Wenn das Schlachten vorbei ist
verdammt, werden nicht ins Meer geweht werden, was, Frazier?«
Frazier und Annabelle sitzen träumend vor ihrem Kaffee, ihre Gesichter sind so weich und zufrieden und ihre Haltung ist so entspannt, als wären sie in Trance. Er hält seinen Pappbecher in der Linken, sie den ihren in der Rechten. Sie sitzen sehr dicht beieinander, so dass ihre Hüften sich berühren, und ihre anderweitig unbeschäftigten Hände sind ineinander verschränkt und liegen lässig auf Annabelles Schoß. Alma fällt auf, wie hübsch und heiter Annabelle aussieht: Sie trägt eine aquamarinblaue Jacke und eine gelbe Bluse, was die aus Hauern geschnitzten Ohrhänger, die Frazier ihr geschenkt hat, gut zur Geltung bringt, und blickt verträumt über das Meer nach Anacapa und Santa Cruz, die sich in der Ferne erheben wie das ursprüngliche Eden, wie es vor Adam und Eva war, als noch nichts einen Namen hatte.
Aus seinen Gedanken gerissen sieht Frazier auf. »Keine Ahnung. Damals war ich ja nicht dabei, weil« – er sieht erst Alma und dann Annabelle an – »ihr nicht auf die Idee gekommen seid, uns zu holen, damit wir fiese kleine Löcher in all die fiesen kleinen Ratten machen … für, na, sagen wir, einen Freundschaftspreis von fünfzig Dollar das Stück. Na, höre ich fünfzig Dollar?«
Wade mustert ihn verwirrt, als wäre er nicht sicher, ob das ein Witz sein soll, zieht den Kopf ein und verkündet, dass er nachsehen muss, ob alles in Ordnung ist. »Diesmal kein Schlamassel, okay?« Er lächelt nervös und reibt die Hände aneinander, als würde er persönlich den Teig für die Holzofenpizzen kneten. Alma sieht, wie aufgeregt er ist. Die Feier liegt von Anfang bis Ende in seiner Verantwortung, genauer gesagt, in seiner und Jens Verantwortung. Jen ist ihre neue Sekretärin und das Mädchen für alles. Sie hat vor einem Monat angefangen und sich bereits als Fels in der Brandung erwiesen: Sie ist ein Computergenie und hat vier Semester Biologie am Santa Barbara Community College studiert. Jen wird mit allem fertig. Und Wade ebenso. Und das will sie ihnen auch geraten haben. Denn sie hat heute frei. Sie hat nicht mal ihren Laptop mitgenommen.
Wade ist fort, Leute gehen herum, das Boot bewegt sich so unmerklich vorwärts, als würden sie vor Anker liegen, und dann trinkt Frazier einen Schluck Kaffee, sieht sie über den wulstigen Rand seines Bechers an und sagt: »Dann ist das also Beverlys erste Seefahrt? Oder bist du schon mal mit ihr drüben gewesen?«
Das ist für Annabelle das Stichwort, um die Augen zu verdrehen, seine Hand loszulassen und ihm einen kleinen, spielerischen Schubs zu geben. »Was denkst du dir eigentlich, Fraze? Sie ist gerade mal neun Wochen alt.«
Das Gewicht des Babys an ihrer Schulter, ihrer Brust, der ganzen rechten Seite ihres Körpers, ist wie das einer Daunendecke in einer nebligen Nacht: leicht, beruhigend, unentbehrlich und überhaupt nicht wie das des unbeweglichen Klumpens, der in ihr gewachsen ist, so schwer, dass sie dachte, sie würde mit jedem Schritt in die Erde einsinken. Beverly. Sie hat Tims Augen – zwei helle Flecken aus Grün, wie Blätter, auf die das Sonnenlicht fällt – und die starken, nicht ganz kerzengeraden Beine der Takesues. Sie trinkt gierig, unersättlich. Sie gurgelt. Sie lacht. Ihr Lächeln kann den Verkehr zum Erliegen bringen. Alma sagt: »Mh-mh. Das ist das erstemal.«
»Sie scheint gern zu reisen, das muss man sagen. Jedenfalls hat sie noch keinen Piep gemacht.«
»Warte, bis sie aufwacht und merkt, dass sie Hunger hat. Meine Mutter sagt, sie hat eine Lunge wie eine Opernsängerin.«
»Jetzt mach sie doch nicht schlecht! Sie sieht aus, als könnte sie das erste Baby sein, das allein um die Welt segelt. Was meint ihr? Mit ab und zu einem kleinen Nickerchen am Steuer?«
Beverly bewegt sich und schlägt die grünen Augen auf, denen das, was sie sehen, nicht besonders gefällt. Sie holt zwei-, dreimal Luft, und im nächsten Augenblick bricht die Wehklage los und schallt durch die Kajüte. Alle sehen sich um, manche sind irritiert, andere schwelgen gerührt in Erinnerungen, und dann wenden sie sich ab, Alma knöpft Bluse und Still-BH auf, das Baby saugt, die Milch fließt, und die Unterhaltung wird fortgesetzt.
»Ich weiß nicht, wie’s euch geht«, sagt Frazier und sieht Annabelle an, »aber ich könnte jetzt ein Bier gebrauchen. Noch jemand? Alma?«
»Sie stillt doch, du Blödmann.« Annabelle sieht ihn strafend an, mit finsteren Augenbrauen und in gespielter Empörung
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