Wenn alle Schranken fallen
aber er hatte keine Ahnung, wie er mit der finanziellen und der gefühlsmäßigen Last fertig werden sollte. Die Schulden wuchsen ihm über den Kopf. Jeder Cent, den er und Ben zusammenkratzen konnten, war nötig, um die Farm über die Runden zu bringen und das Nötigste für Molly, Ma und Tanya zu besorgen. Wie sollte er zwei weitere Menschen ernähren?
Sicher konnte Lydia besser für sich und ihr Kind sorgen als er, aber Gordon wollte nicht, dass sie ihr eigenes Geld anrührte oder das, was Tyler ihr hinterlassen hatte. Zum Donnerwetter, ein Mann sorgte selber für sich, und das schloss auch eine neue Frau und ein Baby ein!
Diese Ehe war der Preis, den er und Lydia für die Nacht der Leidenschaft zahlen mussten. Lydia fürchtete sich vor dem Leben auf der Farm und gab ihr komfortables Haus in der Stadt nur ungern auf. Trotzdem stimmte sie der Heirat zu, aus denselben Gründen, aus denen er den Antrag gemacht hatte: zum Wohl ihres ungeborenen Kindes.
Langsam stieg Gordon die Treppe hoch, denn er fürchtete sich vor dem Moment, in dem er seiner Frau gegenübertreten musste. Was war er doch für ein Feigling! Lydia verdiente wirklich eine bessere Behandlung, etwas mehr Rücksichtnahme, doch er hatte Angst gehabt, mit ihr allein zu sein. Trotz des gewissen Maßes an Misstrauen und Vorsicht, das zwischen ihnen herrschte, begehrte Gordon sie, aber er war nicht sicher, ob Lydia das Gleiche empfand.
Die Schlafzimmertür stand offen. Nur das schwache Mondlicht fiel auf das alte Messingbett. Leise betrat Gordon den Raum. Am Bett blieb er stehen und warf einen Blick auf die Frau, die friedlich zu schlafen schien. Die Laken waren bis zum Hals hochgezogen, sodass er nur ihr Gesicht und das goldbraune Haar, das auf dem weißen Kissen ausgebreitet war, sehen konnte.
Gordon öffnete die Tür zum Badezimmer, schaltete das Licht an und ließ die Tür angelehnt. In aller Ruhe zog er sich aus und warf seine Kleider auf den Fußboden.
Beim Plätschern der Dusche öffnete Lydia die Augen. Der alte Wecker auf dem Nachttisch zeigte erst neun Uhr an. Ob Gordon erkannte, dass sie nicht schlief, wenn er zu ihr ins Bett kam? Würde er mit ihr sprechen? Ihr helfen, sich in ihrem neuen Leben zurechtzufinden? Würde er erwarten, dass sie miteinander schliefen?
Lydias Herz klopfte zum Zerspringen, während sie auf ihren frischgebackenen Ehemann wartete.
Fünfzehn Minuten später kam Gordon nackt aus dem Bad. Sein feuchtes schwarzes Haar glänzte im Mondlicht.
Lydia schluckte. Bewegungslos und mit geschlossenen Augen wartete sie darauf, dass er zu ihr ins Bett stieg. Ihr Herzschlag dröhnte in ihren Ohren, und sicher konnte Gordon ihn ebenfalls hören.
“Ich weiß, dass du wach bist.”
Nur nicht in Panik geraten! So weit wie möglich rutschte Lydia von ihm fort. “Hast du deine Arbeit beendet?”
“Für heute. Um fünf Uhr morgen früh geht sie von vorn los.” Als er näher rückte, stieß sein Knie gegen ihr Bein.
Alles in Lydia verkrampfte sich. “Soll ich dir dann Frühstück machen?”
“Da Ma nicht hier ist, wäre es ganz nett, aber ich erwarte es nicht von dir. Vermutlich bist du es nicht gewohnt, so früh aufzustehen.”
“Ich bin nicht gerade eine überragende Köchin, aber ein Omelette bringe ich schon zustande.”
Gordon streckte die Hand aus und zog sie in seine Arme. Ihr seidenes Nachthemd rieb sich an ihm. “Zieh es aus.”
“Was?”
“Dies ist unsere Hochzeitsnacht. Wir sind Mann und Frau. Einer der Vorteile einer Ehe ist, dass man miteinander schläft.” Daraufhin fasste er den Saum des Nachthemdes und schob es bis zu ihren Hüften.
“Wenn du mich festhältst, kann ich es nicht ausziehen.”
Auf den Ellbogen gestützt, beobachtete er, wie Lydia langsam das Nachthemd über den Kopf zog. Er nahm es ihr ab und warf es auf den Boden. Als er sie erneut in seine Arme ziehen wollte, versteifte sie sich und begann zu zittern.
“Ich tu dir doch nichts.” Gordon erkannte, dass sie sich fürchtete, und dieser Gedanke missfiel ihm. In seinem ganzen Leben hatte er noch keine Frau verletzt. Warum sollte seine eigene Frau vor ihm Angst haben?
“Das weiß ich. Es ist nur … nur …” Lydia erstickte fast an ihren Tränen, ihr Körper wurde von unterdrückten Schluchzern geschüttelt.
Beruhigend streichelte Gordon ihren Rücken. Mit der anderen Hand strich er ihr die Tränen von den Wangen. “Ich will dich, Lydia. Ich möchte dich halten, dich küssen und dich lieben. Du bist jetzt meine Frau, und ich werde
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