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Wenn du lügst

Wenn du lügst

Titel: Wenn du lügst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Salter
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Jena.

    Beim letzten Mal war es leicht gewesen, ihre Adresse herauszufinden. Ich hatte einfach auf eine Personensuchmaschine zurückgegriffen und die Informationen, die sie lieferte, durchforstet. Leider wurden nirgendwo Arbeitsadressen aufgeführt. In meiner Verzweiflung tippte ich schließlich nur ihren Namen und »Chicago« ein und war überrascht, als sie sofort auftauchte, integriert in die Mitarbeiterliste der Website einer Firma namens Horizons. Jena war dort Büroleiterin - falls ich die richtige Person hatte -, und die Firma hatte ihre Telefonnummer und Adresse angegeben.
    Ich zog den Stadtplan hervor und kämpfte mich wieder durch Chicago. Ob er sie wohl angerufen hatte? Bestimmt nicht. Jede Wette würde er ihr nicht einmal sagen, dass ich da gewesen war. Ich verfranste mich, bog mehrmals falsch ab und verfluchte den Stadtverkehr - wobei ich mir die ganze Zeit über wünschte, wieder in meinem kleinen Dorf auf Blackbeard’s Isle zu sein. Schließlich hielt ich vor einem weißen, zweistöckigen Stuckgebäude, das hübsch genug war, um aus dem gepflegten Gewerbegebiet hervorzustechen.
    Die Dame hinter dem Empfangstresen war um die fünfzig, hatte ein kantiges Gesicht und die Haare im Joan-Crawford-Stil hinter die Ohren frisiert. Sie sprach gerade mit einem Mann mit dunklem, gelocktem Haar, der sich über ihre Schulter lehnte und Papiere mit ihr durchging. Während ich wartete, überlegte ich, wie ich vorgehen sollte. Ich hoffte, zumindest herausfinden zu können, ob Jena in der Stadt war und tatsächlich hier arbeitete, selbst wenn ich sie aus irgendeinem Grund
nicht treffen könnte. Schließlich richtete der Mann sich auf und wandte sich zum Gehen.
    »Kann ich Ihnen helfen?«, fragte die Rezeptionistin, und ihre Stimme sah aus wie ein limonengelber Luftballon - eine helle Farbe, wie man sie mit Kinderbüchern assoziiert. Die Stimme passte nicht zu den harten Linien ihres Gesichts und ließ mich hoffen, dass sie sich nicht zickig anstellen würde.
    »Ich bin auf der Suche nach Jena Jensen«, erklärte ich, »soweit ich weiß, arbeitet sie hier?« Der Mann blieb abrupt stehen und drehte sich um. Er sah mich scharf an, was mich fast genauso alarmierte wie zuvor der nächtliche Anruf. Warum sollte nur die Erwähnung von Jenas Namen eine solche Reaktion bewirken? Zumindest wusste ich jetzt, dass ich am richtigen Ort war.
    Die Rezeptionistin warf ihm einen Blick zu, dann fragte sie: »Und was soll ich sagen, wer hier ist?«
    »Sagen Sie ihr, eine alte Freundin. Aus Clark.«
    »Ich bringe Sie zu ihr«, sagte der Mann, bevor er die Tür hinter der Empfangsdame öffnete und sie für mich aufhielt. Ich folgte ihm in einen großen, von Büros gesäumten Raum, in dessen Mitte sich durch Raumteiler abgetrennte Arbeitsplätze befanden. Trotz seiner nüchternen Aufteilung war es ein ansprechendes Zimmer, mit rostfarbenen Teppichböden, cremeweißen Wänden und sauberen Kompaktleuchtstofflampen anstelle des harschen Neonlichts vergangener Tage. Er wandte sich nach rechts und ging an den Raumteilern vorbei zu einem Büro am hinteren Ende. An der Tür trat er wieder zur Seite, um mich in ein großes Eckbüro vorzulassen, das von einem gewaltigen, mittig platzierten Metallschreibtisch
dominiert wurde. Eindeutig war dies sein Büro, und ich fragte mich, warum ich hier war. Er folgte mir und schloss die Tür.
    »Ich bin Dave McQuaid«, sagte er und reichte mir die Hand. »Jenas Vorgesetzter.« Seine Stimme war ein krümeliges, weiches Gelb, und er hatte freundliche Jagdhundaugen. Er hatte größer gewirkt, während er sich über den Empfangstisch gebeugt hatte, doch in aufrechter Haltung hatte er einen langen Oberkörper und kurze, stämmige Beine. Früher war er vermutlich wie ein Feuerhydrant gebaut gewesen, bevor ein Jahrzehnt oder mehr seine Statur in einen »Geschäftskörper« verwandelt hatte, was die typische Folge war von zu viel Arbeit, zu wenig Sport und fettem amerikanischen Essen. Er schleppte etwa fünfzehn Pfund zu viel mit sich herum und war etwas schwammig um die Hüften. Trotzdem wirkte er wie jemand, bei dem man sich wohlfühlte, die Art von Mann, bei dem Frauen sich gern anschmiegen.
    »Breeze Copen«, erwiderte ich und wir tauschten einen knappen, geschäftsmäßigen Handschlag. Dann setzten wir uns. Ich wartete. Wir wussten beide, dass ich mich darüber wunderte, in seinem Büro statt in Jenas gelandet zu sein.
    »Ich wollte nur kurz mit Ihnen sprechen. Wie gut kennen Sie Jena?«
    »Vor zwanzig Jahren

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