Wenn die Sinne erwachen - (Teil 1), erotischer, historischer Roman (German Edition)
statt
den Sheriff zu holen, um dies überprüfen zu lassen, nahmen die
meisten Verlierer das Gesetz lieber selbst in die Hand und versuchten
das verlorene Geld mit Waffengewalt zurückzuholen. In New Orleans
verging kaum ein Tag, an dem es nicht in irgendeiner der vielen
Spielhöllen zu einer heftigen Schießerei kam. Die Sheriffs waren
längst machtlos gegenüber dieser alltäglichen Gewalt.
Wie perfekt Chandler
das Kartenspiel und seine Revolver beherrschte, zeigte allein die
Tatsache, dass er noch immer am Leben war. Die meisten Berufsspieler
starben blutjung. Edan Chandler hatte das siebenunddreißigste
Lebensjahr bereits überschritten.
„ Ich
wollen noch machen sauber hier!“, Pilar schaute demonstrativ auf
Edans eleganten Hausmantel, unter dem seine nackten, behaarten Beine
hervorlugten. Edan verstand ihren auffordernden Blick und erhob sich
widerwillig aus dem Stuhl. Obwohl es bereits früher Abend war,
unterdrückte er ein müdes Gähnen. Er hatte schlecht geschlafen.
Die Dämonen seiner Vergangenheit ließen ihn derzeit nicht zur Ruhe
kommen. Vielleicht lag es aber auch daran, dass ihn Bankier Ernest
LaValle, bis in den frühen Morgen hinein, am Pokertisch festgehalten
hatte. Der glatzköpfige Kreole hatte sich einfach nicht damit
abfinden wollen, dass ihm der berüchtigte „Iceman“ in nur einer
Nacht zweitausend Dollar abgeknöpft hatte. Immer wieder hatte er
eine Revanche verlangt. Erst gegen acht Uhr morgens hatte der Bankier
schließlich eingesehen, dass es besser war nach Hause zu gehen,
bevor seine Verluste noch größer würde. Beim letzten Spiel hatte
er seine Karten wutentbrannt auf den Tisch geworfen. Am liebsten
hätte er Chandler des Falschspiels bezichtigt. Doch das hatte sich
der feiste Bankier in letzter Sekunde gerade noch verkniffen. Er
mochte ein unvernünftiger und maßloser Spieler sein, aber
lebensmüde war er weiß Gott noch nicht ...!
Edan gähnte erneut
bei der Erinnerung an die lange Nacht, die hinter ihm lag. Eigentlich
verspürte er wenig Lust sein Apartment zu verlassen. Doch die
quirlige Mexikanerin ließ ihm keine Wahl. Geräuschvoll schüttelte
sie die Kissen seines zerwühlten Bettes auf und verbreitete mit
ihrem großen Staubwedel hektische Unruhe.
Edan verzog sich in
sein Badezimmer, wo er sich frisch machte und wenig später in ein
sauberes Baumwollhemd schlüpfte. Vorsichtig knöpfte er es zu. Er
spürte wie der frisch gestärkte Baumwollstoff unangenehm über das
empfindliche Narbengeflecht auf seinem Rücken scheuerte. Er hielt
inne und wartete, bis sein Körper die steife Baumwolle so erwärmt
hatte, dass sie sich angenehmer auf seiner Haut anfühlte und das
schmerzhafte Nervenflimmern nachließ. Ebenso vorsichtig zog er den
dunklen Gehrock mit dem eleganten Samtaufschlag an und band sich
trotz der noch hohen Temperaturen ein gemustertes Krawattentuch um.
Für Edan war diese
elegante Kleidung unverzichtbar und eine Art Lebensversicherung.
Vermutlich hatte sie ihm schon unzählige Male das Leben gerettet.
Diese eleganten, dunklen Anzüge bauten unbewusst eine gewisse
Barriere zwischen ihm und seinen Gegenspielern auf. Sie hielten
andere Pokerspieler - egal ob stinkenden Cowboy oder gutsituierten
Pflanzer - instinktiv stärker auf Distanz und ließen diese in
kritischen Momenten unbewusst zögern – sowohl im Spiel, als auch
im Duell! Diese Millisekunden des Zögerns entschieden oftmals über
Sieg und Niederlage; über Leben und Tod.
Das Knurren seines
Magens erinnerte Edan daran, dass er seit fast vierundzwanzig Stunden
nichts mehr gegessen hatte. Er beschloss der Küche einen Besuch
abzustatten. Da Belles Mädchen im Schichtdienst arbeiteten, stand
immer einer von Pilars leckeren Eintöpfen auf dem Herd. Die kleine
Mexikanerin wußte wie man Mäuse fing!
Edan verließ sein
Apartment und zündete sich einen schmalen Zigarillo an. Entspannt
lehnte er sich an einen Pfeiler des schmiedeeisernen Balkons und
inhalierte tief. Er genoss den Geschmack des feinen Tabaks und die
Stille des kolonialen Innenhofes, in dem eine uralte Lebenseiche mit
ihren gewaltigen Ästen, wohltuenden Schatten spendete.
Nicht ohne Stolz
wanderte sein Blick über den viereckigen Innenhof. Der große Patio
lag uneinsehbar in der Mitte des Crystal Palace und wurde auf
allen vier Seiten von Gebäuden umschlossen. Zwei prachtvoll
geschwungene Treppen führten vom Innenhof hinauf in den zweiten
Stock, wo Edans und Belles private Räume lagen. Der
rundum-verlaufende Balkon wurde von einem
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