Wenn du lügst
Punkt nämlich definitiv für hundertfünfzig Jahre im Gefängnis wissen will. Immunität für ihn; lebenslänglich für Sie. Klingt nach einer Abmachung, mit der Daryl leben könnte. Klingt nach einer Abmachung, mit der wir leben könnten. Sie hingegen werden bis zum Hals in der Scheiße stecken.«
Leroy antwortete nicht, es sei denn, die Antwort lag in seinem Schweigen. Dann sagte er: »Sie hoffen also, dass Sie ihn zum Sprechen bringen, aber Sie hoffen und wünschen sich jetzt schon seit zwanzig Jahren, mir etwas anhängen zu können. Ich schätze, Ihr Hoffen und Wünschen wird mir nicht wehtun.«
»Wenn wir nur hoffen, Leroy, wenn wir nur wünschen und träumen und auf allen vieren kriechen und nichts in der Hand haben als unsere Schwänze, wie kommt es dann, dass genau in diesem Moment jemand aus Washington hier ist und Nachforschungen anstellt? Jemand, der mit Daryl im Gefängnis gesprochen hat. Wie kommt das dann, Leroy?«
»Und warum genau erzählen Sie mir das? Aus reiner Herzensgüte?«
Der Detective lehnte sich zurück und verschränkte die Arme. »Die Tür steht noch offen, Leroy. Es ist bisher nichts unterschrieben. Sie wollen uns Daryl ans Messer liefern? Wir nehmen das beste Angebot, das wir kriegen.«
Ich hatte genug gehört. Ich stolzierte aus dem Zimmer, und Pat Humphrey folgte mir. Mir klopfte das Herz bis zum Hals. Ich wurde weder langsamer noch sprach ich, bis ich den kleinen Konferenzraum erreichte, wo ich die Akten zurückgelassen hatte.
»Sie haben die Sache also schon anlaufen lassen«, fuhr ich Pat Humphrey an. »Sie wissen noch nicht einmal, ob ein Handel überhaupt möglich ist, und ganz sicher haben Sie Daryls Zustimmung nicht eingeholt. Sie haben noch nicht mal meine oder Roberts Zustimmung eingeholt.«
»In Roberts Fall wissen Sie das nicht«, konterte sie.
»In meinem Fall weiß ich es aber. Ich weiß, dass ich in nichts eingewilligt habe. Sie haben einfach beschlossen, Leroy um jeden Preis nervös zu machen, stimmt’s? Ihn vielleicht dazu zu bringen, Daryl gegenüber misstrauisch zu werden, und so einen Keil zwischen die beiden zu treiben? Haben Sie sich vorgestellt, dass, wenn Leroy es Ihnen abkaufen und Daryl ins Visier nehmen würde, dieser aus Rache aussagen würde, ob nun mit oder ohne Absprache?« Pat stand mit verschränkten Armen gegen die Wand gelehnt. Keiner von uns sprach, während ich die Unterlagen wegräumte, die ich mir angesehen hatte. Schließlich bekam ich meine Wut unter Kontrolle.
»Wenn Sie meine Hilfe bei irgendetwas wollen, dann will ich sämtliche Informationen zu diesem Fall, und das beinhaltet, dass ich mit den Beamten spreche, die die Erstermittlung durchgeführt haben. Es waren zwei, ein Mann und eine Frau.«
»Ich sehe keinen Grund, warum Sie mit ihnen sprechen sollten. Das Ganze ist zwölf Jahre her. Es steht alles in den Akten.«
»Es steht nie alles in den Akten, das wissen Sie. Haben Sie irgendein Problem damit, dass ich mit ihnen spreche?«
»Mac Robinson ist noch immer im Polizeidienst. Sie können mit ihm reden.«
»Und die weibliche Beamtin nicht?«
»Das habe ich nicht gesagt. Mandy Johnson ist noch dabei, aber Mac ist derjenige, mit dem Sie sprechen sollten.«
»Und aus welchem Grund?«
»Er wird bessere Informationen liefern.«
»Warum genau kann ich mich nicht mit beiden unterhalten und mir meine eigene Meinung bilden?«, fragte ich.
»Mir wäre es lieber, Sie würden sie da raushalten.«
»Weil …?«
Sie zuckte die Achseln, als gäbe es keinen echten Grund. Ich hatte das starke Gefühl, dass das nicht stimmte. Mandy Johnson war Persona non grata bei diesem Fall. Ich wünschte, ich würde wissen, warum. Es war klar, dass Pat es mir nicht verraten würde.
Als ich auf dem Weg nach draußen den Gang entlangging, bemerkte ich den Mann, der sich über den
Wasserspender beugte, erst, als er sich aufrichtete. Es war Leroy Collins. Die Vernehmung musste vorbei sein, und er war ebenfalls im Aufbruch. Er warf mir einen kurzen Blick zu, dann einen zweiten, und schließlich starrte er mich unverhohlen an, während ich auf ihn zuging. Als ich an ihm vorbeiwollte, stellte er sich mir in den Weg.
»Groß, dünn, rote Haare, Zopf auf dem Rücken. Oh ja, Sie sind diejenige.«
Ich blieb wie angewurzelt stehen. »Wie bitte?«, sagte ich.
»Sie sind diejenige, die Daryl einen Besuch abgestattet hat. Er hat mir von Ihnen erzählt. Also Sie sind es, die diesen ganzen Wirbel hier veranstaltet. Daryl hat recht gehabt in Bezug auf
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