WENN DIE LUST ENTLAMMT
Seine Augen leuchteten wieder, aber dieses Mal nicht vor Belustigung. „Jedenfalls heute noch nicht.“
Mallory versuchte, das Verlangen in ihrem Innern zu ignorieren, das seine Drohung in ihr erweckte – oder war es ein Versprechen? Bevor sie etwas sagen konnte, erschiendie Kellnerin mit ihrer Bestellung.
Es duftete wundervoll, und ein wenig erschrocken entdeckte Mallory drei Dinge auf einmal.
Man konnte sie ruhig einen Schwächling nennen, aber für heute hatte sie schon genug Verantwortungsbewusstsein gezeigt. Es war wirklich harte Arbeit, erwachsen zu sein, und die Sorgen um jeden Penny, die erfolglose Suche nach einem Job und das Grübeln über jedes Wort, das aus Gabriels Mund kam, hatten sie völlig erschöpft. Die Welt würde schon nicht aufhören, sich zu drehen, wenn Mallory sich eine kleine Pause gönnte und sich eine mickrige halbe Stunde einfach nur gut unterhielt.
Und es würde wohl auch nichts Schlimmes passieren, wenn sie dieses eine Mal Gabriel gewinnen und ihn für das Abendessen bezahlen ließ.
Und die dritte Erkenntnis war, dass sie sehr viel hungriger war, als sie gedacht hatte.
Also war es nur angemessen, dass sie den Salat von sich schob, Gabriels Teller begutachtete und ihn einfach beschlagnahmte. „Ich nehme das hier, vielen Dank.“
Die Kellnerin zuckte nicht mit der Wimper. „Das will ich meinen, meine Liebe“, sagte sie nur und ging.
Mallory schob sich eine Gabel Kartoffelpüree in den Mund und hätte fast gestöhnt vor Zufriedenheit. „Das schmeckt fantastisch.“ Sie nahm noch einen Bissen, bevor sie die Augen öffnete, um zu sehen, wie Gabriel den Diebstahl seines Essens hinnahm.
Zu ihrer Überraschung betrachtete er sie mit einem äußerst seltsamen Blick. Aber im nächsten Moment erschien schon ein kleines Lächeln in Gabriels Mundwinkeln. „Freut mich, dass es dir gefällt“, meinte er trocken und griff nach dem Salatdressing.
Danach sprach eine ganze Weile keiner von beiden ein Wort, während sie einvernehmlich aßen.
4. KAPITEL
„Wow.“ Mallory hielt die Füße in den warmen Luftstrom des Gebläses der Klimaanlage in Gabriels Jeep und seufzte zufrieden. „Das zweite Stück Kuchen war vielleicht doch ein Fehler. Ich komme mir vor wie eine Boa constrictor, die gerade eine Ziege verschluckt hat.“
Gabriel nahm den Blick von der Straße, um Mallory anzusehen. Sie hatte die Augen geschlossen, das glänzende Haar fiel ihr weich bis auf die Schultern und ihr zartes Profil zeichnete sich klar vor dem Nachthimmel ab.
Sie sah überhaupt nicht mehr aus wie das kleine Biest, das ihm sein Abendessen stibitzt hatte und es mit sichtlichem Vergnügen verschlungen hatte. Nein, jetzt machte sie eher den Eindruck einer eleganten jungen Aristokratin, die sich einen Abend lang von den Intrigen im Palast erholte. Oder – und sein Blick ging dabei unwillkürlich zu ihrem Mund – wie eine exklusive teure Kurtisane aus einem historischen Film, die eine Weile vor ihren betuchten Verehrern geflohen war.
Das Verlangen, das ihn schon den ganzen Abend lang beharrlich verfolgt hatte, hatte ihn jetzt endgültig überwältigt und hielt ihn in den Klauen. Gabriel wünschte sich nichts sehnlicher, als Mallory zu berühren. Er wollte ihre Wangen streicheln, ihre weichen sinnlichen Lippen kosten und das Gesicht in ihre Locken schmiegen.
Aber alles das konnte sehr wohl so ausgelegt werden, als wollte er sie möglichst schnell in sein Bett bekommen, und er hatte schließlich in seiner unendlichen Weisheit versprochen, dass heute Abend nichts dergleichen infrage käme.
Er atmete tief durch und richtete den Blick wieder auf die Straße. Ein ironisches Lächeln spielte um seine Mundwinkel. Es hatte auch in der Vergangenheit unzählige Gelegenheiten für ihn gegeben, sich an Mallory heranzumachen. Und doch hatte er sich immer dagegen entschieden, und das aus Gründen, die genauso verschieden wie zahlreich waren.
Er war sehr mit seiner Arbeit beschäftigt gewesen - und sie damit, mit anderen Männern zu flirten. Er hatte jüngere Brüder, um die er sich kümmern musste, eine Firma und einen Berg von Verantwortung, und sie hatte nichts dergleichen. Gabriel zog es vor, dass seine sexuellen Beziehungen unkompliziert und unverbindlich blieben, und es gab nichts Unkompliziertes an Mallory. Weder damals noch jetzt.
„Gabriel?“ Ihre Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. Wie aufs Stichwort hatte ihre Stimmung sich plötzlich verändert. Mallory klang ernst. Der leichtfertige Ton von vorhin war
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