Klienten kamen sicher zurück nach Hause, und der Kundenkreis wuchs. Mit der Zeit engagierte
     das gesamte Spektrum von Osten bis Westen ihre Leute: Japaner, Koreaner, Chinesen, Deutsche, Franzosen, Briten und Amerikaner.
    Dann begannen die Ausländer, am Kap Filme zu drehen, und die Popstars dieser Welt kamen her, um den Buren Konzerttickets zu
     verkaufen. Die Kundenliste bekam eine neue Dimension. Schnappschüsse von Jeanette mit Colin Farrell, Oprah, Robbie Williams,
     Nicole Kidman und Samuel L. Jackson hingen an ihren Wänden. Sie saß hinter ihrem Schreibtisch und erzählte von den großen
     Fischen, die sie nicht ins Netz gekriegt hatte. Will Smith mit seiner riesigen Entourage inklusive seiner eigenen US-Bodyguards,
     die ihn umschwirrten wie afrikanische Lobsänger. Sean Connery hatte sich ihre ewige Bewunderung verdient, indem er ihren Dienst
     ablehnte mit den Worten: »Sehe ich etwa aus wie ein verdammter Schlappschwanz?«
    Jeanettes Portfolio ausgewählter freiberuflicher Bodyguards gliederte sich wie bei allen derartigen Firmen in der ganzen Welt
     in zwei Kategorien. Zunächst waren da die abschreckenden Riesen – höchst sichtbar, muskelbepackt, Kolosse mit dicken Hälsen
     und randvoll mit Steroiden –, die Berühmtheiten begleiten und den Pöbel in Schach halten, indem sie bedrohlich aussehen. Ihre
     einzige Qualifikation waren Bizeps und Brustumfang sowie die Fähigkeit, finster vor sich hin zu starren.
    Der andere Teil von Jeanettes Diensten bestand aus Jobs, die schwieriger und unauffälliger zu erledigen waren und die vor
     allem aus eingebildeten Bedrohungen bestanden. Die Mitarbeiter, die das erledigten, mussten dem Ego des Kunden mit |30| einem
C urriculum Vitae
schmeicheln, das sowohl eine anerkannte Ausbildung als auch große Erfahrung verriet. Sie bewahrten die Illusion einer Gefahr,
     indem sie sich am Rande hielten, beobachteten und evaluierten. Manchmal arbeiteten sie in Teams von zwei, vier oder sechs,
     mit kleinen verborgenen Ohr-Mikrofonen. Manchmal arbeiteten sie allein, je nachdem, wie groß die zu beschützende Gruppe war,
     um wie viel Geld es ging und worin die Bedrohung bestand. Sie mussten sich in die Umgebung einfügen können, durch die der
     Klient sich bewegte, sie tauchten nur im richtigen Augenblick auf, um höfliche Vorschläge zu flüstern. Der Kunde erwartete
     das, weil es im Film und Fernsehen immer so aussah. (Ich hatte sogar einmal

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