Weites Land der Sehnsucht: Australien-Roman (German Edition)
Zeit, zurück nach Sydney zu kommen.«
» Nun, Jeremy«, antwortete Anthony, » die Telefonverbindung riss ab, bevor ich Angus meine Ankunftszeit durchgeben konnte, und außerdem hatte ich ja keine Ahnung, dass du hier sein würdest. Ehrlich gesagt war es reines Glück, dass mich einer dieser Typen, die das Gebiet hier überfliegen, mitgenommen hat.«
» Ich würde auch gerne dafür bezahlen, wenn sie mich mitnehmen würden.« Jeremy beugte sich über den Tisch.
Sarah blickte durch das Fenster über der Spüle auf das schmutzige Wasser, das in der Nachmittagssonne glitzerte. » Möchte jemand etwas zu Mittag essen?«, fragte sie lahm.
» Das glaube ich dir, aber im Moment gehen Notfälle vor. Die Helikopter retten Menschen, die von der Flut eingeschlossen sind und alles verloren haben.«
Anthony klang sehr selbstsicher, dachte Sarah, während sie Ungezieferspray, Wasserreinigungstabletten und Antibiotika auf die Küchenspüle stellte. Er hatte recht– Notfälle kamen zuerst.
» Aber in ein paar Tagen kommt der Helikopter auf jeden Fall wieder zurück«, unterbrach Ronald ihn. » Wir können ja vorher Bescheid sagen, dass sie jemanden mitnehmen sollen.«
» Genau. Danke, Ronald«, sagte Jeremy.
» Kein Problem. Sarah, schaust du mal nach deiner Mutter? Vielleicht will sie ja etwas essen.«
» Okay, Dad.« Sarah wollte zwar eigentlich Jeremy und Anthony nicht miteinander allein lassen, andererseits wollte sie aber auch vermeiden, dass ihre Mutter in die Küche kam und Anthony einen Vortrag hielt. Sie hatte sich seit ihrer Evakuierung aus West Wangallon wieder beruhigt, aber sie wirkte doch verwirrter als sonst. » Ja, ich schaue mal rasch nach Mum.« Ihr Vater folgte ihr aus der Küche. Anthony blickte ihr lächelnd hinterher.
Sue saß in einem der Gästezimmer und strickte an einem Pullover. Sarah war sich ziemlich sicher, dass sie schon vergangenes Weihnachten an diesem Stück gestrickt hatte. » Wie geht es dir, Mum? Brauchst du etwas?«
Das Klappern der Stricknadeln hörte auf, und Sue blickte aus dem Fenster. » Angie hat mir gerade gesagt, wenn das Wasser zurückgegangen ist, könnten wir Stiefmütterchen pflanzen. Eine gute Idee, findest du nicht?«
Sarah folgte dem Blick ihrer Mutter. » Angie? Meinst du Granny Angie?«
» Ja, natürlich, Sarah. Wen sollte ich sonst meinen?«
Sarah zog die schweren gelben Vorhänge weit auf. Das Wasser draußen war braun. » Mum, Granny Angie ist doch tot. Weißt du nicht mehr? Sie hatte Asthma. Der Arzt hat doch gesagt, es läge an der trockenen Luft hier.«
Sue begann wieder zu stricken. » Nun, sie ist nie weggegangen, und wir werden Stiefmütterchen pflanzen.«
In gewisser Weise hatte ihre Mutter recht. Granny Angie hatte ihr ganzes Leben lang an Asthma gelitten, aber sie hatte sich immer geweigert, Wangallon zu verlassen. Und eines Nachmittags war sie einfach gestorben, weil sie keine Luft mehr bekommen hatte. Sie hatten sie in ihrem geliebten Garten gefunden, mitten zwischen den Geranien. » Stiefmütterchen sind eine gute Idee«, stimmte Sarah zu und tätschelte ihrer Mutter die Schulter. » Das würde Granny Angie bestimmt gefallen.«
Alleine in der Küche blickten Jeremy und Anthony sich an, dann sagte Jeremy: » Ich habe mich schon gefragt, wann wir uns endlich kennenlernen würden. Du scheinst ja eine ziemlich wichtige Figur hier zu sein. Sarah hat mir viel von Wangallon und dir erzählt.«
Anthony schenkte sich ein Glas Wasser ein. » Nun, ich bin schon ziemlich lange hier.« Sarahs aktuelle Flamme war also ein Yuppie. Er sah aus wie ein adretter Typ aus der Stadt.
» Und du kanntest auch Cameron?«, fragte Jeremy. Eine Unterhaltung mit Anthony stand nicht gerade ganz oben auf der Liste seiner Lieblingsbeschäftigungen. Sarah hatte viel von den alten Zeiten erzählt, und Jeremy wusste genau, wie viel ihr die jährliche Weihnachtskarte von Anthony bedeutete. Er fragte sich, ob ihre Beziehung jemals über Freundschaft hinausgegangen war.
» Ja. Er war ein guter Freund von mir.«
» Sarah redet ständig von ihm. Ich habe Angst, dass sie nicht loslassen kann. Ich finde das ehrlich gesagt nicht sehr gesund.«
» Nun, sie waren sich wirklich nahe. Das Leben hier ist nicht so wie in der Stadt, man geht nicht ständig mit vielen Leuten um, deshalb sind die Beziehungen unter den Familienmitgliedern besonders eng. Und die beiden standen sich sehr nahe. Cameron hat sich um Sarah gekümmert wie ein großer Bruder, aber sie waren auch beste Freunde.«
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