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Weißglut

Weißglut

Titel: Weißglut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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sie auf Erden so viel Böses angestellt hatten, meinte der alte Mitchell damals. Darum beschlossen sie, lieber hierzubleiben. Und einmal im Monat, in der Vollmondnacht, kamen diese Geister heraus, um mit jedem zu handeln, der mutig genug war, Geschäfte mit ihnen zu treiben.«
    »So wie der alten Mitchell?«
    »So hat er es mir damals erzählt.« Sie lächelte. »Für nur eine Flasche Rum hatte er ihnen ein goldenes Armband abgehandelt. Er hat es einschmelzen und damit seine Zähne vergolden lassen.« Sie lachte. »Ich war so neidisch auf seine goldenen Zähne und wollte unbedingt auch welche haben. Ich bekam einen irrsinnigen Wutausbruch, weil Huff und Chris mich auslachten, als ich welche forderte. Mutter regte sich einfach nur auf.«
    »Zum Glück konnte Ihre Familie Sie davon abbringen.«
    »Zum Glück. Jedenfalls bekam der alte Mitchell für seine Flasche Rum ein goldenes Armband und außerdem eine Rolle Seil. Er sagte, er hätte dem Schiffskapitän, dem schrecklichsten Piraten des ganzen Haufens, erzählt, dass er aus dem Seil eine Schaukel für Miss Sayre machen wollte. Und weil die Schaukel für mich bestimmt war, legte der Pirat noch eine Schiffsplanke obendrauf für den Sitz.« Sie stieß die Schaukel sanft an.
    »Da hat er Ihnen einen ganz schönen Bären aufgebunden.«
    »Ich habe ihm damals jedes Wort geglaubt. Er hatte mich von seinen magischen Kräften überzeugt. Er sagte, er sei bei einer einäugigen Voodoo-Priesterin in die Lehre gegangen, die mit ihrem Panther in den Sümpfen wohnte. Um seinen Hals trug er immer einen kleinen Lederbeutel mit einem Grisgris. Aber das hat er mir nie gezeigt, weil Selma ihm für diesen Fall gedroht hatte, ihm jeden Knochen im Leib zu zerschlagen.
    Er schimpfte immer mit mir, wenn er beim Angeln war. Ich sollte den Mund halten, sonst würde ich die Fische erschrecken. Einmal erwischte er mich hoch oben in diesem Baum«, sagte sie und deutete himmelwärts. »Er befahl mir, sofort herunterzukommen, sonst würde ich noch runterfallen und bis ans Ende meiner Tage im Rollstuhl sitzen müssen.
    Obwohl er oft mit mir schimpfte, war er in meinen Augen mein bester Freund, was meine Mutter schockierte und Selma bis aufs Blut ärgerte. Manchmal durfte ich im Schubkarren fahren, wenn er mit der Arbeit fertig war und seine Geräte zum Gartenschuppen zurückbrachte. Eigenartig«, meinte sie nachdenklich. »Ich habe ihn bei der Beerdigung nicht gesehen. Ich war sicher, dass er kommen würde.«
    »Setzen Sie sich. Ich schubse Sie an.«
    Beck Merchants Angebot riss sie aus ihren nostalgischen Träumen und hatte zur Folge, dass sie sich lächerlich vorkam, weil sie sich derart hatte gehen lassen. »Nein danke.«
    »Okay, dann können Sie mich anschubsen.«
    Er setzte sich auf die Schaukel und hielt sich an den Seilen fest. Lächelnd sah er zu ihr auf und kniff dabei die Augen gegen die Sonne zusammen. Flaschengrüne Augen, wie ihr aufgefallen war. Sie wirkten nicht nur attraktiv, sondern auch intelligent und einfühlsam, und sie wusste nicht, was davon sie am meisten ärgerte.
    Sie gab ihm und seinen Augen einen Korb und spazierte an der Schaukel vorbei auf das Wasser zu, das träge, aber unaufhaltsam dem Golf entgegentrieb. Über dem schlammigen Gewässer lag immer ein leichter Geruch nach Meer. Am Ufer gegenüber erhob sich mit ärgerlichem Flügelschlag ein Pelikan.
    Eine leichte Brise strich durch die fedrigen Zweige der Zypressen und ließ das spanische Moos erzittern, aber der Wind war nicht einmal stark genug, um das kräftigere Laub der Eichen zu bewegen.
    Ihre Absätze sanken in den schwammigen Untergrund ein. Sie schlüpfte aus den Schuhen und trug sie an den schmalen Riemen in der Hand. Der Schlamm drückte kühl gegen ihre Fußsohlen. Wäre sie nicht in Begleitung gewesen, hätte sie sich am liebsten hineingelegt.
    »Hab ich was Falsches gesagt?«, fragte er.
    Sie drehte sich zu ihm um. »Hören Sie auf, Ihren Charme spielen zu lassen, okay? Ich bin dafür nicht empfänglich. Ich bin unter charmanten Männern aufgewachsen. Ich weiß aus erster Hand, wie verlogen ihr Charme sein kann. Jedenfalls, Mr. Merchant, hat er für mich schon lange jeden Reiz verloren.«
    »Nennen Sie mich Beck. Und was genau hat für Sie jeden Reiz verloren? Der Charme oder die Männer?«
    Die Schaukel flog nicht besonders hoch, aber er schaukelte tatsächlich darauf, was sie maßlos verstimmte. »Ich kann Sie nicht ausstehen.«
    »Aber Sie kennen mich doch gar nicht.«
    Sie lachte freudlos. »Und

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