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Wen die Erinnerung trügt - Crombie, D: Wen die Erinnerung trügt - Where Memories Lie

Wen die Erinnerung trügt - Crombie, D: Wen die Erinnerung trügt - Where Memories Lie

Titel: Wen die Erinnerung trügt - Crombie, D: Wen die Erinnerung trügt - Where Memories Lie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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gegessen...«, setzte er an, und er sah, wie sie die Lippen zu einem dünnen Strich zusammenpresste. Gleich würde sie ihm vorwerfen, dass er seine Hackfleischration vergeudet hatte.
    »Ich weiß«, kam er ihr zuvor. »Die Kinder hätten meine Portion essen können.« In diesem Moment fiel ihm auf, dass dieWohnung ganz still war, bis auf das leise Gemurmel des Radios, das Linda immer in der Küche laufen ließ, um ein wenig Gesellschaft zu haben. Die Kinder waren offenbar nicht da. Seine Erleichterung währte nur einen Augenblick, dann schämte er sich für seine Reaktion.
    Wenn er im Rahmen seiner Arbeit Familien zu Hause aufsuchte, sah er oft, wie die Kinder sich um ihre Eltern scharten, ihre Beine umklammerten und lautstark ihre Aufmerksamkeit forderten, aber er konnte sich nicht erinnern, dass seine eigenen sich je so verhalten hätten, und je älter sie wurden, desto weniger schien er ihnen zu sagen zu haben – oder sie ihm.
    Stuart war zwölf, gezeugt im ersten Taumel der Leidenschaft, kurz nachdem er Linda kennengelernt hatte. Die Kriegsgefahr hatte damals einen unersättlichen Lebens- und Liebeshunger ausgelöst, von dem heute nichts mehr zu spüren war. Susan war die Frucht eines kurzen Fronturlaubs zwei Jahre später. Dieses Mal hatte ihn der verzweifelte Wunsch getrieben, etwas von sich selbst zu hinterlassen, falls er nicht zurückkehren sollte.
    Doch er hatte überlebt, und wenn er ehrlich war, musste er zugeben, dass er von seinen Kindern enttäuscht war. Der Sohn, den er sich als seinen besten Kumpel vorgestellt hatte, der Junge, dem er das Fußballspielen beibringen und mit dem er lange Nachmittage am Ufer der Themse vertrödeln wollte, war dünn und ernst, hatte stets die Nase in einem Buch und schien nicht einmal den Unterschied zwischen Rugby und Kricket zu kennen.

    Und Susan, die Prinzessin, die er so gerne im Arm gehalten und gekitzelt hätte, war ein kräftiges, schwerfälliges Mädchen, das mit seinen Freundinnen zusammensteckte und keckernd lachte wie eine Hyäne, ihn jedoch mit den unergründlichen braunen Augen, die sie von der Mutter geerbt hatte, nur verständnislos anstarrte.
    All das lastete mit einem Mal so schwer auf ihm, dass er förmlich in sich zusammensank und sich mit der Schulter an die Wand lehnen musste. Es war ein schlimmer Tag gewesen – sie waren Hinweisen von Hausbewohnern nachgegangen, dass aus einer Nachbarwohnung ein unangenehmer Geruch dringe. Daraufhin hatten sie die Tür aufgebrochen und einen Mann entdeckt, der in seinem schäbigen möblierten Zimmer in einem Sessel saß. Er wirkte ganz entspannt – bis auf dieTatsache, dass sein Gehirn sich über die Wand hinter ihm verteilt hatte. Sein Dienstrevolver war ihm aus der Hand gefallen und lag in seinem Schoß.
    Von den Nachbarn, die neugierig zusammengelaufen waren, erfuhr Gavin, dass der Mann ein hochdekorierter Kriegsveteran war, der aber bei seiner Heimkehr hatte feststellen müssen, dass seine Familie nicht mehr da war und es keine Arbeit gab für einen Mann, der bei der Landung in der Normandie im Kampf gegen die Nazis zum halben Krüppel gemacht worden war. Seither hatte der Mann, ein gewisser Terence Billings, ein zurückgezogenes Leben geführt und sich, wie man annahm, mit seiner Rente durchgeschlagen.
    »Was war es?«, hatte Gavin seine Männer gefragt, nachdem sie ihren Bericht abgeschlossen und sich in ein Pub in der Nähe des Reviers zurückgezogen hatten. Er stellte die schäumenden Pints auf den Ecktisch und zwängte sich auf seinen Platz. »Was glaubt ihr, was letztlich der Auslöser war?«
    »Wahrscheinlich konnte er im Laden an der Ecke keine Zigaretten kriegen«, meinte PC Will Collins und schüttelte den Kopf.
    »Oder vielleicht ist seine Katze gestorben«, mutmaßte Gavins Sergeant John Rogers, nur halb im Scherz. Alle hatten sie es schon erlebt, dass solche scheinbar völlig banalen Dinge einen Menschen endgültig in die Verzweiflung stürzen konnten. Und sie waren alle an der Front
gewesen – jeder wusste, dass der Mann im Sessel ebenso gut er selbst hätte sein können. Und auch wenn sie nicht darüber sprachen – es war diese gemeinsame Erfahrung, die sie noch lange dort im Pub beisammensitzen, rauchen und zu viel Bier trinken ließ, obwohl sie schon längst zu Hause hätten sein sollen.
    »Was ist denn, Gav? Hast du etwas?« Lindas Stimme schwankte zwischen Missbilligung und Sorge.
    Er dachte daran, wie sie gewesen war, als er sie kennengelernt hatte, wie er sie für ihre unbändige

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