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Wenn das Schlachten vorbei ist

Wenn das Schlachten vorbei ist

Titel: Wenn das Schlachten vorbei ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. C. Boyle
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das er nicht nur wegen seines Namens hasst, sondern auch wegen seiner Besitzer: Es sind Leute, die nie den Hafen verlassen, aber jede Menge Zeit zu haben scheinen, um mit einem Drink in der einen und einem Fernglas in der anderen Hand in einem Liegestuhl zu sitzen und zu beobachten, immer nur zu beobachten. Und was beobachten sie bloß? Normalerweise ignoriert er Mrs. Janov, geht einfach an ihr vorbei, ganz gleich, welchen Schwachsinn über das Wetter, die Möwen, die Möwenscheiße oder was auch immer sie zu ihm sagt, immer die gute Nachbarin, die ihre Nase in alles hineinstecken muss, aber weil alles so glatt läuft und er sich beschwingt fühlt und vielleicht ein kleines bisschen aufgeregt ist, bedenkt er ihr verkniffenes Gesicht mit einem knappen Nicken. Der Steg wippt unter ihnen, und Mrs. Janovs Flipflops klatschen wie zwei Hämmer.
    Sie gehen an Bord, gleiten in die Kajüte wie Robben ins ruhige Meer. Bis auf das leise Wispern des Nieselregens auf dem Dach und der salzfleckigen Windschutzscheibe des Steuerhauses ist es still. Wilson setzt sich schwerfällig hin – nein, er lässt sich mit einem Seufzer auf die Couch fallen – und verkündet: »Zehntausend Tabletten, wie du gesagt hast. Meinst du, das wird reichen?«
    Das Boot riecht, wie Boote eben riechen, wenn sie in Regen und Kälte im Hafen liegen: Die Toilette macht sich bemerkbar, Wachs und Lack und Muschelentferner konkurrieren mit der modrigen Ausdünstung von Pilzen und dem feuchten, gemaserten Geruch des Meers, den die Kälte festhält, komprimiert und gären lässt, bis die Sonne – oder die elektrische Heizung – das alles vertreibt. Er hat die Heizung bereits eingeschaltet, schiebt sich um den Tisch herum auf die Bank und richtet sich in dem beengten Raum ein, der ihm immer das angenehme Gefühl gibt, dass alles, was er je brauchen könnte, in Reichweite ist – Leinen los, raus aufs Meer, vergiss den ganzen Rest. »Willst du Kaffee?« fragt er und setzt Wasser auf. »Ich mach sowieso welchen. Mann, das Zeug, das sie mir im Cactus vorgesetzt haben, hat geschmeckt wie Verdünner.«
    »Mit Milch und Zucker«, sagt Wilson und blättert in einer sechs Monate alten Nummer von National Geographic . Er hat sich hingelegt, seine Augen sind halb geschlossen. Er ist einer von denen, die, wenn sie nicht gerade arbeiten – und im Augenblick arbeitet er definitiv nicht –, überall schlafen können, sei es um halb elf Uhr morgens auf einer leise schaukelnden Yacht im Hafen von Santa Barbara oder um fünf Uhr nachmittags auf der Terrasse von Brophy Brothers vor einem Teller mit fritierten Kalamari.
    »Ich weiß nicht«, sagt Dave und nimmt zwei Becher von den Haken, »das ist alles nur geschätzt. Die sagen, da drüben gibt es dreitausend Ratten –«
    »Mehr nicht?«
    Dave zuckt die Schultern, eine Geste, bei der er die Becher auf Brusthöhe hebt und wieder senkt. »Kommt mir auch wenig vor. Aber Platz und Nahrung sind begrenzt, nicht wie hier, wo es jede Menge Menschen gibt. Und Müll. Aber was ist jetzt mit dem Mittel. Es ist fettlöslich, oder?«
    »Ja, genau. Fettlöslich. Die Vitamine C und B sind wasserlöslich, das heißt, man scheidet sie beim Pissen aus. Und darum kriegt man Skorbut. Seeleute jedenfalls. Damals. Aber dieses Zeug wird im Fett der Leber gespeichert.«
    »Dann wird eine Dosis also reichen? Sie fressen eine Tablette und sind geschützt?«
    »Mann, das weiß ich nicht. Ich weiß bloß, was ich im Internet gelesen hab. Vitamin K2, hundert Mikrogramm pro Tablette, total natürlich. Da stand, es handelt sich um ›eine biologisch aktive Form, die aus einem fermentierten japanischen Sojaprodukt namens Natto gewonnen wird‹. Hast du je davon gehört?«
    »Nein, kann ich nicht behaupten.« Er stellt die Becher auf die Theke und bemerkt, dass auf der Innenseite des einen, ein paar Zentimeter unterhalb des Randes, ein brauner Ring ist. Den er nicht weiter beachtet. »Klingt aber gut. Ich meine, wie kompliziert soll das sein? Es ist ja bloß ein Vitamin.« Er kann bereits spüren, wie es warm wird. Das Wasser im Kessel wird gleich kochen. Draußen ist der Regen heftiger geworden und prasselt auf das Deck, und plötzlich ist er dreißig Jahre zurückversetzt in die Kajüte des Bootes seines Vaters, das an einem Tag wie diesem vor der Insel Santa Cruz vor Anker lag: Seine Mutter stand am Herd und machte getoastete Käsesandwiches – Schweizer Käse auf Grahambrot mit Sauerkraut und Senf, ihre Spezialität –, so dass die Luft erfüllt war

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