Wenn die Turmuhr 13 schlägt
mehr Gefallen an dem lustigen „Laufspiel“. Längst ließ er sich nicht mehr wie ein Kalb am Strick nachziehen, sondern stürmte freudig voraus. Wie eine junge Ziege hüpfte er vor den Füßen seines Entführers herum.
Da schoß Axel eine Idee in den Kopf. „Puffi!“ schrie er aus Leibeskräften. „Puffi, hier! Steh! Platz! Sitz!“
Der junge Hund blieb mit einem Ruck stehen und spitzte die Ohren. Genau das hatte Axel auch beabsichtigt. Der Mann im Overall konnte nicht mehr bremsen, rutschte über den Kies und stolperte über den Hund. Der Länge nach schlug er auf den Boden.
Sofort stürzte Axel auf ihn zu. Als der Gauner das bemerkte, ließ er die Hundeleine los und hastete allein weiter.
„Puffi, mein Puffi!“ rief Poppi, als sie um die Ecke bog. Der junge Bernhardiner wedelte mit seinem ganzen Hinterteil. Er freute sich, sein Frauchen wiederzusehen und rannte ungestüm zu ihr.
Der Hund war also in Sicherheit. Doch der Dieb schien zu entkommen. Er hatte vermutlich eine äußerst gute Kondition, denn es gelang ihm, den Abstand zu Axel erneut zu vergrößern.
Der Junge war schon völlig außer Atem. Trotzdem nahm er alle Kraft zusammen und setzte zu einem Endspurt (= besonders schneller Lauf zum Schluß) an. Wieder machte der Weg eine scharfe Biegung, hinter der der Kerl im Overall verschwand.
Als Axel die Kurve erreichte, blieb er keuchend stehen. Ungefähr 200 Meter weiter mündete der Weg in eine Straße. Dort parkte ein blauer, etwas verbeulter alter Wagen, auf den der Hundedieb zusteuerte. Er riß die Beifahrertür auf und kletterte hinein. Mit einem Knall wurde die Wagentür zugeschlagen. Der Motor heulte auf, und das Auto raste mit quietschenden Reifen davon.
Nur zwei Minuten später trafen die drei Knickerbocker unten an der Straße wieder zusammen. Aufgeregt berichtete Axel den beiden anderen von dem Mann mit den Narben und der verkrüppelten Nase.
Poppi war das im Augenblick völlig egal. Sie war viel zu sehr mit Puffi beschäftigt. Immer wieder drückte sie ihren Hund an sich und schluchzte: „Ich habe solche Angst um dich gehabt.“
„Hauptsache, du hast ihn wieder!“ beruhigte sie Lilo.
Poppi starrte sie mit großen Augen an und meinte: „Ich muß alle Hundebesitzer warnen. Dieser Hundedieb hat es bestimmt auch auf andere Hunde abgesehen. Alle, die einen Vierbeiner haben, müssen jetzt besonders aufpassen...“
Eine Rüstung für den Bernhardiner
Als Lilo, Axel, Poppi und Puffi nach Hause kamen, wurden sie schon von Karl-Heinz erwartet.
„Eigentlich sieht er wirklich wie ein Unschuldslamm aus“, dachte Lilo, als sie den großgewachsenen, jungen Mann sah. Karl-Heinz hatte dunkelblonde, kurze Haare und einen rotblonden Schnauzbart, der ihm ein bißchen Ähnlichkeit mit einem Walroß verlieh. Poppi stellte ihm ihre Freunde vor, und Karl-Heinz schüttelte den beiden kräftig die Hand.
„Irgendwie schaut ihr ein wenig durcheinander aus“, stellte der Student fest. Die drei Knickerbocker erzählten ihm daraufhin, was geschehen war. Karl-Heinz nahm die Sache aber nicht allzu ernst.
„Ich habe einen Vorschlag!“ sagte er.
„Und der wäre?“ fragte Poppi.
„Da Puffi, dieses Ungetüm auf vier Pfoten, jeden Entführer schwanzwedelnd begrüßt und höchstens freudig ableckt, mußt du ihm beibringen, sich zu verteidigen!“
Poppi verzog gelangweilt den Mund. Das wußte sie selbst.
„Da dir das aber nicht gelingen wird“, setzte Karl-Heinz fort, „rate ich dir, ins Grazer Zeughaus zu gehen. Das ist bestimmt auch für deine Freunde interessant.“
Axel horchte auf. „Was ist dort?“
„Im Zeughaus befinden sich alte Rüstungen, Helme, Kettenhemden, Schilde, Harnische, Säbel, Degen und Feuerwaffen. Sogar eine Rüstung für ein Pferd gibt es dort. Ich habe gelesen, daß insgesamt 29.000 einzelne Ausstellungsstücke dort aufbewahrt werden. Vielleicht findet sich darunter auch eine Bernhardiner-Rüstung. Dazu ein kleiner Degen – und jeder Entführer ergreift vor Puffi die Flucht!“
„Ha-ha-ha!“ machte Poppi. „Übernächste Woche habe ich einen Termin frei. Da lache ich!“
Karl-Heinz spielte auf beleidigt und verzog sich in sein Zimmer.
Kaum war er verschwunden, sagte Lilo zu den anderen: „Ab heute lassen wir den keine Minute mehr aus den Augen. Ich traue ihm nicht über den Weg. Er verbirgt irgend etwas...“
Aber was?
Zeit: kurz nach zwei Uhr früh.
Ein Klebestreifen nach dem anderen wurde sorgfältig auf die Glasscheibe geklebt, bis sie völlig
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