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Wen die Erinnerung trügt - Crombie, D: Wen die Erinnerung trügt - Where Memories Lie

Wen die Erinnerung trügt - Crombie, D: Wen die Erinnerung trügt - Where Memories Lie

Titel: Wen die Erinnerung trügt - Crombie, D: Wen die Erinnerung trügt - Where Memories Lie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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backen, wäre sie irgendwann komplett durchgedreht.
    »Im Kochbuch hat alles so kinderleicht ausgesehen«, sagte sie. »Und wenn es dem Chief Super nun nicht schmeckt? Oder wenn er seiner Schwester erzählt, dass wir ihr Haus ruiniert haben?«
    »Dass du ihn ja bei Tisch nicht ›Chief Super‹ nennst! Du musst üben, ›Denis‹ zu sagen.« Kincaid tätschelte ihre Schulter und machte sich daran, ihre Einkäufe auszupacken. »Und was das Haus betrifft – es sieht besser aus als bei unserem Einzug. Das Essen wird fantastisch sein, die Tafel eine Augenweide, und wenn alle Stricke reißen«, fügte er grinsend hinzu, »kannst du dich immer noch ans Klavier setzen. Was soll da noch schiefgehen?«
    Gemma streckte ihm die Zunge raus. »Irgendwas geht immer schief«, sagte sie finster.
     
    Es goss in Strömen. In silbrig glänzenden Bahnen floss der Regen am Gartenfenster herab, und das Trommeln auf dem Glasdach des Wintergartens klang wie Maschinengewehrfeuer.
    Erika Rosenthal hatte den Regen immer gemocht – die heimelige Atmosphäre, die er schuf; die willkommene Gelegenheit, sich von der Welt abzuschotten; doch an diesem Maitag, da die sintflutartigen Niederschläge die Welt schon am späten Nachmittag in abendliches Dunkel tauchten, empfand sie ihn als unangenehm bedrückend.
    Sie saß in ihrem Lieblingssessel im Wohnzimmer, ein aufgeschlagenes Buch auf dem Schoß, die Tasse mit dem bereits erkaltenden Kaffee – koffeinfrei, auf Anweisung ihres Arztes
– neben sich auf dem Couchtisch; und sie hatte das Gefühl, als würde der Regen mit seinem unablässigen Geprassel durch Dach und Wände dringen, bis er am Ende auch die schwache Barriere ihrer Haut überwand.
    Ausgerechnet ihr, für die der Tag nie genug Stunden gehabt hatte, in denen sie lesen, schreiben, Musik hören oder ihre geliebten Blumen arrangieren konnte, fiel es in letzter Zeit zunehmend schwer, sich längere Zeit mit etwas Bestimmtem zu beschäftigen. Ihre Konzentration verflog wie Sandkörner im Wind, ihre Gedanken schienen von allein abzuschweifen, und die Erinnerungen, die dabei aufstiegen, waren so lebhaft wie Wachträume.
    An diesem Morgen hatte sie beim Anziehen plötzlich gedacht, dass sie sich beeilen müsse, wenn sie nicht zu spät zur Arbeit bei Whiteley’s erscheinen wollte. Dann war ihr mit einem kleinen Schock bewusst geworden, dass diese Tage längst vergangen waren, dass sie nie wiederkehren würden, ebenso wenig wie David; und ihre Trauer um das, was unwiederbringlich verloren war, schien plötzlich so frisch wie am ersten Tag.
    Sie ließ sich auf die Bettkante sinken, und ihr Atem ging schwer und rasselnd, während sie sich bewusst auf die Disziplin besann, die sie über die Jahre so sorgfältig geübt hatte – das Aufbieten der kleinen, kostbaren Freuden, die jeder Tag zu bieten hatte, gegen die ständige Bedrohung der Verzweiflung.
    Hatte sie den Kampf verloren? War es wirklich so, dass die Ereignisse eines Menschenlebens am Ende ineinander verschmolzen, sodass einem nichts anderes übrig blieb, als zwischen Gegenwart und Vergangenheit hin und her zu pendeln und all die Verletzungen und Erschütterungen noch einmal zu durchleben, die man längst überwunden geglaubt hatte?
    Nein, dachte sie jetzt und schalt sich, weil sie sich so sehr dem Selbstmitleid hingegeben hatte. Entschlossen stemmte sie sich aus dem Sessel hoch.Wenn man so alt war wie sie, durfte man
schon mal einen schlechtenTag haben, und mehr war es schließlich nicht. Morgen würde die Sonne scheinen, sie würde sich mit der Sonntagszeitung in den Garten setzen, den Kindern beim Spielen zusehen und sich mit der Nachbarin über Kompost und Nistkästen für Singvögel unterhalten, und die Welt wäre wieder in Ordnung. Und jetzt würde sie sich erst einmal einen wohlverdienten Sherry einschenken und den komplizierten, hochliterarischen Roman, der auf ihrem Tisch lag, gegen etwas Heiteres und Vertrautes eintauschen – Jane Austen vielleicht.
    Sie hatte gerade die Küche betreten und war dabei, die dünne Brühe, die sich Kaffee schimpfte, in den Ausguss zu schütten, als der Türsummer ertönte. Sie schrak zusammen und sah zum Gartenfenster hinaus in den immer noch strömenden Regen. Wer konnte auf die Idee kommen, ihr bei diesem Hundewetter einen Besuch abzustatten? Vielleicht ein kranker Nachbar, der Hilfe brauchte?
    Doch als sie den Knopf der Sprechanlage drückte, hörte sie eine vertraute Stimme. »Erika? Ich bin’s, Henri. Henri Durrell. Darf ich reinkommen?« Er

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