Wen die Goetter strafen
saßen in Matt Bakers Büro im Verwaltungsgebäude von WTN. Seit einer halben Stunde hörten Elliot Cromwell, Matt Baker und Abbe Lasmann schweigend und erschrocken zu, während Dana berichtete, was ihr widerfahren war.
»... und das FRA steckt ebenfalls mit drin. Deshalb wollte General Booster mich von meinen Recherchen abhalten.«
»Ich bin fassungslos«, sagte Elliot Cromwell. »Wie konnten wir uns nur so irren, was Taylor Winthrop angeht? Meiner Meinung nach sollten wir das Weiße Haus von diesen Vorgängen verständigen. Und von dort aus sollte man schleunigst das Justizministerium und das FBI einschalten.«
»Elliot«, sagte Dana, »bislang haben wir nichts in der Hand. Wenn es darauf ankommt, steht Roger Hudsons Wort gegen meines, und wem wird man Ihrer Meinung nach letztlich Glauben schenken?«
»Haben wir denn keinerlei Beweise?«, fragte Abbe Lasmann.
»Sascha Schdanoffs Bruder dürfte noch am Leben sein. Der packt bestimmt aus. Und sobald wir auch nur einen Ansatzpunkt haben, einen Faden, an dem wir ziehen können, löst sich alles von selber auf, und wir haben unsere Story.«
Matt Baker holte tief Luft und schaute Dana bewundernd an. »Sie lassen nicht locker, wenn Sie hinter einer Story her sind.«
»Matt«, sagte Dana. »Was wollen wir wegen Kemal unternehmen? Ich habe keine Ahnung, wo er stecken könnte.«
»Keine Sorge«, erwiderte Matt im Brustton der Überzeugung. »Wir werden ihn finden. Aber bis dahin müssen wir
Sie
irgendwo unterbringen, wo Sie garantiert niemand findet.«
Abbe Lasmann meldete sich zu Wort. »Sie können doch bei mir wohnen. Dort sucht Sie bestimmt keiner.«
»Vielen Dank.« Dana wandte sich an Matt. »Was Kemal angeht...«
»Wir setzen umgehend das FBI darauf an. Ich lasse Sie von meinem Fahrer zu Abbes Wohnung bringen. Wir übernehmen ab jetzt, Dana. Wir werden die Sache schon schaukeln. Ich rufe Sie an, sobald ich etwas höre.«
Kemal radelte die eisigen Straßen entlang, warf immer wieder ängstlich einen Blick nach hinten. Der Mann, der ihn geschnappt hatte, war nirgendwo zu sehen.
Ich muss zu Dana,
dachte Kemal voller Verzweiflung.
Ich darf nicht zulassen, dass man ihr etwas antut.
Aber das Studio von WTN lag am anderen Ende von Washington.
An einer Bushaltestelle stieg Kemal ab und warf das Rad ins hohe Gras neben der Straße. Als kurz darauf ein Bus kam, griff Kemal in die Hosentasche und stellte fest, dass er kein Geld hatte.
Er wandte sich an einen Passanten. »Entschuldigen Sie, hätten Sie vielleicht –«
»Verpiss dich, Kleiner.«
Kemal versuchte es bei einer Frau, die gerade vorbeikam. »Entschuldigen Sie, aber ich bräuchte Geld für den Bus –« Die Frau ging einen Schritt schneller.
Zitternd stand Kemal in der Kälte, fror bitterlich ohne Mantel. Anscheinend scherte sich niemand darum.
Ich muss das Fahrgeld auftreiben,
dachte er.
Er riss seinen künstlichen Arm ab und legte ihn ins Gras. Als der nächste Mann vorbeikam, hielt Kemal den Stumpf hin. »Entschuldigen Sie, Sir«, sagte er, »aber könnten Sie mir vielleicht ein bisschen Geld für den Bus geben?«
Der Mann blieb stehen. »Natürlich, mein Junge«, sagte er und gab Kemal einen Dollar.
»Vielen Dank.«
Als der Mann weitergegangen war, schnallte Kemal flugs seinen Arm wieder an. Er sah einen Bus kommen, nur noch einen Häuserblock weit weg. Geschafft!, jubelte er im Stillen. In diesem Augenblick spürte er einen Stich im Nacken, und als er sich umdrehen wollte, verschwamm alles vor seinen Augen.
Nein, nein!
, schrie Kemal ohnmächtig auf. Dann sank er bewusstlos zu Boden. Schaulustige versammelten sich um ihn.
»Was ist da los?«
»Ist er ohnmächtig geworden?«
»Fehlt ihm irgendwas?«
»Mein Sohn ist Diabetiker«, erklärte ein Mann. »Ich kümmere mich schon um ihn.« Er nahm Kemal auf den Arm und trug ihn zu der bereit stehenden Limousine.
Abbe Lasmanns Wohnung lag im Nordwesten von Washington. Sie war groß und komfortabel, mit modernen Möbeln und weißen Teppichen ausgestattet. Dana, die allein in der Wohnung war, lief nervös auf und ab und wartete darauf, dass das Telefon klingelte.
Kemal darf nichts zustoßen. Die haben nicht den geringsten Grund, ihm etwas zu Leide zu tun. Ihm geht's bestimmt gut. Aber wo ist er? Wieso findet man ihn nicht?
Sie zuckte zusammen, als das Telefon endlich klingelte. Riss den Hörer von der Gabel. »Hallo.« Niemand meldete sich. Wieder klingelte es, und Dana wurde klar, dass jemand sie über Handy zu erreichen versuchte. Sie kam sich
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