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Wenn das Schlachten vorbei ist

Wenn das Schlachten vorbei ist

Titel: Wenn das Schlachten vorbei ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. C. Boyle
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gehört niemand. Es gehört uns . Es gehört zu unserer Ranch, und wir schuften, um dafür Pacht zu bezahlen.«
    »– zerstört ihre Sachen. Das geht nicht. Das ist verrückt. Du benimmst dich wie eine Verrückte, ist dir das eigentlich klar?«
    »Ach ja? Und wie benimmst du dich? Sie verhökern unsere Schafe, Bax, unsere Böcke, die wir … An jeden Idioten, der ein Gewehr halten kann, und der darf dann … « Sie spürte, wie etwas in ihr nachgab, wie sich alle Schocks und Frustrationen dieses Tages losrissen, und mit einemmal waren ihre Augen nass. »Für tausend Dollar, Bax, sie jagen unsere Schafe, tausend Dollar für einen Bock und zwei Fleischschafe. Fleischschafe . Scheiße!«
    Sie sah, wie er diese Information verarbeitete. Seine Augen weiteten sich, und er biss die Zähne zusammen. Er hatte Schmerzen – schon das Stehen war eine Qual –, und dies war, als hätte sich jemand auf seine Schultern gesetzt und die Krücken weggestoßen. Jetzt tat er ihr leid: Er hatte es nicht gewusst, hatte jedenfalls das Ausmaß nicht geahnt. »Wovon redest du da?« sagte er. Sein Gesicht war unheimlich beleuchtet von ungesunden, chemischen Flammen, und die Bierdosen platzten mit einem langgezogenen feuchten Zischen, einem Geräusch von Niederlage und Kapitulation.
    »Oben. Im Schlafzimmer. In seinem Schlafzimmer. Er hat eine ganzseitige Anzeige in Field and Stream , verdammt. ›Eldon Thatchs Insel-Jagdclub‹. Mit Preisliste und allem Drum und Dran.«
    In diesem Augenblick kam das Geräusch, das sie von fern gehört hatte, näher und wurde lauter, und es war nicht das Dröhnen des Hubschraubers, der wie ein großes brummendes Insekt über ihnen aufgetaucht und in Richtung Scorpion Ranch verschwunden war, sondern das wütende mechanische Heulen der heimkehrenden Geländemaschinen. Sie sah auf, und da kamen die drei hintereinander auf der Straße von der Mesa herunter. Auch Bax hatte sie bemerkt. Er war bereits in Bewegung, schneller als sie es für möglich gehalten hätte, und als die drei vorfuhren, stand er gegen den Pick-up gelehnt da und hatte das Gewehr in der Hand.
    Sie kannte sich mit Waffen nicht aus, sie wollte sich gar nicht damit auskennen. Sie war wie entrückt, Hass und Angst brannten in ihr zu gleichen Teilen, und wo waren der Frieden und die Liebe, die sie in all den Jahren, in denen Musik das Mittel und Brüderlichkeit der Zweck gewesen waren, mit ihrer Stimme beschworen hatte? Sie hatte das Feuer entzündet. Sie hatte das hier heraufbeschworen. Ihre Kehle krampfte sich zusammen. Jemand würde verletzt werden. Jemand würde sterben.
    Sie sah, wie die drei die Motoren abstellten und von ihren Fahrzeugen stiegen. Ihre Bewegungen waren ausholend und übertrieben, als wollten sie vorführen, wie absolut cool und unbesorgt sie waren – nichts Außergewöhnliches, nur ein riesiges Feuer vor dem Haus und ein auf sie gerichtetes Kleinkalibergewehr. Thatch setzte die Khakimütze ab und schüttelte das Haar aus – er hatte einen Stufenschnitt wie diese Idioten in den Hairbands, die damit von der Tatsache ablenken wollten, dass sie ihre Instrumente nicht beherrschten, und das sagte eigentlich schon alles –, und dann schlenderte er, gefolgt von den beiden anderen, auf sie zu. »Halli-hallo«, rief er und versuchte ein Lächeln, das aussah wie das eines Mannes, der auf den Hof eines Gebrauchtwagenhändlers tritt: hoffnungsvoll, aber auf das Schlimmste gefasst. »Für einen Augenblick«, sagte er und bemühte sich, freundlich zu sein und den Ball flachzuhalten, als wären widerrechtliches Betreten, das Töten ihrer Schafe und die Vernichtung ihrer Existenz nichts als ein kleiner Fauxpas, »für einen Augenblick dachte ich, das Haus brennt.« Doch dann warf er einen Blick auf den Scheiterhaufen und sah, was da brannte. Sein Gesicht wurde hart.
    »Sie töten unsere Tiere«, sagte Bax. »Es sind unsere Herden. Sie und diese beiden Clowns« – das Gewehr ruhte auf der Kühlerhaube des Pick-ups, der zwischen ihm und ihnen stand, und Bax wies mit dem Kinn auf die beiden Jäger, Männer in den Dreißigern, Vierzigern mit feisten Gesichtern – »schießen unsere Schafe. Die wir aus unserer Tasche bezahlt haben. Und das hört sofort auf.«
    Sie hatte sich neben ihn gestellt, als die drei Männer von ihren Maschinen gestiegen waren und in das Licht des weiten Himmels geblinzelt hatten. Der Schlamm zog an ihren Stiefeln. Ein kalter Schauer überlief sie. »Und die Lämmer«, hörte sie sich sagen, »was ist mit den toten

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