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Wenn das Schlachten vorbei ist

Wenn das Schlachten vorbei ist

Titel: Wenn das Schlachten vorbei ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. C. Boyle
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alle sind vernünftig, sie müssen es sein. »Ich meine, wir müssen sie in irgendwas einwickeln« – und obwohl er bis auf die Haut durchnässt ist und weder Finger noch Zehen spürt, zieht er bereits den Regenponcho aus – »und zurück zum Boot tragen. Und dann werden wir sehen, was wir … na ja, was wir dann …« Er spricht nicht weiter.
    Aber so einfach ist das nicht. Während Toni und Suzanne am gegenüberliegenden Ufer den Hügel ersteigen und dann an der Felswand herunterklettern – es ist ein kleines Wunder, dass sich dabei keine etwas bricht –, wickeln er und Josh den Leichnam in ihre Ponchos und binden die Enden so gut es geht mit einem von seinem Tagesrucksack geschnittenen Riemen und zwei Ersatzschnürsenkeln zu. Das Gelände ist unwegsam und die Last extrem unhandlich. Josh trägt das eine Ende, er das andere, Cammy ist in der Mitte. Was in der Hülle ist – der malträtierte Körper, das sich sammelnde Blut –, verrutscht immer wieder, verschiebt sich, will entgleiten, und er muss seine ganze Kraft aufwenden, um es – sie – auf die Felsen zu heben. Für einen Augenblick ist alles in der Schwebe, jeder Atemzug ein Lechzen nach dem Ende dieser Mühsal, und dann lässt er sie vorsichtig auf der anderen Seite hinunter, wo Josh steht, in der Dunkelheit kaum zu erkennen. »Vorsichtig, ganz vorsichtig. Hast du sie?«
    Stimmen im Dunkeln. Das Rauschen des Wassers, das Donnern der Brandung. Jetzt stehen auch er und Cammy auf dem Strand, und zu dritt bilden sie ein sechsbeiniges Monster, das über den Sand kriecht, jeder Schritt eine Unmöglichkeit, doch sie schaffen es, sie bis zum Spülsaum zu tragen und so sanft abzusetzen, als wäre sie noch lebendig und schliefe den Schlaf der Genesung. Unvermittelt sind Suzanne und Toni Walsh ebenfalls da, ihre Gesichter schweben in der Dunkelheit. Mein Gott , sagt Suzanne immer wieder. Er lässt sie stehen, ihre Stimmen sind rauh wie das Rascheln trockener Blätter. Es herrscht vollkommene Finsternis. Er watet in die Brandung und riskiert es zu rufen: »Wilson! Wilson, bist du da?«
    Nichts. Es müsste wenigstens ein Licht zu sehen sein. Er strengt sich an, er müht sich, den schwachen grünlichen Schimmer des Steuerbordlichts auszumachen, und denkt, dass er eine Taschenlampe brauchen wird, um ein Signal zu geben, und ob wohl jemand daran gedacht hat, eine Taschenlampe mitzunehmen? Suzanne vielleicht. Sie hat Cookies gebacken. Sie war es, in deren Rucksack das säuberlich aufgeschossene Stück Seil, die Schnürsenkel, das Kaugummi waren. Er will sich gerade umdrehen – die Wellen klatschen gegen seine Beine, und er zittert, als stünde er unter Strom –, als er in der Halbdistanz etwas zu sehen glaubt, ein tieferes, schwärzeres Loch in der Schwärze der Nacht. Er hat noch nicht gemerkt, dass er sich täuscht, denn dort ist nichts zu sehen, absolut gar nichts.

EL TIGRE
    Am Morgen nach dem Konzert – Sonntag, Gott sei Dank Sonntag – versteht sie nicht, was mit ihr los ist. Die Bettdecke zurückzuschlagen, in der morgendlichen Stille die Beine aus dem Bett zu schwingen, die Textur des Teppichs unter den Zehen zu spüren und von unten, aus der Küche, den aromatischen Duft des gerösteten Kaffees zu riechen, den ihre Mutter bereits aufgesetzt hat, und dann diese Leere in sich zu fühlen, dieses Tasten tief in ihr, das sie zur Toilette rennen lässt, wo sie auf die Knie sinkt, um sich nun schon den zweiten, nein, den dritten Tag hintereinander zu übergeben, ist nicht in Ordnung, ganz und gar nicht in Ordnung. Ein Kater kann es nicht sein, denn sie hat am Vorabend nur zwei Gläser Wein getrunken, und das würde auch nicht die Übelkeit von gestern oder vorgestern erklären, als sie, nur aus Geselligkeit, zwei oder drei Gläser Sake mit ihrer Mutter und Ed getrunken hat. Wird sie jetzt überempfindlich gegen Alkohol, ist es das? Oder bekommt sie eine Grippe? Zwei Zeilen eines Songs, den Micah Stroud gecovert hat, schießen ihr durch den Kopf – I got the rockin’ pneumonia and the boogie-woogie flu –, und im nächsten Augenblick zieht sie Shorts und T-Shirt an und geht die Treppe hinunter, als wäre nichts geschehen.
    »Du siehst müde aus«, ist das erste, was ihre Mutter zu ihr sagt, als sie in die Küche tritt. Ed ist offenbar noch nicht aufgestanden, aber sein Gedeck steht schon da: Kaffeetasse und Untertasse, Orangensaft, eine halbe Grapefruit glänzt rosarot im gleißenden Licht der Lampen, deren Dimmer bis zum Anschlag aufgedreht ist, und daneben

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