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Weißes Gift im Nachtexpreß

Weißes Gift im Nachtexpreß

Titel: Weißes Gift im Nachtexpreß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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fliehen vor ihm.“
    Irene seufzte. „Du hast ja so recht.
Ja, es ist wahr.“
    Makbule deutete auf Irenes Gepäck.
„Rauschgift da drinnen?“ fragte sie.
    „Es sind fünf Kilo Heroin. Das ist eine
Million Mark wert, Makbule.“
    „Du geben alles Polizei.“
    „Aber nein! Ich will es verkaufen. Ich
möchte endlich mal Geld in der Hand haben.“ Sie erzählte, was sie erlebt hatte
mit den Dealern, und wie die ihr drohten.
    „Du nicht tun. Rauschgift Polizei geben , sonst du tot. Böse Menschen, sehr böse. Gehen über
Leichen. Du nicht gut als Leiche.“
    Irene schauderte. „Ich will ja nur 200
000 Mark. Kennst du irgendwen — aus der Drogenszene?“
    „Ich nicht kennen solche Menschen.
Irene, ich dich bitten: Alles bringen zu Polizei. Und sagen, daß Dealer kommen
um Mitternacht in deine Wohnung. Das besser für dich, besser für alle Menschen,
auch besser für Fixer, besser für Gewissen, besser für gut schlafen, besser für
sehen in Spiegel und nicht schämen.“

    Irene lächelte und nahm noch ein Täßchen
vom türkischen Mokka. Er war stark und süß — ein orientalisches Märchen.
    Vor dem Hinterhof-Fenster ging die
Abenddämmerung über in das Dunkel einer Regennacht. Den ganzen Sonntag hatte es
geregnet, für morgen war Schönwetter vorhergesagt.
    Irene sah Makbule an. Warmherzige Augen
im runden Gesicht der jungen Türkin. Viel Arbeit, karger Lohn — aber sie war
immer fröhlich. Ihre Hilfsbereitschaft, ihre Gastlichkeit waren für Irene eine
ganz neue Erfahrung.
    „Vielleicht hast du recht, Makbule. Ich
glaube, ich habe mir was vorgemacht. Der Traum vom großen Geld! Wie heißt es
doch immer: Mit Ehrlichkeit wird man nie das ganz große Geld verdienen. Mag ja
sein. Aber auch das Betrügen und Begaunern muß man können — für mich ist es
nichts.“

24. Tränengas
     
    An diesem Sonntagabend — o Wunder! —
zogen Tim und Klößchen sich ungewöhnlich früh ins Sauerlichsche Knabenzimmer
zurück. Mit der Begründung, morgen sei ja nun Schule, leider, und eingedenk des
Hinweges müsse man früh aus den Federn.
    Sauerlichs fanden das in Ordnung, im
übrigen hatten sie andere Sorgen.
    Elke Streiwitz lag in einem
narkoseartigen Schlaf; Dieter rührte sich nicht aus seinem Zimmer, wo er
nachdachte über seine Tat; Manfred Streiwitz wachte am Bett seiner Frau, war
aber dreimal zu Hermann gekommen und hatte sich entschuldigt für die
Unannehmlichkeiten, die durch ihren Besuch entstanden.
    Um 22.20 Uhr schlichen Tim und Klößchen
zur Hintertür, gehüllt in ihre Windjacken und gefährlich bewaffnet.
    Klößchen hatte einen Tränengas-Spray in
der Hosentasche, Tim nahm wie immer seine Kung-Fu-gestählten, karate-gehärteten
Fäuste mit.
    Sie holten ihre Drahtesel aus der
Garage, fuhren Tempo zur Innenstadt und trafen Karl an der Ecke Wittelsburger
Straße. Auch er war kampfmäßig ausgestattet — mit einem Baseballschläger, der
am Griff ende verkürzt, das heißt abgebrochen war. Trotzdem konnte man damit
kloppen.
    „Hast du die Schlüssel mit?“ fragte
Karl.
    „Logo.“
    Und weiter ging’s zur Armie-Gasse, die
so verlassen dalag wie ein Mondkrater.
    „Die Tretmühlen“, meinte Tim, „können
wir hinter der Hofmauer verstecken.“
    Getan — und schon standen sie an der
Haustür. Tim schloß auf. Sie horchten ins Treppenhaus. Dann flitzten sie
hinauf.
    Im vierten Stock benutzte Tim den
anderen Schlüssel, und sie traten in die Wohnung von Bert und Irene Hansen.
    Tim knipste die Lampen an. Die drei
sahen sich um. Nichts war ordentlicher geworden. In der Küche stand noch ein
Glas Milch auf dem Tisch.
    „Wir verteilen uns strategisch“, sagte
Tim. „Ich hinter der linken Tür, Karl hinter der rechten; Willi — du kommst aus
der Küche. Es sind zwei, wie wir wissen. Profi-Ganoven, also brutal und
gewieft. Unser Vorteil ist die Überraschung. Wir müssen sie im Griff haben,
bevor sie zur Pistole greifen. Willi sprüht, was sie blind macht. Ich werfe sie
zu Boden. Karl schlägt zu, falls einer die Hand an der Waffe hat. Natürlich
haust du auf die Hände — nicht auf die Köpfe. Wir wollen ja keinen zweiten Fall
Malchow. Karl, hast du die Stricke mit?“
    „Meterweise Nylonschnur.“
    „Wollen wir nicht doch lieber Kommissar
Glockner herholen — ihn und seine Kollegen?“ meinte Klößchen.
    Tim schüttelte den Kopf. „Wir schaffen
das allein. Gabys Vater hat sich einen freien Sonntagabend verdient. Morgen
beginnt wieder eine harte Woche für ihn.“
    „Ich muß dich enttäuschen“,

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