Weltraumpartisanen 27: Pandora-Zwischenfall
Ablösung durch den Astra-liden.
Bevor ich den nächsten Schritt tat, mußte ich mir Klarheit verschaffen: über das, was sich zutrug, ebenso wie darüber, wie es dazu gekommen war.
Es hatte doch nicht erst begonnen, als ich auf PANDORA eintraf. Begonnen hatte es früher. Und es war ein vielverheißendes Projekt gewesen, sonst hätte ich mich nicht in seinen Dienst gestellt.
Oder… ?
Mehr tot als lebendig stand ich vor dem sargförmigen Mutterleib I , blickte auf das wächserne Gesicht eines jungen Mannes, der mir lieb und teuer war wie ein eigener Sohn, und suchte den Faden…
2. Auszug aus Martin Seebecks „Pandora-Report“
Dies ist die Geschichte einer gefährlichen Versuchung.
Wann und wo begann die Geschichte? Der Chronist muß zugeben, daß er diese Frage nicht beantworten kann. Sollte er Auskunft erteilen auf die Frage, was denn früher dagewesen sei, das Huhn oder das Ei, stünde er vor dem gleichen Dilemma.
Den Anfang dieser Geschichte in das 20. Jahrhundert zu verlegen, wäre gewiß nicht falsch. Aber täte man das, sähe man sich sofort einer weiteren Frage gegenüber, die lautet: Hat ein solcher Rückgriff in die Vergangenheit Wert und Sinn? Wollte man sich als Chronist einer Methode bedienen, die bei allem, was auf der Welt geschieht, den Anfang sucht, den Ursprung, so würde man zwangsläufig immer wieder bei Adam und Eva landen.
Bleiben wir also getrost in unserer Zeit; beschränken wir uns darauf, den PANDORA-Zwischenfall als abgeschlossene Episode zu sehen, ohne nach der Vorgeschichte zu fragen (die es gibt), und ohne uns um Nachahmungen zu kümmern (die es geben wird).
Die Geschichte, die nunmehr schon einen Namen hat, trug sich zu im Jahre des Herrn 2088.
Von der Öffentlichkeit kaum beachtet, vollzogen sich in der eisigen Weite des Weltraumes, in den sterilen Laboratorien und Retorten einer privaten Plattform Ereignisse, die darauf hinzielten, den ursprünglichen Schöpfungsplan abzuändern. Und das treibende Element hinter diesen Ereignissen war die menschliche Intelligenz. Niemand weiß, wohin das alles geführt hätte. Den Chronisten dünkt ein solches Nichtwissen immer noch besser als die Erfahrung.
Die Frage bleibt: Wo beginnen? Am Anfang war das Wort.
So beginnt die biblische Schöpfungsgeschichte, um deren Korrektur es auf PANDORA letztlich ging. So wollen auch wir uns dem PANDORA-Zwischenfall nähern über das Wort, genauer gesagt über die Schilderung einer außerordentlichen Tagung der aufsichtführenden Kommission im Konferenz- und Demonstrationsraum der VEGA.
Zu dem, was im Weltraum geschah, fiel die Entscheidung auf der Erde. Sie fiel in Metropolis. Und nur weil das Gesetz es so wollte, wurde sie von Zeit zu Zeit auf ihre Rechtmäßigkeit hin überprüft…
Falls es so etwas gibt wie absolute Schönheit, dann war sie dies…
Samt der Unendlichkeit vollzog sich ein himmlisches Feuerwerk. Myriaden von Eisklumpen glommen, sprühten und funkelten in allen Farben des Spektrums wie riesige Diamanten.
„Achtung!“
Einen Atemzug später schälte sich aus dem festlichen Reigen schwarz und schattig die steinerne Ebene.
„Der massive Kopf des Planeten Cunningham , so alt wie die Welt. Dieser Film wurde geliefert von der unbemannten Raumsonde Speculator III im Sommer 2081…“
Die zwölf Menschen, über denen an diesem 8. Septembertag des Jahres 2088 prall und auf beklemmende Weise körperlich die dreidimensionale Filmwiedergabe im Saal stand, hielten den Atem an. Es war, als hätte man sich den Kometen Cunningham ins Haus geholt. Und nun wuchs er einem unaufhaltsam entgegen.
„Gleich kommt das Gelände, auf dem sich heute das Camp Astralid erhebt…“
Die Sonde zog hinweg über eine gläsern wirkende, schwarze Ebene und verharrte dann über einer tafelberggleichen Erhebung, über der in unirdischer Verklärung das vielfarbige Licht einer von unzähligen rotierenden winzigen Diamanten gespiegelten Sonne spielte.
„Hier ist es. Aufnahmen vom Camp Astralid, wie es sich heute dem Objektiv einer Kamera präsentiert, kann ich Ihnen leider nicht liefern. Die ausgesandte Sonde ist noch nicht zurückgekehrt.“
Die Stimme war kühl, sachlich und doch ganz bei der Sache. Der Mann, zu dem sie gehörte, hatte nur noch einen Arm; er hatte einen guten Namen in der EAAU, in der er nach dem Bürgerkrieg kurzfristig das höchste Staatsamt bekleidet hatte. Als Direktor der VEGA, der halbautonomen Raumfahrtbehörde, zu der sich die ursprünglich reiner Forschung dienende
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