Wenn die Nacht dich kuesst...
und zerrte daran. »Warum, um Himmels willen, hast du geschossen? Jetzt, wo Duvalier vernichtet ist, wie willst du da jemals Julians Seele wiederfinden? Nach allem, was du getan hast, allem, was du geopfert hast, um ihn zu beschützen, wie konntest du da mein Leben ihm vorziehen?«
Adrian nahm ihr Gesicht zärtlich zwischen seine Hände und wischte ihr behutsam mit dem Daumen eine Träne von der Wange. Mit einem tiefen Blick in ihre grauen Augen sagte er: »Wie mir mal ein sehr weiser Mann gesagt hat, was ist schon die Seele eines Mannes verglichen mit den einzigartigen Reichtümern, die im Herzen einer Frau ruhen?«
Während er seine Lippen auf ihre senkte, floss Carolines Herz von Liebe und Freude über. Ihre Lippen trafen sich, gerade als die ersten Strahlen der Sonne über den östlichen Horizont kletterten und sie in das Licht des anbrechenden Tages hüllten.
Epilog
»Wer, um alles auf der Welt, hätte schon jemals von einer Mitternachtshochzeit gehört?«
Sich hektisch Luft zufächelnd, stand Tante Marietta im Rittersaal der Burg und zog mit ihrer gewohnt schrillen Stimme die neugierigen Blicke der Gäste auf sich. Dieselben Gäste, die vor zwei Wochen in eben diesem Saal noch kurzerhand nach Hause geschickt worden waren, als der Maskenball des Viscounts sein abruptes Ende fand und ein wahres Füllhorn an Nahrung für Klatsch geboten hatte. Selbst jetzt noch waren die geschmackloseren Zeitungen nicht damit fertig, die Ereignisse jenes denkwürdigen Abends in allen Einzelheiten durchzuhecheln.
Aber kein noch so heftiges Gefächel konnte die Schweißtropfen trocknen, die Tante Mariettas Hals hinabrannen, um zwischen ihren ausladenden Brüsten zu verschwinden. Auf ihrem Weg über das teigige Fleisch spülten sie etwas von dem reichlich aufgetragenen Reispuder weg, sodass Portias Tante aussah wie ein schmelzendes Marzipantörtchen. »Nicht nur eine Mitternachtshochzeit, sondern auch noch eine, die nicht in einer Kirche stattfindet! Ich weiß nicht, ob sich mein Ruf je von diesem Skandal erholen wird. Alle Welt weiß doch, dass eine anständige Hochzeit an einem sonnigen Samstagmorgen sein sollte, gefolgt von einem herzhaften Frühstück.«
Portia sank tiefer in ihren Stuhl und dachte, dass ihre Tante vermutlich mehr an dem herzhaften Frühstück als an der Hochzeit interessiert war. »Ich habe dir doch schon erklärt, dass es Freitagnacht ist, Tante Marietta. Was bedeutet, dass es in der Minute, da die Uhr Mitternacht schlägt, Samstagmorgen sein wird.«
Tante Marietta ließ ihren Fächer zuschnappen und gab Portia damit einen Klaps. »Sei nicht so unverschämt. Du wirst noch enden wie deine Schwester.«
»Ach ja, die arme Caroline.« Portia seufzte. »Gezwungen, den Rest ihres Lebens mit einem gut aussehenden, steinreichen Viscount verheiratet zu sein, der sie anbetet. Ich weiß nicht, wie sie das nur aushalten soll.«
»Ich habe von deiner anderen Schwester gesprochen.« Tante Marietta zog ein zerknittertes Taschentuch aus ihrem Ausschnitt und betupfte sich die Augen. »Meine liebe, süße Vivienne. Ich hatte solche Hoffnungen für das Mädchen. Ich hätte mir nie träumen lassen, dass sie einmal so tief sinken würde, mit einem Konstabler nach Gretna Green durchzubrennen.« Sie spie das Wort >Konstabler< aus, als sei es das übelste Schimpfwort, das sie sich nur denken konnte.
»Er ist ein Polizist, Tantchen, kein Serienmörder. Und sie wären nicht durchgebrannt, hätte Caroline ihnen nicht ihren Segen gegeben. Sie sagte, sie war es einfach leid, mit anzusehen, wie sie sich über den Tisch hinweg gegenseitig Kuhaugen machten.« Portia drehte sich um und sah sofort Vivienne und ihren frisch gebackenen Ehemann, die einander über ein geschmackvolles Blumenarrangement hinweg anhimmelten.
»Oh, sieh nur, da ist der Cousin deines Vaters!« Das Taschentuch verschwand wieder in Tante Mariettas Ausschnitt. »Oh, Cecil! Cecil!«, rief sie und winkte dem Neuankömmling, ehe sie sich vorbeugte und Portia zuflüsterte: »Ich habe mich schon oft gewundert, warum ein so gut aussehender Kerl wie er nie geheiratet hat.«
Portia reckte den Hals, unfähig, sich ein übermütiges Grinsen zu verkneifen. »Vielleicht ist es genau das, was Lord Trevelyan ihn fragen geht.«
»Ah, Sie müssen Carolines Cousin Cecil sein!«, rief Adrian, der drohend vor dem schmächtigeren Mann aufragte. »Sie hat mir so viel über Sie erzählt.«
»Ach ja?« Eindeutig hin- und hergerissen, ob er sich nun geschmeichelt fühlen sollte
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