Weltraumpartisanen 11: Operation Sonnenfracht
aus.
VEGA-Direktor John Harris wartete mit verkniffenem Gesicht vor dem Sitzungssaal. Offenbar hatte man ihm, als man ihn aus dem Schlaf trommelte, nicht einmal die Zeit gelassen, seine Garderobe zu vervollständigen. Zum ersten Mal erlebte ich ihn ohne Krawatte. Als er mich erblickte, eilte er mir entgegen und reichte mir die linke Hand. Seine rechte samt des dazugehörenden Armes lag seit dem Bürgerkrieg im Sand der Sahara. In Harris' wasserblauen Augen las ich den jüngsten Stand der Ereignisse: die Lage war ernst.
„Sind Sie gesund, Commander?"
Ich übertünchte meine Nervosität mit einem Scherz. „Unkraut vergeht nicht, Sir."
„Na großartig!" sagte Harris. „Wenigstens einer, der noch Witze reißt. Mir ist das Witzeln inzwischen vergangen. Kommen Sie 'rein und lassen Sie sich bekannt machen."
Hinter der Tür erblickte ich eine Anzahl unbekannter Gesichter: alle gleich bleich, alle gleich übernächtigt, alle gleich besorgt. Ich zögerte.
„Sir, wollen Sie mir nicht wenigstens vorher verraten, was anliegt?"
Harris hob die buschigen Augenbrauen. Sein Blick enthielt nicht einen Funken Humor. „Was anliegt? Das Erdbeben hat ein paar Leute wachgerüttelt. Und jetzt fürchten die, ihnen könnte der Kilimandscharo um die Ohren fliegen."
Harris schob mich unsanft über die Schwelle. „Verdient hätten sie's."
Eine knappe Minute später wußte ich, mit wem ich es bei dieser überstürzt anberaumten nächtlichen Konferenz zu tun hatte. Anwesend waren Minister Ion Teodorescu, ferner der Leiter der Staatlichen Energiebehörde SEB, Manoel Braga, dann der Direktor des Instituts für Astrophysik, Roger B. Ferrington, und schließlich Colonel Friedrich Chemnitzer, Kommandeur einer Spezialeinheit der Pioniere.
Minister Teodorescu forderte uns auf, Platz zu nehmen. Die Lichter erloschen. Auf der gläsernen Projektionswand erschien ein Satellitenfoto von San Francisco. Es zeigte die Trümmerwüste in ihrem ganzen - kaum vorstellbaren - Ausmaße.
Ferrington kommentierte: mit heiserer, müder Stimme. „- wurden alle Warnungen meines Instituts in den Wind geschlagen, obwohl der Zusammenhang bestimmter stellarer Konstellationen und einer verstärkten Erdbebentätigkeit sowie vulkanischer Energieausbrüche längst eine erhärtete wissenschaftliche Tatsache ist. Erwarten Sie nun nicht von mir, meine Herren, daß ich Ihnen mit Exaktheit voraussage, wann und wo das nächste große Beben stattfinden wird. Eine solche Vorhersage überstiege meine Möglichkeiten. Aber eines lassen Sie mich zum Abschluß sagen: die Erde ist in eine kritische Phase eingetreten. Im nächsten Halbjahr ist mit einer Serie heftigster Erschütterungen und vulkanischer Entladungen zu rechnen."
„Danke, Professor Ferrington." Der Minister selbst ergriff das Wort. „Um diese Zeit wird für die Opfer von San Francisco getan, was menschenmöglich ist. Inwieweit es uns gelingen wird, die atomare Verseuchung zu lokalisieren, ist vorerst noch nicht abzusehen... Und damit, meine Herren, kommen wir zum eigentlichen Anlaß dieser Besprechung. Was sich über das eigentliche Erdbeben hinaus in San Francisco zugetragen hat, darf sich nicht wiederholen... Ich bitte jetzt um den Film! Meine Herren, nehmen Sie keinen Anstoß an der unzulänglichen Qualität der Bilder! Der Film ist fast hundert Jahre alt. Als er entstand, schrieb man das Jahr 1987 -"
Der Film kommentierte sich selbst: ein alter Tages-schaustreifen aus dem Archiv einer längst vergessenen TV-Station aus dem vorigen Jahrhundert.
Totale: der Kilimandscharo mit seinen beiden Gipfeln Kibo und Mawensi.
Schwenk und Fahrt auf einen großen weißen Bungalow. Überblendung auf: Ein Dutzend würdiger Herren, Weiße und Schwarze, am runden Tisch. Großeinstellung: Einer der Herren setzt seine Unterschrift unter ein vor ihm liegendes Dokument. Der Lautsprecher dröhnte: „- mit der Unterzeichnung des Deponievertrages zwischen der Atomenergiebehörde der Vereinigten Staaten AEC und der Regierung der Ostafrikanischen Union beginnt für Nordamerika, Europa und einen großen Teil des afrikanischen Kontinents ein neues Kapitel auf dem Gebiet der Energieversorgung. Noch in diesem Jahrhundert sollen in den genannten Gebieten mindestens vierhundert neue, zusätzliche Kernkraftwerke entstehen. Aufgrund des soeben geschlossenen Vertrages werden die atomaren Abfallprodukte im Krater des erloschenen Vulkans Kilimandscharo deponiert, mithin an einem absolut strahlensicheren Ort..."
Der Film lief aus. Im Saal
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