Weißglut
Geschäftsmann zu sein. Ein Waschlappen. Immer hat er demjenigen Recht gegeben, der das letzte Wort hatte. Er ließ sich viel zu leicht umstimmen.«
»Ein Charakterzug, den du oft für dich ausgenutzt hast«, rief ihm Beck ins Gedächtnis.
Huff schniefte zustimmend. »Verdammt noch mal, das kann ich nicht leugnen. Er wollte alle glücklich machen. Ich wusste das, und ich habe das zu meinem Vorteil ausgenutzt. Danny hat nur nie kapiert, dass man nicht alle glücklich machen kann. Sobald du das versuchst, kriegst du eins auf die Mütze.
Leider war ich nicht der Einzige, auf den er gehört hat. Ich will nicht schlecht über ihn sprechen, aber ich habe noch nie ein Blatt vor den Mund genommen. Ich kann den Charakter meiner Kinder ganz ehrlich einschätzen, und Danny war schwach.«
Beck widersprach zwar nicht, aber »schwach« war seiner Meinung nach nicht das richtige Wort, um Dannys Charakter zu beschreiben. Gut, er war seinen Gegnern nicht an die Gurgel gegangen, wie es sein Vater und sein Bruder taten und – ganz nebenbei – auch Beck selbst. Aber Sanftmut hatte ebenfalls Vorteile. Er machte einen nicht unbedingt schwach. Im Gegenteil, Danny hatte fest zu seiner Überzeugung gestanden, wo für ihn die Grenze zwischen Richtig und Falsch verlief.
Beck fragte sich, ob er vielleicht ein Opfer seiner strengen Moralvorstellungen geworden war.
Huff zog ein letztes Mal an seiner Zigarette und drückte sie dann aus. »Ich sollte wieder zu meinen Gästen gehen.«
Sie standen auf, und Beck sagte: »Ich habe gestern Abend eine Akte auf den Schreibtisch in deinem Zimmer gelegt. Wahrscheinlich hattest du noch keine Zeit, einen Blick hineinzuwerfen.«
»Nein. Worum geht es?«
»Ich wollte dich nur darauf aufmerksam machen. Wir können später darüber sprechen.«
»Gib mir einen Hinweis.«
Beck wusste, dass Huff stets ein offenes Ohr für geschäftliche Dinge hatte, selbst an dem Tag, an dem er seinen Sohn zu Grabe trug. »Hast du schon mal von jemandem namens Charles Nielson gehört?«
»Glaube nicht. Wer ist das?«
»Ein Anwalt für Arbeitsrecht.«
»Saukerl.«
»Die zwei Worte sind Synonyme«, bestätigte Beck mit einem spröden Lächeln. »Er hat uns einen Brief geschrieben. Eine Kopie liegt der Akte bei. Ich muss wissen, wie ich darauf reagieren soll. Die Sache ist nicht dringlich, aber wir müssen uns damit befassen, also wirf möglichst bald einen Blick darauf.«
Seite an Seite gingen sie zur Tür. »Ist er gut, dieser Nielson?«
Beck zögerte. Als Huff das bemerkte, machte er eine Geste, die so viel bedeutete wie »Raus mit der Sprache« .
»Er hat in anderen Landesteilen einen ziemlich guten Ruf« , sagte Beck. »Aber wir werden schon mit ihm fertig.«
Huff schlug ihm auf den Rücken. »Ich vertraue dir voll und ganz. Wer dieser Hurensohn auch ist oder für wen er sich hält – wenn du mit ihm fertig bist, ist er nur noch ein Fliegenschiss an der Wand.«
Er öffnete die Tür zum Flur. Jenseits des breiten Korridors konnten sie in den Salon sehen, den Laurel wegen der teuren Fenster als Wintergarten eingerichtet hatte. Sie hatte ihn mit Farnen, Orchideen, Veilchen und anderen tropischen Pflanzen gefüllt. Der Raum war ihr ganzer Stolz gewesen und auch der des örtlichen Gartenvereins, den sie über viele Jahre geleitet hatte.
Nach ihrem Tod hatte Huff einen Gärtner in New Orleans beauftragt, einmal pro Woche nach Destiny zu kommen und die Pflanzen zu versorgen. Er zahlte ein üppiges Honorar, hatte aber zugleich damit gedroht, die Firma zu verklagen, falls die Pflanzen eingehen sollten. Der Raum war immer noch der schönste im ganzen Haus und wurde gleichzeitig am seltensten genutzt. Die Männer, die hier wohnten, betraten ihn so gut wie nie.
Im Moment jedoch hielt sich jemand darin auf. Sayre saß an dem kleinen Flügel, den Rücken ihnen zugewandt, den Kopf über die Tasten gebeugt.
»Kannst du sie dazu kriegen, mit mir zu reden, Beck?«
»Ich konnte sie kaum dazu bekommen, mit mir zu reden.«
Huff schubste ihn durch die Tür. »Lass deinen Charme spielen.«
Kapitel 4
»Spielen Sie?«
Sayre drehte sich um. Die Hände in den Hosentaschen vergraben, kam Beck Merchant ins Zimmer geschlendert. Als er vor ihrer Klavierbank angelangt war, tat er so, als erwartete er, dass sie zur Seite rutschte und ihm Platz machte. Sie reagierte nicht auf die stumme Aufforderung und blieb eisern sitzen.
»Etwas würde ich gern wissen, Mr. Merchant.«
»Ich auch. Nämlich warum Sie mich nicht Beck
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