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Wenn du lügst

Wenn du lügst

Titel: Wenn du lügst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Salter
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rausschmeißen, aber ich bringe es nicht über mich. Was würde mit ihr passieren, wenn sie keinen Ort mehr hätte, an den sie sich jeden Tag flüchten könnte? Abgesehen davon wäre ich auch auf Drogen, wenn ich ihr Leben leben müsste.
    Natürlich hat sie irgendwann den Punkt erreicht, an dem sie den Job nicht mehr bewältigte. Ich weiß nicht, was ich deshalb unternommen hätte, aber es blieb mir erspart, mich damit auseinanderzusetzen, weil sie von sich aus um eine Degradierung bat. Sie sagte, sie wolle sich lieber um die Bestellungen, Lieferungen und andere administrative Aufgaben kümmern. Hat mich angefleht, ihrem Mann zu sagen, dass wir Stellen abbauen würden, falls er fragt, und nicht, dass sie darum gebeten hat. Natürlich verdient sie jetzt weniger, und soweit ich weiß, ist er arbeitslos. Sie musste mich nicht zweimal bitten. Ich hätte ihm erzählt, dass ihr ein zweiter Kopf gewachsen ist, wenn ich damit verhindert hätte, dass er sie schlägt.

    Sie werden nicht glauben können, was Sie gleich sehen. Sie sitzt jetzt in der Ecke wie eine Art … wie etwas, das ich nicht beschreiben kann. Es kann nicht ewig so weitergehen. Er wird sie töten, oder sie tötet sich selbst, oder sie nimmt eine Überdosis, und wir werden nie erfahren, ob sie es wirklich selbst getan oder er sie ihr verabreicht hat. Ich werde dann das Gefühl haben, dass ich irgendwas hätte unternehmen müssen, aber ich weiß verdammt noch mal nicht was. Meine Frau sagt, dass mich das noch umbringen wird. Das Ganze bereitet mir solche Kopfschmerzen, dass ich nachts nicht mehr schlafen kann.«
    Er verstummte und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. Wie erstarrt hatte ich ihm zugehört. Ich hatte Schwierigkeiten, all das zu verdauen. Das sollte die Jena mit den verrückten Abenteuern des Geheimdienstagenten und den Himalaja-Geschichten sein? Jena sollte grün und blau geschlagen mit Würgemalen am Hals irgendwo in diesem Gebäude sitzen? Von all den Menschen, die ich kannte, war sie diejenige, der so etwas niemals passieren konnte. Irgendwem musste ein Fehler unterlaufen sein.
    »Jena Jensen?«, fragte ich, »das kann einfach nicht …«
    Er sah mich nur an, und ich verstummte. »Ich weiß«, sagte er nach einem Moment. »Ich mache Ihnen keinen Vorwurf. Wenn man weiß, wie sie vorher war, ist es schwer zu glauben. Es tut mir leid, dass ich das alles auf Ihnen ablade, aber diese Sache kotzt mich wirklich an.«
    »Lieber Himmel«, sagte ich leise. »Ich hätte … einfach nie …« Wieder verlor sich meine Stimme. Es wollte mir einfach nicht in den Kopf. Das Ganze klang so bizarr.
Solche Dinge passierten anderen - einem Klienten, jemand in den Nachrichten, dem namenlosen Opfer einer der Straftäter, die ich befrage -, nicht jemand, den ich persönlich kannte.
    »Was wissen Sie über ihren Ehemann?« Ich fragte das hauptsächlich, um Zeit zu gewinnen, während ich versuchte, das alles zu verarbeiten.
    »Sehr wenig. Mysteriöser Typ. Ganz am Anfang kam er mal mit zu einer Büroparty. Er wirkte ganz nett. Mir ist nichts aufgefallen. Er sah sehr gut aus, und ich erinnere mich, dass ein paar der Frauen darüber sprachen, was für ein guter Fang er sei. Sicher. So als würde man sich Krebs einfangen. Wir haben ihn seitdem nicht mehr gesehen, was ein Glück ist, denn ich glaube nicht, dass irgendein Mitarbeiter höflich zu ihm sein könnte, und wer weiß, wie er sie dafür würde büßen lassen. Er hat ein paarmal unter verschiedenen Vorwänden angerufen, um sie zu kontrollieren und sicherzustellen, dass sie hier ist. Ich weiß nicht, was das soll. Sie hat noch nicht mal die Energie, um den Block zu gehen. Sie verlässt ihren Schreibtisch nicht zum Mittagessen, macht keine Pausen. Sitzt einfach nur da.«
    Wir schwiegen beide für einen Moment, dann sagte ich: »Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie mich eingeweiht haben. Ich glaube, ich hätte die Fassung verloren, wenn ich ohne Vorwarnung zu ihr gegangen wäre. Ich werde jetzt mit ihr sprechen«, sagte ich und dann mehr zu mir selbst als zu ihm: »Aber worüber? Ich kann sie nicht einfach mit dem Missbrauch überrumpeln.« Ich verstummte und versuchte mir darüber klar zu werden, was ich tun sollte.

    »Na ja, Sie können es nicht schlechter machen als wir. Ganz egal, was Sie tun. Sie können sie übrigens gern hierher bringen. Ich werde für eine ganze Weile in einer Besprechung sein.« Als ich nichts erwiderte, fügte er sanft hinzu: »Ich weiß nicht, ob es eine Rettung gibt. Es ist, als würde man

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