Wenn der Hunger erwacht (German Edition)
schnellen Blick über die Schulter. „Sie ist nur noch nicht aufgewacht.“
Oh, Mist.
„Lass mich los, zum Teufel“, wollte er schreien, brachte aber nur ein raues Ächzen zustande. Entsetzen schnürte ihm wie eine schwere Last die Brust zu, er konnte kaum atmen … kaum denken.
„Sofort!“, brachte er schließlich heraus und holte mit der Faust aus. Sein Bruder riss den Kopf zurück, konnte dem Schlag gerade noch ausweichen und fluchte.
„Schon gut, beruhige dich. Sie kommt schon wieder in Ordnung“, hörte er ihn sagen, doch ohne sich darum zu scheren, kroch Ian auf sie zu. In seinem Kopf drehte sich alles, und seine rechte Hand brannte wie Feuer. Aber dass er zu ihr kam, war das Einzige, was zählte. Er versuchte, auf die Füße zu kommen, rutschte aber in dem nassen Gras aus, stürzte auf die Knie. Durch die Rauchwolke, die immer noch vor dem Haus in der Luft hing, konnte er jetzt Kierland Scotts rotes Haar erkennen.
Ian kroch weiter schwerfällig über das Gras, jeder pfeifende Atemzug tat in der Lunge weh. Er schien für die paar Meter ewig zu brauchen, jede Sekunde zerfetzte sein Inneres vor Angst, und dann war er endlich bei ihr, kniete neben ihr. Sie lag zusammengerollt da, reglos, und der Watchman kniete an ihrer Seite, prüfte ihren Puls mit der Hand an ihrem Hals. Scotts Lippen bewegten sich, aber Ian konnte nicht verstehen, was er sagte. Sein eigener Herzschlag dröhnte wie ein tobender Sturm in seinem Kopf, und er streckte die Hände nach ihr aus, zuckte aber zurück aus Angst, sie zu berühren … und sie vielleicht unabsichtlich zu verletzen.
„Molly“, stöhnte er voller Verzweiflung. Ian begriff nicht, was mit seiner Stimme los war, bis er merkte, dass ihm die Tränen kamen, sie brannten in seinen Augen, rannen über seine Wangen, vermischten sich mit Dreck und Schweiß und Blut.
Scott packte ihn an der Schulter und schüttelte ihn. Ian starrte ihn nur an und hatte Mühe, ihn zu verstehen. „Das wird wieder, Buchanan. Sie ist bei der Explosion ohnmächtig geworden, aber sie kommt gleich wieder zu sich. Sie kommt zu sich.“
Das ist gut … das ist gut. Reiß dich zusammen, Mann. Hör auf zu heulen.
Er wusste selber nicht, ob diese Worte von dem Arsch in seinem Hirn kamen, oder ob Riley wieder auf ihn einredete, aber er holte tief Luft, betrachtete ihr Gesicht … und plötzlich blinzelte sie, sah ihn an mit einem süßen, noch etwas unsicheren Lächeln auf ihren zarten, kostbaren Lippen.
„Ian“, flüsterte sie, der Rauch hatte auch ihre Stimme kratzig werden lassen, dann senkte sie den Blick, und das Lächeln erstarb, wich entsetzter Panik, als sie das scharlachrote Blut sah, dass seinen ganzen Oberkörper bedeckte. „Oh mein Gott, du bist verletzt!“
„Nein, ich bin okay … ich bin okay.“ Er setzte sich hin und zog sie in seine zitternden Arme, drückte sie zu fest an sich, aber dagegen konnte er nichts machen. Jetzt erst stürzte es wirklich auf ihn ein – die ganze Angst und Wut und Qual, die er durchmachen musste –, bis sie sich an seine Brust schmiegte und ihre Lippen auf seine Halsschlagader drückte, wo sein Puls wild raste. Und in diesem Augenblick schien alles, was eben noch solch ein entsetzlicher Wahnsinn gewesen war … plötzlich wieder in Ordnung zu kommen.
„Herrgott“, hauchte er an ihre Schläfe, während seine Hände über ihren Rücken und ihre Arme glitten, um sicherzugehen, dass sie wirklich nicht verletzt war. „Jag mir bloß nie wieder so einen Schreck ein. Ich schwöre, das hat mich bestimmt fünfzig Jahre meines Lebens gekostet.“
„Mir geht’s gut, Ian“, murmelte sie und betastete ebenfalls prüfend seinen Körper. „Aber du bist voller Blut.“
„Ich bin aber nicht verletzt, versprochen. Sei jetzt still … sei einfach still und lass mich dich festhalten.“ Ian schloss die Augen, wiegte sie sanft in seinen Armen, den Kopf an ihrer Schulter vergraben. Er erschauerte, als die Angst langsam von ihm wich und Erleichterung in seiner Brust aufstieg und er ein unvertrautes, süßes Kribbeln vor lauter Glück in seinem Körper spürte. Seine Augen brannten heiß, ein komisches Geräusch kam aus seiner Kehle, er wusste selber gar nicht, ob er lachte oder weinte oder beides.
Molly bewegte sich in seinen Armen und strich ihm über das zerkratzte Gesicht, wischte ihm mit strahlendem Lächeln die Tränen ab. „Ian … mein Gott. Ich bin so stolz auf dich. Du hast es geschafft!“
Er drückte einen zarten Kuss auf ihre Schläfe. „Nein,
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