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Wenn das Schlachten vorbei ist

Wenn das Schlachten vorbei ist

Titel: Wenn das Schlachten vorbei ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. C. Boyle
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sie konnte die schrille, strenge Stimme von Mr. Parminter, ihrem Englischlehrer in der zwölften Klasse, hören, die aus den Tiefen ihres Unbewussten aufstieg –, dann etwas über die Natur, über ihre Kraft und Größe. Setz dein Glück nicht aufs Spiel. Störe nicht das Gleichgewicht. Lass den Albatros am Leben. Lass überhaupt alle Lebewesen am Leben … außer vielleicht Hummer. Bei dem Gedanken an Mr. Parminter und ihre Schulzeit, die schon ein Jahrhundert zurückzuliegen schien und in der ihr ganzes Leben aus Gedichten und Romanen und Lehrsätzen und Gleichungen bestanden hatte, lächelte sie im Dunkeln. Sie konnte kaum glauben, dass seit ihrem Schulabschluss nur vier Jahre vergangen waren.
    Sie schwang die nackten Füße aus der Koje. Der Boden fühlte sich fest an, kühl und ein wenig feucht. Sie trug ein Flanellnachthemd, das bis zu ihren Füßen reichte, auch wenn sie wünschte, sie könnte für Till etwas Durchsichtigeres anziehen – doch das würde warten müssen, bis sie wieder zu Hause in ihrem Schlafzimmer waren. Sie war anständig und sittsam, nicht wie die Frauen, die ihre in Übersee kämpfenden Männer bei der ersten Gelegenheit betrogen hatten, und sie hatte sich einfach nicht wohl dabei gefühlt, Warren auf so beengtem Raum etwas von sich zu zeigen, auch wenn er Tills Bruder war. Sie hatte gesehen, mit welchen Blicken Warren sie manchmal musterte: Sie waren im Grunde kaum anders als die Pfiffe und Rufe und anzüglichen Bemerkungen, die sie hatte erdulden müssen, seit sie in der achten Klasse einen Busen bekommen hatte. Sie machte ihm keine Vorwürfe. Er war eben ein Mann. Er konnte nicht anders. Und sie war zwar stolz auf ihre Figur – die war das Beste an ihr, denn sie würde nie das sein, was man als hübsch bezeichnete, jedenfalls nicht im landläufigen Sinne –, aber sie wollte weder ihn noch irgend jemand sonst auf irgendwelche Gedanken bringen. Sie war eine Frau, die nur einem einzigen Mann gehören wollte, und damit war alles gesagt. Im Gegensatz zu Sandra, die aussah, als hätte sie jede Menge Erfahrung, und vor einer Woche, als sie mit dem Boot nach San Pedro gefahren waren, in einem zweiteiligen Badeanzug herumstolziert war – und dabei war der Wind so kühl gewesen, dass sie am ganzen Körper eine Gänsehaut bekommen hatte und sich bei der Rückkehr in den Hafen in Warrens Jacke hatte wickeln müssen. Immerhin: Sandra hatte diesmal nicht mitkommen können. Sie hatte einen »Auftritt« in Nord-Hollywood, was immer das hieß, aber das war schließlich nicht Beverlys, sondern Warrens Sorge.
    Sie schlüpfte in die Toilette, trank ein Glas Wasser und dann noch eins. Ihr war flau. Das letzte Bier war wohl eines zuviel gewesen. Sie fuhr sich mit den Fingern durch das Haar, das schlaff und kraftlos war, obwohl sie es am Morgen gewaschen und gelegt hatte. Genaugenommen gestern morgen. Aber sie war jetzt auf hoher See und würde sich damit abfinden müssen – wie auch Till, der immer erwartete, dass sie adrett und zurechtgemacht war und sich präsentierte wie eine dieser Schauspielerinnen in den Illustrierten. Sie bediente die Handpumpe der Spülung, wusch sich die Hände – wertvolles, kostbares Wasser –, öffnete leise die Tür und schloss sie wieder. Als sie sich in die Koje legte, nahm sie sich vor, ein Kopftuch umzubinden, wenigstens bis sie angekommen waren und sie ein wenig schwimmen konnte – sofern das Wasser warm genug war, natürlich. Dann dachte sie wieder an den alten Seemann und Mr. Parminter, der immer eine Fliege getragen und »Ode an eine griechische Urne« auswendig hatte rezitieren können. Und dann schlief sie ein.
    Als sie zum zweitenmal erwachte, war es hell, und Tills Koje war leer. Sie versuchte, sich auf den Boden zu konzentrieren, aber der wollte nicht stillstehen. Eine wütende Faust schien den Rumpf des Bootes mit donnernden Schlägen zu bearbeiten, die die dünne Matratze und die Planken darunter erzittern ließen, und dieses Erbeben setzte sich in ihr fort, bis sie es in der Brust, im Kopf, in den Zähnen spüren konnte. Und obendrein stöhnte und ächzte jede Schraube, jede Mutter, jedes Stück Metall an Bord, und das alles zusammen erzeugte ein beständiges erregtes Summen, als wäre ein Hornissenschwarm in dem Boot gefangen. Und was war das für ein Geruch? Schimmel, versteckte Fäule, die säuerliche Ausdünstung ihres ungewaschenen Körpers. Ohne nachzudenken beugte sie sich über den Eimer, den sie für den Notfall neben die Koje gestellt hatte, und

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