Wenn das Schlachten vorbei ist
Koje auf einem schaukelnden Boot verbringen wollten.
Zum Leidwesen der Investoren stellten sich diese Naturburschen jedoch nie ein, die Gesellschaft ging in Konkurs, und die Hütten blieben unbewohnt, bis ein Mann namens Raymond »Frenchy« LaDreau sie drei Jahre später einfach besetzte. Er lebte allein dort, ernährte sich hauptsächlich von dem, was er aus dem Meer zog, beherbergte gelegentlich Besucher und bat alle, die in der Bucht vor Anker gingen, um Wasser, seien es Fischer aus Santa Barbara und Oxnard oder Ausflügler, die ein Wochenende auf den Inseln verbringen wollten. Worum seine Gedanken und Hoffnungen kreisten und ob er einsam war oder nicht, weiß man nicht, aber er blieb bis 1956, als er sich, achtzig Jahre alt, bei einem Sturz auf dem schlüpfrigen Weg zum Strand an den Beinen verletzte und auf das Festland zurückkehren musste. Er war der Besitzer des Hemds und der Hose, die Beverly trug, sowie der Konservendosen, die sie geöffnet hatte, und er hätte sie willkommen geheißen und ihr all das mit Freuden angeboten, doch leider machte er gerade einen seiner ausgedehnten Ausflüge auf das Festland und konnte nicht wissen, dass er gebraucht wurde. Als er schließlich zurückkehrte, war er empört über diese Verletzung seiner Privatsphäre und die Beschädigung seiner Sachen, aber das war nichts Neues – es war nicht das erstemal, denn die Hütten standen da wie eine Herausforderung an Leute, die glaubten, die Welt existiere für sie allein, und es würde nicht das letztemal sein. Er würde eben neue Dosen mit Pfirsichen, Bohnen und Mais kaufen müssen und vielleicht, wenn er in dem Gewimmel und der Hektik des Haushaltswarengeschäfts in Oxnard daran dachte, auch ein Vorhängeschloss.
Als Beverly an jenem Tag erwachte, schwand das Licht, und die Abendkühle kroch heran. Sie setzte sich abrupt auf und wusste zunächst nicht, wo sie war, doch da waren die Ratten, überall im Raum verteilt, und starrten sie an. Sie waren ruhig und zufrieden, sie hatten es sich gemütlich gemacht, lagen auf dem Stuhl, der an die Theke gerückt war, stöberten im Abfall auf dem Boden, beugten sich über nestelnde Vorderpfoten und irgend etwas Essbares, das sie gerade gestohlen hatten. Mit einemmal war sie wütend, sprang aus dem Bett und sah sich nach etwas um, mit dem sie ihnen zu Leibe rücken, sie vertreiben, sie bezahlen lassen könnte – und da, in der Ecke, war etwas: eine Schaufel. Die Ratten wichen zurück, als sie das Ding packte und damit um sich schlug. Das schwere Blatt knallte auf den Boden und an die Wände. Innerhalb von Sekunden waren sie verschwunden, und Beverly stand keuchend mitten im Raum. Das Hemd zwickte, die Hose war zu eng, und das Meer vor dem Fenster war hart wie Stein.
Sie ging hinaus. Ihre Wut steigerte sich, sie murmelte vor sich hin, stieß eine Reihe von obszönen Flüchen aus, von denen sie bis dahin gar nicht gewusst hatte, dass sie sie kannte, und begann, an dem Treibholz zu zerren, das hinter der Hütte aufgeschichtet war. Ohne nachzudenken, ohne Rücksicht auf ihre ungeschützten Hände und das Schluchzen, das in ihrer Kehle aufstieg, lud sie sich die Holzstücke eines nach dem anderen auf die Schulter und schichtete sie auf der ebenen Fläche zwischen den Hütten auf. Als sie einen großen Scheiterhaufen aufgetürmt hatte und der Schweiß ihr in die Augen lief und ihr Haar so nass war, dass es schlaff herunterhing, ging sie zum Strand hinunter, suchte ihn nach irgendwelchen brennbaren Dingen ab und schleppte diese ebenfalls hinauf. In einer Pappschachtel hinter der Tür der zweiten Hütte fand sie von Ratten angenagte Zeitungen. Die Streichhölzer waren in einer Schüssel über dem Ofen.
Sie wartete, bis es ganz dunkel war, kauerte in dem zu kleinen Hemd und dem blauen Pullover mit den roten Streifen, der nach Männerschweiß roch, aß Schweinefleisch und Bohnen aus der Dose und genoss jeden einzelnen Bissen. Dann entzündete sie das Signalfeuer. Als es brannte, legte sie immer mehr Holz nach, bis die Flammen zehn Meter hoch schlugen und auch vom Festland aus zu sehen waren, dem Festland, das sie durch den Nebelschleier als eine Reihe flackernder, unsteter Lichter ausmachen konnte, als wären dort Sterne ins Meer gefallen. Das Feuer loderte und zerriss die Nacht. Irgend jemand würde es sehen, sagte sie sich, irgend jemand musste es sehen. In jener ersten Nacht schrie sie sogar, ein schrilles Kreischen, das den Nebel durchdringen, über das Meer schallen, den Rumpf eines in der
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