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Wenn das Schlachten vorbei ist

Wenn das Schlachten vorbei ist

Titel: Wenn das Schlachten vorbei ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. C. Boyle
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noch eine weitere Provokation, Essig in ihre Wunden, einen Stoß mit einem spitzen Stock, sah sie, was auf dem Tisch lag. Neben einer Kerosinlampe und einem halben Dutzend Taschenbücher war eine Jagdzeitschrift bei einer ganzseitigen Anzeige aufgeschlagen. Von weitem sah es aus, als würde sie durch ein riesiges Fernglas angestarrt, doch als sie das Magazin in die Hand nahm, stellte sie fest, dass es sich um zwei runde Fotos handelte. Das eine zeigte einen Keiler mit gewaltigen Hauern, das andere einen Rambouillet-Bock auf einem Felsen. Darüber stand: Eldon Thatchs Insel-Jagdclub . Des weiteren eine Telefonnummer und eine Adresse in Ventura sowie eine Preisliste: siebenhundertfünfzig Dollar für einen Keiler, tausend für einen trophäenstarken Bock und zwei Fleischschafe. Fleischschafe . Was ihr in diesem Augenblick durch den Kopf ging, war nicht so sehr ein gedanklicher Prozess als vielmehr eine anschwellende Flut von Bildern, jedes bitterer und ironischer als das andere. Ihre Schafe, ihre Böcke, die Tiere, für die sie bezahlt hatten, für die sie sich abgemüht hatten, die sie versorgt, kastriert, geschoren hatten, sollten gejagt werden – wurden gejagt –, und zwar für das Zwanzigfache dessen, was sie selbst dafür bekommen konnten. Von Fremden. Von Eindringlingen. Von Arschlöchern.
    Im nächsten Augenblick warf sie alles – Bettzeug, Taschenbücher, die Lampe, ja sogar die Plastikfolie, die sie von den Fenstern riss, als würde sie diese Scheißkerle häuten – in eine der Kisten, und gleich darauf, ihr Atem ging so schnell, dass sie beinahe ins Hyperventilieren gekommen wäre wie damals, wenn sie die Kokslines gezogen hatte, die Toby ihr zu jeder Tages- oder Nachtzeit gehackt und gelegt hatte, ob sie nun wollte oder nicht – aber sie wollte, sie wollte immer –, zog sie das Ding hinter sich her die Treppe hinunter und schrie Bax, der am Fuß der Treppe stand und zu ihr heraufgaffte, an, er solle aus dem Weg gehen. »Was, verdammt noch mal!« rief er. »Das darfst du nicht anrühren, das gehört jemand, das –«
    Sie sagte nichts. Jetzt war nicht die Zeit für Debatten: Etwas hatte sich ihrer bemächtigt und würde das hier durchziehen, ob es ihm oder Eldon Thatch oder Pier und Francis Gherini oder dem Kommandanten der Küstenwache gefiel oder nicht. Die Treppe hinunter, durch den Raum und hinaus vor das Haus, und Bax humpelte hinter ihr her. Sie drehte die Kiste um und leerte sie in den Matsch. Dann schob sie sich an Bax vorbei, der streng auf sie einredete, in einer Sprache, die Englisch war, jedoch so wenig bewirkte, dass es ebensogut Mandarin hätte sein können, ging zurück ins Haus und stopfte die Schlafsäcke, den Rucksack mit der Trockennahrung, die Zeitschriften, das Bier, ja sogar die Klopapierrollen in die Kiste. Erneut zerrte sie diese dann hinaus und leerte sie auf den bereits aufgeworfenen Haufen, und falls sie das Knattern der Trikes auf dem Hügel hinter dem Haus hörte oder das harte Maschinengewehrhämmern des Hubschrauberrotors, das nur bedeuten konnte, dass die Besitzer bereits unterwegs waren, um ihr Gift persönlich zu verabreichen, so spielte das nicht die geringste Rolle. Denn sie straffte die Schultern und holte den Reservekanister, den Bax hinter dem Beifahrersitz verwahrte, war im nächsten Augenblick eingehüllt in den süßlichen Geruch des Benzins, das sie über den Haufen goss, und suchte tief in den Taschen ihrer Jeans nach einem Streichholz.
    Und so ging alles in Flammen auf, bevor Bax oder sonst jemand sie aufhalten konnte. Und Bax versuchte sie aufzuhalten, denn er war der Friedensstifter, der Feigling, der Hund, der sich auf den Rücken warf, damit die Besitzer ihm den Bauch kraulen und die Konzession ohne langes Fragen an einen anderen verkaufen konnten. Sie sah den hell auflodernden Flammen zu, die Lampen zerbrachen, als sich das Kerosin entzündete, die Tüten mit Trockennahrung explodierten wie Knallfrösche, Baumwolle und Leder und Goretex schrumpelten zu nichts zusammen, während von den Isomatten unter den Schlafsäcken eine ölige, schwarze, unheilverkündende Rauchsäule aufstieg, die sich am Himmel verzweigte und über ihnen hing wie ein zerrissener Schirm. Als Bax endlich bei ihr war – schlurr, dunk, schlurr, dunk –, fuhr sie wütend zu ihm herum. »Weißt du eigentlich, was die hier machen? Weißt du das?«
    »Es ist mir egal, was sie hier machen. Man geht nicht in das Haus von anderen Leuten und –«
    »Das Haus von anderen Leuten? Das Haus

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