WENN DIE LUST ENTLAMMT
exklusive Ferienreisen verschwenden. Sie sah stirnrunzelnd aus dem Fenster auf eine Gegend, die mit jedem Straßenblock, den sie hinter sich brachte, düsterer und trostloser wurde. Zum ersten Mal, seit sie sich ohne einen mitfühlenden Menschen und ohne Zuhause vor dem Plaza wiedergefunden hatte, besaß sie ein Sicherheitspolster, das sie vor dem Leben auf der Straße bewahren konnte.
Mallory würde nicht so dumm sein, das aufs Spiel zu setzen. Auf keinen Fall. Sie würde das Nötigste davon bezahlen – die Handyrechnung, die überfällige Miete und einige dringend benötigte Lebensmittel –, und den Rest würde sie sparen. Sie würde jeden Penny zweimal umdrehen, bevor sie ihn ausgab.
Sie war sicher, dass es nicht für immer und ewig so bleiben würde. Die unerwartete Erbschaft konnte ein Zeichen sein, dass ihre Pechsträhne zu Ende war. Morgen würde sie die Zeitungen wieder nach einem Job durchforsten. Und wenn sie sich nur Mühe gab, würde sie bestimmt spätestens in einer Woche irgendjemandes Lieblingsangestellte sein.
Stripperin. Schwester in einem Altenheim. Fast-Food-Kellnerin.
Die großartigen Stationen meiner Karriereleiter, dachte Mallory niedergeschlagen, als sie eine Woche später ziemlich spät am Abend aus dem Bus stieg.
Sie wickelte sich fest in ihren Mantel, um sich gegen die Kälte zu schützen, die der Schnee gebracht hatte, der seit ungefähr einer Stunde fiel. Langsam ging sie in ihren viel zu dünnen Schuhen durch den zu Eis erstarrten Schneematsch und wünschte, sie hätte heute Morgen daran gedacht,Stiefel anzuziehen.
Aber da war das Wetter noch angenehm und sonnig gewesen, ganz im Einklang mit ihrer Laune, weil sie sich für sechs vielversprechende Stellenangebote bewerben wollte.
Jetzt waren zwölf Stunden vergangen, Mallory hatte acht Mal umsteigen müssen, war zwölf Blocks gelaufen und hatte danach eine kleine Ewigkeit warten und reden und lächeln und beten müssen und am Ende keinen einzigen dieser Jobs bekommen.
Ich bin kein Typ für Selbstmitleid, sagte sie sich und zuckte zusammen, als irgendwo eine Tür zugeknallt wurde und ein Mann einen wüsten Fluch ausstieß. Aber sie musste zugeben, dass ihre Unfähigkeit, einen guten Job zu bekommen, ihr das Gefühl vermittelte, völlig nutzlos zu sein. Der Gedanke, dass sie ohne die unverhoffte Erbschaft gefährlich nahe daran gewesen wäre, unter der Brücke zu schlafen, ging ihr nicht aus dem Kopf.
Ihre Füße waren eiskalt, und die ruhige, scheinbar menschenleere Straße weckte das kalte Grausen in ihr. Der Gedanke, dass sie noch eine Nacht völlig allein und bei Brot und Käse in ihrer zugigen Wohnung zubringen musste, ließ sie sich noch schlechter fühlen, aber …
„Sieh mal einer an. Wen haben wir denn hier Schönes?“
Ihr Herz setzte einen Schlag aus, als eine hochgewachsene Gestalt aus einem dunklen Hauseingang trat und sich ihr in den Weg stellte. Mallory blieb abrupt stehen, das Herz schlug ihr bis zum Hals vor Entsetzen.
Die Zeit schien stehen zu bleiben, während Mallory tausend Gedanken gleichzeitg durch den Kopf gingen. Lauf! Oh mein Gott, ich werde sterben. Klingt diese Stimme nicht irgendwie vertraut?
Dann kam der Mann einen Schritt näher, und das schwache Licht der schneebedeckten Straßenlaterne an der Ecke fiel auf sein Gesicht.
„Hast du den Verstand verloren?“ Mallory schnappte mühsam nach Luft, sie überlegte nicht, sondern reagierte einfach, stürzte sich auf Gabriel und schlug auf seine breite Brust ein, die sich völlig ruhig hob und senkte, als wäre nichts geschehen. „Was für ein gemeiner, hinterhältiger, dreckiger Trick! Du hast mich zu Tode erschreckt!“
„Gut.“ Er packte ihre Handgelenke. „Du sollst auch Angst haben, verdammt noch mal!“ Selbst im spärlichen Licht der Straßenlaterne war sein grimmiger Gesichtsausdruck nicht zu übersehen. „Was, zum Teufel, machst du um diese Zeit auf dieser Straße?“
„Oh, lass mich mal überlegen. Ach, ich glaube, ich weiß wieder. Ich wohne hier!“
„Dann habe ich eine Neuigkeit für dich“, fuhr er sie heftig an und zog sie mühelos dicht an sich, als sie sich zu befreien versuchte. „Du wirst bald nirgendwo mehr wohnen, wenn du weiterhin so dumm bist, im Dunkeln durch die Gegend zu laufen und dazu noch den Kopf hängen zu lassen wie ein verängstigtes kleines Mäuschen. Du liebe Güte, Mallory! Besitzt du nicht genügend Verstand, um zu wissen, dass man in einer Gegend wie dieser hier keine Schwäche zeigen darf, weil das
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