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Wenn das Schlachten vorbei ist

Wenn das Schlachten vorbei ist

Titel: Wenn das Schlachten vorbei ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. C. Boyle
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seinem üblichen Tempo, zweiundvierzig Jahre alt und so fit, wie er dank Fitness-Studio und Dr. Reisers Lotensin und den Blutverdünnern nur sein kann. Er ignoriert die Wagen, die an der roten Ampel warten, mit hin und her schlagenden Scheibenwischern und Abgaswolken, die aus den Auspuffrohren quellen, diesem letzten petrochemischen Keuchen des schwarzen Zeugs, das in Saudi-Arabien, Nigeria und Venezuela unter Schieferschichten lagert, diesem Tod der Erde und alles Lebendigen, und er riecht zertretene Würmer, moderndes Laub und den feuchten, säuerlichen Geruch aufgeweichter Zeitungen, die auf dem Bürgersteig liegen, weil die mexikanischen Austräger in der finsteren, trostlosen Stunde vor Tagesanbruch die Schwellen der Haustüren und Ladeneingänge verfehlt haben. Er geht dahin und beschließt, heute nicht in einem seiner Geschäfte vorbeizuschauen – LaJoy Heimelektronik, mit Filialen in Santa Barbara, Goleta, Ventura und Camarillo –, denn was immer an einem Tag wie diesem dort geschieht oder nicht geschieht, ist nicht mehr seine Sorge, sondern das Problem der jeweiligen Geschäftsführer. Sie haben jetzt die Verantwortung, sie und Harley Meachum, der mehr als genug dafür bekommt, ebendies zu tun: sich zu kümmern.
    Er hat sich weitgehend aus dem Geschäft zurückgezogen. Das ist sein wohlverdienter Status. Er hat schwer gearbeitet und eine Menge Geld verdient, und jetzt hat er sein Haus in Montecito, seine zwei Wagen, sein Boot und Anise, und er hat Zeit, so wie er es immer wollte – wie der Penner, den er an seinem BMW stehen sieht, als er um die Ecke biegt, einen schlanken, philosophisch wirkenden weißhaarigen Penner, der da steht, als überlegte er, ob er ein Angebot auf den Wagen machen soll.
    Das ist bei ihm ganz automatisch: Ein Penner ist für ihn ein Penner und nicht ein Obdachloser oder ein weniger vom Glück Begünstigter oder ein Bedürftiger oder ein nichtsesshafter Mitbürger oder wie immer man es gerade auszudrücken hat, auch wenn Anise ihn in diesem Punkt immer korrigieren will, aber seine Sympathien gehören eben den Tieren, die gar keine Wahl haben – den Schweinen, die mit Elektroschocks zur Schlachtbank getrieben werden, den Hühnern, die am Fließband zerlegt werden, obwohl sie noch halb am Leben und bei Bewusstsein sind, den Kaninchen und Eseln und Schafen, die der Park Service auf Santa Barbara, San Miguel und Santa Cruz hat abschlachten lassen, ohne mit der Wimper zu zucken –, und nicht irgendeinem weißhaarigen, aufrecht gehenden Primaten, der nicht in einem Land der Dritten Welt aufgewachsen ist, sondern alle Vorzüge eines Lebens in Amerika genossen hat und trotzdem in einer infantilen Regression den ganzen Tag auf einer Wiese herumliegen und an einer Flasche nuckeln will. Ist das ein fundamentaler Widerspruch: für Tiere, gegen Menschen? Und wennschon – das ist nicht schlimmer als die Haltung dieser Ökopolizisten, und mit dem Geld, das die für das Brodifacoum und die Hubschrauber ausgeben, könnten sie jeden Penner in der Stadt für einen Monat im Holiday Inn unterbringen.
    Sein Lieblingspenner – obwohl er ihm nie etwas geben würde und sehr erfreut wäre, wenn ihn jemand in den Bus nach Echo Park oder San Jose setzen würde, zurück in das Loch, aus dem er irgendwann gekrochen ist – ist ein Typ, der mindestens dreihundert Pfund wiegt und immer Shorts, Arbeitsstiefel und ein schmutziges weißes T-Shirt trägt, so groß wie das Segel eines Hobie Cat. Seine Beine sind wie Betonpfeiler, und sein Bauch wölbt sich unter dem T-Shirt wie ein Wesen mit einem eigenen Leben, das im Begriff ist, sich abzuspalten. Er stellt sich vor ein Restaurant seiner Wahl und bettelt den dicken, gesättigten, leicht benebelten Touristen die Tüten mit den mitgenommenen Resten der Mahlzeit ab. Und wenn ihm nach italienischer Küche ist, nimmt er kein Sushi. O nein. Er nicht. Er weiß, was er will. Er hat Geschmack. Er ist ein Gourmet.
    Inzwischen hat dieser Penner, der Philosoph, gemerkt, dass er nicht mehr allein ist. Es ist, als wäre er aus einem Traum erwacht, seine Augen bekommen etwas Suchendes, wie Finger, die im Dunkeln nach einem Halt tasten, und als Dave um den Wagen herum zur Fahrerseite geht, sagt er mit einer Stimme voller Schleim und Teer: »Ham Sie ma ’n Dollar?«
    Der Schlüssel ist im Schloss, der Regen fällt auf die Dreads, der Kragen ist aufgestellt, und er verspürt keine Wut, denn er hat etwas zu erledigen, er hat einen Termin, und kein Penner, der ja nicht mal die

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