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WELTEN-NEBEL

WELTEN-NEBEL

Titel: WELTEN-NEBEL Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Buchmann
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bemühten, sie konnten keine Stelle finden, an der ihnen ein Aufstieg in die Berge möglich gewesen wäre. Es war zum Verzweifeln. Sie wusste, dass sie dorthin mussten, doch es gab keinen Weg. Waylen schlug vor, einfach der Küste zu folgen und, wenn es sein musste, um das ganze Gebirge herumzulaufen. Vielleicht gab es nur von der anderen Seite einen Zugang dazu. Da sie keine Alternative hatte, blieb ihr nichts, als einzuwilligen. Fünf Tage liefen sie nach Süden, immer noch in der Hoffnung, bald auf einen Weg in die Berge zu stoßen. Stattdessen aber erreichten sie am fünften Tag das südliche Ende des Gebirgszuges. Von da ab folgten sie dem Rand eines großen Waldes, immer in Sichtweite der Berge bleibend.
    Plötzlich und völlig unerwartet stießen sie auf eine Siedlung. Seit ihrer Ankunft vor sieben Tagen waren sie noch keinem Menschen begegnet, was angesichts des kargen Landstriches, durch den sie bisher gereist waren, nicht weiter verwunderlich war. Noch bevor sie eine Entscheidung treffen konnten, ob sie die Siedlung besuchen oder lieber umgehen sollten, wurden sie entdeckt. Ehe sie es sich versahen, befanden sie sich der Mitte einer Gruppe von Menschen, die alle die gleiche blasse Haut und das gleiche blonde Haar hatten. Da alle durcheinander sprachen, dachte Ihel erst, sie sprächen eine ihr unbekannte Sprache, dann aber hörte sie bekannte Worte und stellte fest, dass die Menschen Zyn sprachen. So laut sie es vermochte, sprach sie einige Begrüßungsworte. Erst war sie nicht sicher, ob es ihr gelungen war, den Tumult zu übertönen, doch als es still wurde und ein älterer Mann vortrat, um ihre Höflichkeiten zu erwidern, wusste sie, sie war verstanden worden. Sie nannte zuerst ihren Namen, dann stellte sie Waylen vor. Der Alte lud sie ein, seine Gäste zu sein, ohne auch nur eine einzige Frage nach ihrem Woher oder Wohin zu stellen. Dabei hatte sie noch nicht einmal gesagt, woher sie stammte. Sie hatte damit gerechnet, auf Verwirrung zu stoßen. Schließlich lebten die Martuler abgeschnitten von dem Rest der Welt. Sie konnten unmöglich wissen, dass Waylen und sie Besucher aus einem anderen Land waren.
     

    Mond 5 Jahr 3737
    Frühling
    Siedlung am Rand der Südlichen Wälder, Martul
    In der Hütte ihres Gastgebers wurden sie großzügig bewirtet und der Mann gab ihnen Zeit, das Mahl zu genießen, bevor er begann, ihnen Fragen zu stellen.
    Wie sich im Verlauf des Gespräches herausstellte, hatte sie sich gründlich getäuscht, was den Wissensstand der Martuler anging. Sie wussten wohl um die Welt außerhalb des Nebels, hatten detaillierte Informationen über jedes der Länder. Sie war aufgrund ihrer blauen Haut sofort als Elungerin erkannt worden und auch Waylens Heimat konnten der Mann ohne Nachfrage ausmachen. Er bemerkte ihre Verwirrung ob seiner Kenntnisse. „Du bist erstaunt, was ich alles über die Welt weiß, nicht wahr?“
    „ Ja, ich dachte, der Nebel sei undurchdringlich.“
    „ Aber ihr beiden habt ihn doch auch durchquert.“
    „ Ja, aber nur mit der Hilfe der Götter. Ist es dir auch schon einmal gelungen, bist du in anderen Ländern gewesen?“
    „ Nein. Natürlich nicht. Alles, was ich über die anderen Länder weiß, haben mir die Lehrer beigebracht, ebenso wie sie es jedem anderen Menschen dieses Landes vermittelt haben.“
    „ Und diese Lehrer, woher haben sie ihr Wissen.“
    „ Ihr Wissen speist sich sowohl aus Quellen, die älter sind als der Nebel, als auch aus den Reiseberichten des Alten vom Berg. Auch gab es vor fast hundert Jahren mal einen Besucher aus Helwa. Er war es, der es uns ermöglichte, weiter im Schutz des Nebels zu leben.
    Damals waren wir noch nicht bereit, dem Rest der Welt zu begegnen, denn wir wussten nichts über ihn. Jahrtausende lang hatten die Bewahrerinnen, weise Frauen, die auf dem Berg lebten, das alte Wissen um die anderen Länder im Geheimen gehütet. Als der Nebel zu schwinden begann, liefen die Martuler Gefahr, mit einer Welt konfrontiert zu werden, von der sie nichts wussten. Der Fremde verfügte über Kräfte, die es ihm ermöglichten, den Nebel für ein weiteres Jahrhundert zu stärken. Gleich nachdem dies geschehen war, begann die damalige Bewahrerin damit, das Wissen, über das sie verfügte, zu verbreiten, damit die Menschen für das endgültige Verschwinden des Nebels gerüstet wären. Bald schon wird es soweit sein.
    Seit damals hat sich viel verändert in Martul. Einst gab es nur einzelne Siedlungen, die kaum Kontakt untereinander

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