Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wenn die Turmuhr 13 schlägt

Wenn die Turmuhr 13 schlägt

Titel: Wenn die Turmuhr 13 schlägt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Brezina
Vom Netzwerk:
Nische.
    „He, was tun Sie da?“ rief sie dem Mann im Overall zu, der gerade eine zappelnde Katze aus einem der kleinen Häuschen im Hof trug. Damit er nicht gekratzt wurde, hielt er das arme Tier am Nackenfell weit von sich weg. Die Katze miaute jämmerlich.
    „Frasto!“ rief der Mann erschrocken und zog seine Schirmkappe tief ins Gesicht. Ein Bär von einem Mann sprang aus dem offenen Molkereiwagen. Das Narbengesicht deutete auf die Kinder. Frasto musterte sie spöttisch und wankte auf Axel und Lieselotte zu. Er ließ seine Muskelpakete unter dem engen T-Shirt spielen.
    „Was habt ihr hier zu suchen?“ knurrte er.
    Den beiden Knickerbockern verschlug es vor Schreck die Sprache. Was jetzt? Sollten sie die Flucht ergreifen? Dafür war es wahrscheinlich zu spät. Der Muskelberg-Mann war nur noch wenige Schritte von ihnen entfernt. Er würde sie sicher schnappen, und keiner der beiden Knickerbocker hatte große Lust, in seine schraubstock-ähnlichen Hände zu fallen.
    „Sie sind Diebe!“ stieß Lilo schließlich hervor.
    Der Muskelmann baute sich drohend vor ihr auf. „Was du nicht sagst, Kleine“, keuchte er und packte sie am Pullover. „Wir verladen diese Tiere hier nur deshalb, weil sie wegkommen sollen. Die Käfige sind zu klein. Wir sind Tierschützer und bringen sie in Sicherheit. Kapiert?“
    Lilo blickte ihm fest in die Augen. „Das stimmt niemals. Kein Tierschützer geht so brutal mit Tieren um. Doch zum Glück wird die Polizei gleich eintreffen.“ Dieser Satz wirkte wie ein Zauberspruch. Der Mann ließ Lilo augenblicklich los und stürzte zum Führerhaus. Er riß die Wagentür auf und schwang sich hinter das Lenkrad.
    „Tor auf!“ kommandierte er.
    „Aber Frasto...!“ rief der Mann im blauen Overall.
    „Tor auf, habe ich gesagt, du Knautschgesicht!“ brüllte der Muskelprotz und ließ den Motor des Lastwagens an.
    Axel und Lilo rannten zur Seite. „Aufhalten können wir sie nicht“, schrie Lieselotte. „Aber wir müssen die Tiere retten!“ Sie kletterte flink in den Laderaum, in dem schon einige Hunde angebunden und mehrere Katzen in enge Käfige gezwängt waren. Lilo versuchte, sie alle zu befreien. „Du mußt die anderen Tiere wegscheuchen, damit sie nicht überfahren werden!“ rief das Mädchen Axel zu.
    Das versuchte der Junge bereits, allerdings mit wenig Erfolg. Die Hunde und Katzen waren völlig verschreckt und in Panik. Sie schossen wild durch den Hof und ließen sich weder einfangen noch in die Ställe zurücktreiben.
    Unter lautem Quietschen und Krachen schob sich das Metalltor zur Seite.
    Zischend und knatternd hob sich die Ladeklappe des Molkereiwagens.
    „Lilo!“ schrie Axel aus Leibeskräften. „Spring sofort herunter! Schnell!“ Da entdeckte er zwei Katzenbabies, die direkt unter die Vorderreifen des Wagens krabbelten. Er stürzte zu ihnen und riß sie an sich. Das Getriebe krachte, als der Fahrer den Gang einlegte. Mit einem Ruck setzte sich der Molkereiwagen in Bewegung.
    Auf der Straße hüpfte ein kleiner Pudel hysterisch auf der Fahrbahn herum und stieß hohe, spitze, schrille Laute aus.
    „Der wird überfahren, wenn er nicht ausweicht“, erkannte Axel entsetzt. Mit den kleinen Katzen im Arm, rannte er an der Stoßstange des rollenden Lastwagens vorbei und packte den Pudel. Mit einem gewaltigen Sprung konnte er sich auf den gegenüberliegenden Gehsteig retten.
    In der nächsten Sekunde donnerte der Molkereiwagen an ihm vorbei und hüllte den Jungen in eine schwarze Abgaswolke. Seine Augen brannten und er mußte husten.
    „Die Autonummer“, fiel ihm ein. Doch es war zu spät. Er konnte sie nicht mehr erkennen. „Wenigstens ist euch nichts geschehen“, flüsterte Axel und betrachtete liebevoll die drei Tiere in seinem Arm.
    Zur Freude blieb ihm aber keine Zeit. Gleich darauf entdeckte er das offene Hoftor. Geduckt schlichen drei getigerte Katzen darauf zu. Zwei ihrer Artgenossen waren auf dem Gehsteig damit beschäftigt, sich einen schlanken, schwarz-weißen Hund durch Pfauchen vom Leibe zu halten.
    Im Hof saß ein großer, zottiger, brauner Hund, streckte den Kopf in die Höhe und ließ ein langes, schauriges Heulen erschallen.
    „Poppi!“ rief Axel aus Leibeskräften. „Schnell! Hilf uns! Schnell!“
    Puffi und Poppi hatten an der Ecke der Sackgasse gewartet und mit großer Aufregung alles verfolgt. Nun stürzte das Mädchen zu Axel und scheuchte mit ihm die Tiere von der Straße weg. Puffi tat alles, um das Chaos noch schlimmer zu machen.

Weitere Kostenlose Bücher