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Wenn du lügst

Wenn du lügst

Titel: Wenn du lügst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Salter
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Sie.«
    »Ich weiß nicht, was Daryl gesagt hat, Mr Collins«, erwiderte ich, »aber ich bin eine Psychologin, die vom Staat Washington damit beauftragt wurde, ein Gutachten über Ihren Bruder zu erstellen, weiter nichts.«
    »Na klar doch, und was soll das mit Sissy Harper zu tun haben?«
    Ich öffnete den Mund, um ihm eine Antwort zu geben, dann schloss ich ihn wieder, weil ich keine hatte.
    »Es gibt Leute, die müssen sich in alles einmischen. Sie geben keine Ruhe, bis sie alle gegeneinander aufgehetzt haben. Kennen Sie so jemand vielleicht?« Seine Stimme war leise, so wie das Schnurren einer Katze, und sie schien buchstäblich auf mich zuzugleiten. Sie klang so unheimlich wie Daryls, als er sich über den Tisch gelehnt hatte. »Jetzt haben Sie die ganzen netten Leute hier aufgemischt wegen etwas, das seit langer Zeit passé ist.«

    »Mr Collins«, sagte ich. »Ich bin sicher, Sie blockieren meinen Weg nicht absichtlich. Bitte treten Sie zur Seite.«
    Leroy ließ mich vorbei, dann sagte er sanft, während ich den Gang hinunterging und die Worte hinter mir herwehten, sich um meinen Hals legten und über mein Gesicht glitten: »Diesmal hast du dich mit Trash angelegt. Wir sehen uns wieder.«

kapitel 14
    An diesem Abend zog ich mit leichten, rhythmischen Schlägen meine Bahnen durch den Hotel-Swimmingpool. Auf Blackbeard’s Isle gab es keine Schwimmbäder, und obwohl bereits der Frühling anbrach, war das Meer noch zu kalt zum Schwimmen. Im Winter fehlte mir das Schwimmen sehr. Sommer bedeutete für mich, dass ich in die Brandung hinauswaten, an den Brechern vorbeipaddeln und mich dann im sanften Rhythmus der Dünung treiben lassen konnte. Träge würde ich parallel zum Strand dahinschwimmen, so lange ich Lust dazu hatte, und anschließend wieder nach Hause spazieren.
    Verglichen damit war ein Hotelpool nicht viel, aber immer noch genug, um ruhiger zu werden. Durch das Wasser zu gleiten schien mehr als alles andere meiner Seele eine gewisse Ordnung, meinen überreizten Sinnen eine Art von Frieden wiederzugeben.
    Ich vollzog gerade eine Wende am Ende des Beckens, als ich ein Geräusch hörte, aufsah und zehn Zentimeter hohe Stöckelabsätze am Schwimmbeckenrand erblickte. Einen Moment lang wollte ich meinen Kopf zurück ins Wasser ziehen und einfach weiterschwimmen. Es hätte nicht funktioniert. Ich war Pat Humphrey nur kurz
begegnet, war mir aber ziemlich sicher, dass sie in der Regel ihren Willen durchsetzte.
    Das Ganze erschien mir nicht fair. Der Tag war vorüber, und was geschehen war, war geschehen. Ich wollte nicht darüber reden. Ich wollte es nicht analysieren, mich nicht dafür entschuldigen oder eine Entschuldigung entgegennehmen, mich nicht damit herumquälen oder auch nur darüber nachdenken. Ich wollte einfach nur schwimmen.
    Ich kletterte aus dem Pool und nahm Schwimmbrille und Badekappe ab. »Wie halten Sie das bloß aus?«, fragte Pat. »Ich hasse schwimmen. Mir ist dabei kalt, ich bin blind und nass.« Ich sah sehnsüchtig nach hinten zum Wasser.
    »Na ja«, sagte ich, während ich mich widerwillig wieder zu ihr umdrehte. »Ich schätze, dann ist es gut, dass Sie nicht drinnen sind.« Ich schnappte mir mein Handtuch, ging zu einem Tisch mit Stühlen und setzte mich.
    »Was gibt’s?«, fragte ich.
    Sie nahm mir gegenüber Platz und lehnte sich bequem zurück. »Ich hätte Sie damit nicht überrumpeln dürfen. Ich weiß nicht, warum ich es Ihnen nicht vorher gesagt habe. Ich habe einfach nicht nachgedacht.«
    »Okay.«
    Es trat Schweigen ein. »Das ist alles?«, fragte sie dann. »Einfach nur ›okay‹?«
    Wie viele Berufe mag es wohl geben, überlegte ich, in denen man sich so benehmen kann, ohne umgebracht zu werden? Zum Glück gab es den Berufsstand der Juristen. Zeigt euer aggressives, euer feindseliges, diplomatieunfähiges Verlangen, es ganz an die Spitze
zu schaffen. Aber ob ihre Kinder wohl noch mit ihr sprachen?
    »Pat, ich bin nicht froh über das, was Sie getan haben, und ich nicht froh, deshalb explodiert zu sein. Aber der Tag ist zu Ende, und ich bin müde. Warum sind Sie hier? Sind Sie wirklich nur gekommen, um mir zu sagen, dass es Ihnen leidtut, oder haben Sie noch etwas anderes auf dem Herzen?«
    Sie ließ den Blick über den verlassenen Pool gleiten.
    »In Ordnung. Ziehen Sie Mandy Johnson in nichts rein, das mit diesem Fall zu tun hat - ihr zuliebe. Glauben Sie mir, Sie würden ihr damit keinen Gefallen tun. Hier …« Sie griff in ihre Handtasche, zog einen Zettel heraus und

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