Wenn der Tod mit süßen Armen dich umfängt
eine, dann in die andere Richtung.
»Hast du dich verfahren?«, fragte sie, und erst in dem Moment wurde ihr bewusst, dass sie seit einer Stunde kein anderes Fahrzeug mehr gesehen hatte. Ohne den Fahrtwind legte sich die schwüle Hitze wie eine Decke über sie und schnürte ihr die Luft ab. Sie waren allein in einem grünen Dickicht, das in allen erdenklichen Farbschattierungen schimmerte, einzig von gelegentlich über ihnen aufblitzenden blauen Himmelsfetzen durchbrochen. Aber je weiter sie bergaufwärts kamen, desto dichter schlossen sich die Baumkronen über ihnen, und Maria konnte immer seltener einen Blick auf den Himmel erhaschen.
»Stimmt etwas nicht?« Sie griff nach ihrem Handy. Ein sinnloser Reflex der Stadtbewohnerin – hier gab es bestimmt keinen Empfang.
Prescott wandte sich ab, warf einen wütenden Blick auf den linken Pfad und riss das Steuer dann nach rechts herum. »Nein, alles in Ordnung. Ich will nur sichergehen, dass wir dort eintreffen, ehe es dunkel wird.«
Klang einleuchtend, sie würde auf dieser Straße auch nicht gerne im Dunkeln fahren. Obwohl der Nachmittag gerade erst begonnen hatte, hatte er in den Schatten des Dschungels bereits die Scheinwerfer eingeschaltet. Außerdem brach die Dämmerung hier oben am Berg schneller herein als im Tiefland. Prescott sah sie nun nicht mehr an, er lächelte auch nicht mehr. Stattdessen fuhr er über das Lenkrad gebeugt und fluchte jedes Mal, wenn er wegen eines umgefallenen Baumstammes oder einer Schlammpfütze vom Gas gehen musste. Die Straße glich allmählich eher einem Feldweg.
Gott sei Dank war Prescott bei ihr. Alleine hätte sie es nie hierhergeschafft. Sie fuhren um eine enge Kurve. Ein schlammbedeckter Pick-up blockierte den Weg. Neben dem Fahrzeug standen Männer mit Maschinenpistolen in der Hand, die ihnen bedeuteten anzuhalten.
»Prescott!«, schrie Maria. Er schlug das Lenkrad herum und legte eine Kehrtwende ein. Der Jeep schlingerte und schwankte, die Räder drehten im Schlamm durch, und sie fuhren über ein paar kleinere Sträucher, aber irgendwie schafften sie es, ohne umzukippen. Prescott raste den Weg zurück.
»Wer war das?« Sie langte nach dem Türgriff und zog den Kopf ein, für den Fall, dass die Männer das Feuer eröffneten. Das Herz schlug ihr bis zum Hals, aber Prescott fuhr einfach ungerührt weiter. »Was wollten die von uns?«
»Dich.« Er fuhr wieder tief über das Lenkrad gebeugt. Angst stand ihm ins Gesicht geschrieben, aber auch Wut. Sie nahmen die nächste Kurve und ließen die bewaffneten Männer hinter sich.
»Mich? Warum mich?« Panik machte sich in ihr breit, jede einzelne gruselige Geschichte über Entführungen und Vergewaltigungen von Touristinnen kam ihr wieder in den Sinn. Dann erst begriff sie. Der Schatz. Diese Männer dachten, sie wisse, wo der Schatz liegt. Nein, das konnte es nicht sein. Wie hätten sie darauf kommen können?
Plötzlich trat Prescott auf die Bremse, und der Jeep geriet ins Schleudern. Ein großer gelber Land Rover versperrte ihnen den Weg. Vor dem Wagen stand ein Mann, der sich mit verschränkten Armen lässig gegen die Stoßstange lehnte, als warte er auf jemanden, mit dem er verabredet war. Ein Spanier, gutaussehend, aber mit einer blassen Narbe auf der rechten Wange.
Der Jeep kam quer zum Stehen, sodass die Fahrerseite dem Mann am nächsten war. Prescott atmete geräuschvoll aus und sah Maria aus schmalen Augen an. »Warte hier. Und rühr dich nicht vom Fleck. Tu genau, was ich sage.«
Wie konnte er nur so ruhig bleiben? Sie hatte sich tief in den Wagen gekauert und nickte zu ihm auf. All das fühlte sich unwirklich an. So etwas konnte einfach nicht wirklich passieren, ihr jedenfalls nicht. Ihr passierte nie etwas. Marias Leben war sogar noch langweiliger als das ihrer Eltern.
Prescott kletterte aus dem Jeep und ging langsamen Schrittes auf den Mann zu.
»Ich denke, Sie sind falsch abgebogen«, sagte der Spanier. Seine Stimme klang beinahe fröhlich, aber als Maria einen Blick über die Scheibe wagte, sah sie eiskalte Augen.
Entgegen Prescotts Mahnung öffnete sie vorsichtig die Tür. Was auch immer geschah, sie wollte vorbereitet sein. Ihre Seite des Wagens lag am Wegesrand und war von Büschen und Farnen umgeben; wenn sie losrannte, wäre sie nach wenigen Schritten im Dickicht verschwunden. Allerdings würde sie sich dann auch heillos verirren.
In der Hoffnung, dass es nicht so weit kommen würde, glitt sie vom Sitz und setzte, verborgen hinter der Tür, einen Fuß
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